Eins, zwei, drei... ganz viele! Nur kluge Planung führt zum mehrfachen Hundeglück!
Auch wenn die Mehrhundehaltung viele Vorteile hat, sollte dennoch die Anschaffung eines jeden weiteren Hundes sorgfältig überlegt sein, denn der Aufwand wird vielfach unterschätzt
Sehr oft hören wir die Aussage von Hundefreunden „ob jetzt ein oder zwei Hunde, das ist doch kein Unterschied. Spazieren gehen muss ich sowieso, füttern und einkaufen dito und ob ich in den Urlaub einen, zwei oder drei Hunde mitnehme, ist doch auch egal!“ Weit gefehlt.
Tatsächlich stellt schon die Aufnahme eines zweiten Hundes oft nicht die doppelte, sondern manchmal das Vielfache an Arbeit dar. Und die Annahme, dass der Aufwand sich aufgrund der Tatsache minimiert, dass sich die Hunde nun mehr miteinander beschäftigen und der Halter dadurch weniger gefordert ist, ist auch falsch.
Zusätzlich ist die Gruppendynamik unter Hunden nicht zu unterschätzen. Solche Prozesse bedürfen einiges an Wissen über den Hund sowie dessen Lebens- und Kommunikationsformen und natürlich ganz viel Aufmerksamkeit seitens des Menschen. Doch auch all dieses Wissen kann uns nur bedingt davor schützen, dass die innerartliche Kommunikation – also das, was sich zwischen unseren Hunden abspielt – eine Eigendynamik entwickelt. Zu zweit oder zu dritt kann man viel besser hündische Konkurrenz aufmischen, Jogger verjagen und Beute verfolgen.
Die Beweggründe für die Anschaffung eines weiteren Hundes sind genauso individuell, wie wir Menschen es sind. Sie reichen von dem Bestreben, dem Vierbeiner einen Hundekumpel zur Seite zur stellen, über emotionale Entscheidungen aus Mitleid, interfamiliär übernommenen Hunden aufgrund von Todesfällen, unüberlegten Entscheidungen oder Veränderungen der Lebensumstände bis hin zu therapeutischen Ansätzen wie etwa der Annahme, dass mehrere Hunde besser allein bleiben können. Das kann funktionieren, muss aber nicht. Es kann das Problem auch potenzieren.
Man muss immer versuchen, sich in den Ersthund hinein zu versetzen, bevor der zweite einzieht. Insbesondere abzuraten ist, zu einem sehr alten Hund einen sehr jungen dazu zu nehmen. Wir haben immer wieder Kunden, die aus Angst, einen alten Hund bald zu verlieren und damit nicht fertig zu werden, einen neuen dazunehmen. Auch wenn ich diese Angst verstehe – denn einen Hundekumpel zu verlieren, ist für einen Hundebesitzer der Supergau –, finde ich es dem alten Hund gegenüber nicht fair. Für ihn ist es oft unverständlich, dass er auf einmal die Aufmerksamkeit seines geliebten Menschen teilen und sich dann eventuell noch von einem „Rotzlöffel“ stressen lassen muss. Im Idealfall sollte der Altersunterschied vier bis fünf Jahre sein.
Der Ersthund sollte bereits die Grunderziehung hinter sich haben
Entscheidend für die Aufnahme eines zweiten Hundes ist auch die Frage, in welchem Trainings- und Entwicklungszustand der bereits im Haus befindliche Hund ist. Zu einem pubertierenden Junghund einen Welpen zu nehmen, ist generell nicht ratsam. Hunde lernen sehr gut auch durch Beobachtung und ein Welpe wird sich mit großer Wahrscheinlichkeit kein souveränes Verhalten von einem Jungspund abschauen. Ein souveräner, sicherer Zweithund wird aber sicherlich bei der Erziehung eine große Unterstützung sein. In der Regel zeigen sich Rüden toleranter bei der Erziehung von Welpen als Hündinnen. Die Aufnahme von Wurfgeschwistern ist ebenfalls problematisch. Die zumeist enge und intensive Bindung und die innerartlich perfekt funktionierende Kommunikation, die die Hunde seit Geburt verbindet, wird es dem Besitzer zusätzlich schwierig machen, die Erziehung der Hunde zu übernehmen. Da sind wir wieder bei dem Thema „Erziehung braucht Beziehung“.
