Krankheit Scheinträchtigkeit?
Eine Hündin ist in ihrem Leben durchschnittlich zweimal pro Jahr läufig. Die meisten Hundemädels werden zum ersten Mal in einem Alter zwischen 6-15 Monaten läufig. Kleinerer Rassen werden häufig etwas früher läufig als Hunde größerer Rassen.
Der Zyklus einer Hündin lässt sich in vier Phasen unterteilen.
Läufigkeit in vier Phasen
Erste Phase - Proöstrus (Vorbrunst)
Im Durchschnitt dauert der Proöstrus neun Tage, jedoch seine Dauer kann dabei auch zwischen ein und 17 Tagen liegen. Es ist der erste Abschnitt einer Läufigkeit. Die Vulva der Hündin schwillt an und blutiger Scheidenausfluss tritt aus. Die Menge kann hierbei sehr stark von Hund zu Hund variieren.
Bei manchen Hündinnen ist es kaum zu bemerken, wobei andere sehr stark bluten.
Die Hündin ist zu diesem Zeitpunkt zwar noch nicht fruchtbar, riecht jedoch für die Rüden aber schon sehr interessant. Zu aufdringliche Typen werden von ihr auch noch weggebissen oder sie versucht ihnen zu entkommen.
Zweite Phase - Östrus (Brunst)
Die Hündin ist nun deckbereit – Standhitze nennt man dies auch!
Die Hündin wird nun bereitwillig stehen bleiben und die Rute auf die Seite drehen, wenn sich ein interessierter Rüde nähert. Durchschnittlich dauert der Östrus neun Tage an, schwankt aber auch je nach Hündin zwischen drei und 24 Tagen. Die Vulva ist nun nicht mehr ganz so stark geschwollen und der Scheidenausfluss wird wässriger, manchmal auch schleimig.
Während des Östrus finden mehrere Eisprünge statt, meist am zweiten bis vierten Tag. In diesem Zeitrahmen liegen die fruchtbaren Tage der Hündin.
Eine Hündin könnte auch von mehreren Rüden schwanger werden - also Achtung!
Dritte Phase - Metöstrus (Nachbrunst)
Nun lassen die Läufigkeitssymptome wieder nach. Die Vulva schwillt ab, der Ausfluss wird zunächst oft gelblich und verschwindet schließlich ganz. Obwohl unser Hundemädchen ab diesem Zeitpunkt äußerlich keine Anzeichen einer Läufigkeit mehr zeigt, gibt es aber noch über einige Wochen eine hormonelle Veränderung! Die Gelbkörper, die nach dem Eisprung an den Eierstöcken entstehen, produzieren das Hormon Progesteron. Dieses Hormon sorgt dafür, dass der Embryo, die für seine Einnistung und sein Wachstum benötigten Bedingungen in der Gebärmutter vorfindet. Die Gelbkörper produzieren das Hormon in dieser Zyklusphase unabhängig davon, ob es zu einer Befruchtung gekommen ist oder nicht! Erst nach etwa neun Wochen sind die Gelbkörper abgebaut (Luteolyse).
Nun stößt die Hündin mit dem sinkenden Progesteron-Spiegel aber die Ausschüttung des Hormons Prolaktin an. Prolaktin kurbelt nun die Milchproduktion an – und so kommt es zu einer "Scheinträchtigkeit".
Eine Hündin trägt übrigens durchschnittlich 63 Tage, also genau neun Wochen.
Darum ist der Begriff "Scheinträchtigkeit" eigentlich falsch! Da die Milchproduktion ja nicht während der Schwangerschaft, sondern bei der Mutterschaft entsteht.
Vierte Phase - Anöstrus (Ruhephase)
Die Läufigkeit einer Hündin endet mit der Anöstra-Phase. Das Hormonlevel pegelt sich wieder auf ein normales Maß ein. Die Dauer dieser Phase ist von Hund zu Hund unterschiedlich. Die nächste Läufigkeit einer Hündin kann nach mehreren Wochen oder auch nach mehreren Monaten wieder einsetzen.
Die Psyche und das Verhalten einer läufigen Hündin ändert sich oft. Wir Halter können nun einige auffällige Verhaltensänderungen feststellen, auch bevor die richtige Läufigkeit einsetzt. Im Vorfeld sollte bereits auffallen, dass die Hündin besonders oft Urin absetzen muss. Manche heben hierbei auch eines der Hinterbeine an, was sie normalerweise nicht machen. Dabei geht es jedoch nicht in erster Linie um das Urinieren, sondern um das Absetzen von Duftmarken für die Rüden. Oft merken wir Besitzer aber auch, dass die Hündin läufig wird, weil Rüden sich vermehrt für die Hündin interessieren und aufgeregt an ihr schnüffeln.
Es sollte besondere Acht gegeben werden, wenn die Hündin nicht gedeckt werden soll. Halten Sie sie möglichst während der gesamten Läufigkeit bei Aufenthalten im Freien an der kurzen Leine.
Warum macht diese "Scheinschwangerschaft/Scheinmutterschaft" eigentlich Sinn?
In einem "Rudel" verpaaren sich die Hunde nicht alle wild durcheinander, sondern es sind die ranghohen Hunde, die sich fortpflanzen. Aber: auch die rangniedrigen Hündinnen werden läufig - und dies fast immer zeitgleich mit der Ranghohen.
Wenn nun auch die Rangniedrigen nach der "scheinbaren Schwangerschaft" Milch produzieren, könnten sie die Welpen auch beim Ausfall der Welpenmutter, z.B. beim Tod dieser, weiter mit Milch versorgen - und so den Nachwuchs am Leben erhalten.
Fazit:
Eine intakte Hündin muss nicht kastriert werden, weil sie eventuelle Scheinschwangerschaften/Scheinmutterschaften bekommt! Weil: Es ist normal!
Es gibt sicher Hündinnen die extrem depressiv dadurch werden könnten, aber dann sollten wir als Halter unsere Mädels versuchen über Bespaßung aus diesem Tief zu holen.
Ausserdem ist die Kastration auch kein Wundermittel gegen Krebs! Oft geschieht dann genau das Gegenteil. Eine intakte Hündin kann natürlich Eierstockentzündungen oder eben Krebs bekommen. Aber ein Hund, der weiterhin auch sämtlich Sexualhormone produzieren kann, also viel natürlicher leben darf, entwickelt nachweislich weniger Krebszellen!
Eine gesunde Hündin sollte nicht kastriert werden, nur weil sie "scheinschwanger" wird! Die Kastration ist ein extremer Eingriff in den Hund.
Die Kastration "ohne Grund" ist laut Tierschutzgesetz § 6 verboten:
"Verboten ist das vollständige oder teilweise Amputieren von Körperteilen oder das vollständige oder teilweise Entnehmen oder Zerstören von Organen oder Geweben eines Wirbeltieres."
Scheinschwangerschaften/Scheinmutterschaften rechtfertigt keine Kastration!
Ein Artikel unseres Kollegen Sven Kunkel von der Martin Rütter Hundeschule Schwerin.