Die Ankunft des neuen Hundes muss sorgfältig vorbereitet werden
Etwaige Veränderungen im Haushalt sollten nicht erst am Tag des Einzuges des neuen Hundes vorgenommen werden, sondern nach Möglichkeit schon Wochen vorher. Andernfalls könnte der Ersthund diese Veränderung mit dem Neuankömmling verbinden und den Frust an ihm auslassen. Man sollte den Ersthund also ruhig öfter einmal ignorieren, bevor der neue Hund einzieht, und nicht immer auf die Forderungen des Ersthundes eingehen. Er wird zukünftig lernen müssen, nicht immer im Mittelpunkt zu stehen!
Außerdem ist es sinnvoll, die Rangfolge unter den Hunden zu beachten, insbesondere in den Bereichen, die dem jeweiligen Hund wichtig sind. Das heißt zum Beispiel, dass der ranghöhere Hund als erster Aufmerksamkeit, Futter oder Spielzeug bekommt. Es wird mit ihm als erstes trainiert und gespielt. Genaues Augenmerk muss der Mensch darauf legen, ob sich die Beziehung zwischen den Hunden im Laufe der Zeit verändert.
Sollte dies geschehen, insbesondere, wenn ein älterer Hund die Führung abgibt, muss die erste Aufmerksamkeit nun beim jüngeren liegen. Oft fällt das den Menschen besonders schwer. Reagiert man aber nicht auf die veränderte Situation und bevorzugt weiterhin den alten Hund, würde das diesem schaden, denn der junge könnte das in seinen Augen offensichtliche „Fehlverhalten“ des alten Hundes korrigieren.
Erschwerend kommt hinzu, dass wir Menschen unsere Hunde sehr emotional betrachten und uns zumeist Objektivität und teilweise auch Wissen in der Beurteilung von Verhaltensweisen fehlen. Empfehlenswert ist hier eine professionelle Einschätzung der Hunde einzeln sowie in ihrer Beziehung zueinander, zum Beispiel durch einen guten Hundetrainer, um so das eigene Verhalten in die richtigen Bahnen zu lenken. So kann es sinnvoll sein, den Hunden Spielzeug zur freien Verfügung zu überlassen, damit diese die Beute nutzen können, um ihre Beziehung zueinander zu klären. Dies ist natürlich nur von Vorteil, wenn keiner der im Haushalt lebenden Hunde eine Beuteaggression hat.
Jeder Hund braucht die volle Aufmerksamkeit und Konzentration des Menschen
Auch wenn man mit mehreren Hunden das Heim teilt, darf man nicht vergessen, dass es sich bei jedem einzelnen Hund auch um ein Individuum handelt und jeder Hund sich nach voller, ungeteilter Aufmerksamkeit des Menschen sehnt. Und durch diese Aufmerksamkeit wächst auch die Bindung, die man für die Erziehung braucht. Ganz wichtig ist daher, dass der Mensch mit jedem Hund einzeln arbeitet, wenn ein neues Verhalten aufgebaut werden soll. Denn dies verlangt viel Konzentration. In der Zwischenzeit kann man den oder die anderen Hunde in einem anderen Raum oder im Auto unterbringen, oder ein anderes Familienmitglied mit ihm oder ihnen spazieren schicken.
Der sichere Abruf mit Pfiff muss erst einzeln trainiert werden Zuallererst sollte mit jedem Hund einzeln das Abrufsignal „Hier“ aufgebaut werden. Dieses Signal soll in Zukunft gewährleisten, dass unerwünschtes Jagdverhalten abgebrochen werden kann und auch zu heftiges „Spiel“, welches sich sonst eventuell zu einem ernsthaften Streit ausweiten kann, frühzeitig beendet wird. Der sichere Abruf kann nicht nur vor unangenehmen Begegnungen schützen, er kann im Extremfall sogar Leben retten. Wir empfehlen gerne den Abruf mit Pfiff, da dieser emotionslos ist und – bei guter Konditionierung des einzelnen Hundes – alle Hunde gemeinsam anspricht, sodass im Optimalfall alle gemeinsam zurückkommen und angeleint werden können. Auch hier gilt, dass das Training zu Beginn einzeln im ablenkungsarmen Gebiet aufgebaut beziehungsweise gefestigt wird.
Danach sollten die Grundsignale „Sitz“, „Platz“, und „Fuß“ in derselben Vorgehensweise – also zuerst einzeln – trainiert und gefestigt werden. Eine weitere Priorität hat das Signal „Bleib!“, da hier auch wieder der Sicherheitsaspekt sehr hoch ist.
Je mehr Hunde man führt, desto wichtiger ist es, dass diese sich im Alltag an dem Menschen und seinen Signalen orientieren. Man muss daher großen Wert auf das Training dieser Grundsignale legen. Wenn man das Gefühl hat, dass die Signale bei jedem Hund gut gefestigt sind, kann man die Schwierigkeit steigern, indem man den zweiten und eventuell später einen weiteren Hund ins Training mit einbindet. Nun muss man sich auch selbst auf zumindest zwei Hunde konzentrieren, was nicht immer ganz einfach ist. Und auch die Hunde müssen sich nun viel mehr konzentrieren. Zudem lernen sie so, auch einmal abzuwarten, bis sie an der Reihe sind. Dies fällt vielen Hunden schwer und führt daher oft zu Frustration. Selbst wenn man die Möglichkeit hat, einen der Hunde anzuleinen, könnte dieser vor Frust anfangen zu bellen, oder sogar versuchen, die Leine durchzubeißen und sich so aus der Situation zu befreien. Man beginnt daher mit kurzen, für die Hunde einfachen und nicht so spannenden Übungen und steigert das Training dann Schritt für Schritt.
Alle Hunde müssen sich einzeln ansprechen lassen
Eine besondere Herausforderung in der Mehrhundehaltung stellt die Leinenführigkeit dar. Der Aufbau sollte im Einzeltraining schon so angelegt sein, dass der Hund auf der Seite geführt wird, wo er auch später einmal laufen soll. Im Optimalfall wird ein Hund links, der andere rechts geführt, der Mensch läuft in der Mitte. Sollten dann natürlich weitere Hunde dazukommen, müssen auf einer Seite mehrere Hunde geführt werden.
Dies stellt zumeist auch den Menschen mit seinen koordinativen Fähigkeiten vor Herausforderungen und es wird schwieriger, die Hunde einzeln anzusprechen. Da viele Hunde großes Interesse an Beute haben, empfiehlt sich auch bei der Mehrhundehaltung Apportiertraining mit einem Dummy oder Futterbeutel. Das Training bietet viele Varianten und lässt der Kreativität großen Spielraum. Am einfachsten startet man nach dem Aufbau im Einzeltraining damit, dass man einen Hund apportieren lässt, während der andere wartet. Man wendet sich eindeutig dem Hund zu, der aktiv sein und apportieren darf. Gleichzeitig kann man den Wartenden mit einem Handzeichen zum Liegenbleiben unterstützen, während man dem anderen ein deutliches Signal in Richtung des Gegenstandes gibt.
Man muss immer daran denken: Jeder Hund hat einen individuellen Trainingsstand. Unabhängig davon, ob man mit seinen Hunden nun die Grundsignale oder Beschäftigungsformen trainiert oder an individuell wichtigen Regeln im Alltag arbeitet: Man sollte sich immer am individuellen Trainingsstand der Hunde orientieren. Funktioniert eine gestellte Aufgabe noch nicht so gut, geht man einen Schritt zurück.
Wen der ganze Aufwand nicht abschreckt, und wer die folgenden Fragen positiv für sich beantworten kann, für den gilt vielleicht auch der folgende Spruch: „Hunde sind wie Chips, einer ist niemals genug“. In diesem Sinne wünschen wir Euch: Viel Spaß beim Training!
Fragen vor der Anschaffung
Wenn man über eine Vergrößerung des Rudels nachdenkt, sollte man sich vorab die folgende Fragen stellen:
• Bezugsperson: Wer wird sich mit dem Hund hauptsächlich beschäftigen? Achtung: Kinder sind keine Hauptbezugspersonen.
• Finanzielle und räumliche Situation: Habe ich genügend Geld und Platz, um zwei oder mehr Hunde im Hinblick auf Tierarzt, Auto, Hundeschule, Liegeplätze, Futter usw. zu halten?
• Körperliche Möglichkeiten: Habe ich bedacht, dass zwei große Hunde nicht so leicht zu führen sind wie ein Hund und dann vielleicht ein großes Risiko darstellen können?
• Unterbringung im Notfall/ Urlaubsplanung: Gibt es Personen, die alle Hunde aufnehmen können?
Empfehlung nach DOGS zur Wahl eines passenden Gefährten
<u>Geschlecht</u>
Wählt man gleichgeschlechtliche Partner, bleibt die partnerschaftliche Komponente außen vor. Die externen Probleme sind dafür zumeist jedoch geringer.
Rüde/Rüde: Diese Kombination ist meist ohne große Probleme möglich. Wenn es zum Streit kommt, handelt es sich dabei zumeist um sogenannte „Kommentkämpfe“.
Hündin/Hündin: Diese Kombination kann gut funktionieren. Streitigkeiten können hier jedoch in Form von Beschädigungskämpfen ausgetragen werden. Auf der anderen Seite entsteht oft ein Mutter-Tochter-Verhältnis, bei dem wiederum ernsthafte Schwierigkeiten kaum vorkommen.
Rüde/Hündin: Hier kann es zwischen den Hunden zu einer sehr starken Bindung kommen und diese Kombination stellt durch die innerartliche Kommunikation eine große Bereicherung dar. Allerdings kann es extern vermehrt Probleme geben, da nun die Begegnung mit gleichgeschlechtlichen fremden Hunden als Begegnung mit Konkurrenten ausgelegt werden kann
<u>Miteinander verwandte Hunde</u>
Die Haltung von Hunden, die eng verwandt sind, kann sehr spannend sein. Problemlos ist meistens die Haltung von Mutter und Sohn oder Vater und Tochter. Hier entstehen keine sexuellen Rivalitäten.
<u>Alter</u>
Im Idealfall beträgt der Altersunterschied zwischen zwei Hunden vier bis fünf Jahre
<u>Rasse</u>
In Hinblick auf die oben erwähnte Interessensgemeinschaft kann es von Vorteil sein, unterschiedliche Rassen zu halten.
<u>Geschwister</u>
Generell raten wir von einem Geschwisterkauf ab. Die intensive Bindung und Kommunikation zwischen den Hunden wird es dem Besitzer häufig schwierig machen.
<u>Interessen/Ambitionen/Veranlagungen</u>
Hält man mehrere Hunde mit unterschiedlichen Interessen, ist die Möglichkeit zur Bildung von „Interessensgemeinschaften“ (wie zum Beispiel gemeinschaftliches Jagen) geringer.
<u>Größe</u>
Die Haltung von zwei oder mehreren großen Hunde kann für den Menschen kräftemäßig zum Problem werden. Aber auch ein zu deutlicher Größenunterschied zwischen den Hunden ist ungünstig, da es bei Streitigkeiten für den kleineren Hund schnell gefährlich werden kann