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Kleiner Hund – große Persönlichkeit

 

Von wem hier die Rede ist? Die Rede ist von Kleinhunden unterschiedlichster Rassen, die nicht das Privileg genossen haben, erzogen und beschäftigt zu werden. Zudem neigen viele Vertreter der Rassen und Mixe von Chihuahua, Yorkie, Havaneser, Frenchy & Co zu unnötiger Bellerei und Größenwahn, nutzen jede menschliche Schwäche aus, übernehmen gerne das Ruder – ja, ich würde sogar sagen, manche Exemplare streben sogar die Weltherrschaft an. Aber Spaß Beiseite. 

Kleinhunde – oft nicht größer als unsere schnurrenden Mitbewohner - angeschafft, weil klein und putzig und weil doch Ratgeber sagen, dass dies ideale Hunde für Wohnungen wären, die nicht viel Bewegung brauchen und natürlich wie so viele andere Rassen fälschlicherweise als ideale Familienhunde bezeichnet werden.

Diese fristen dann sehr oft ein Leben ohne geistige Beschäftigung und Erziehung. Unverstanden in ihrem kompletten Wesen, unterschätzt, vermenschlicht, verhätschelt. Besitzer machen sich mehr Gedanken um die farblich abgestimmten Outfits als sich mit den hündischen Bedürfnissen auseinanderzusetzen. Dies gipfelt im Extremfall in der Zurverfügungstellung eines Katzenklos, anstatt mit dem Mini zumindest an der zumeist geliebten Flexileine eine kleine Runde zu drehen. Denn natürlich müsste man sich schon mit den hündischen Bedürfnissen auseinandersetzen, um zu erfahren, dass Lacki und Gacki auch andere Funktionen als sich zu lösen, haben.

Und da man ja schon einmal gehört hat, dass Sozialkontakt unter Artgenossen wichtig ist, wird dieser natürlich gerne an der Flexileine gesucht. „Nein, ohne Leine geht natürlich nicht, weil freilassen oder abrufen, wo denken sie hin! Erziehung ist anstrengend und so ein kleiner, den nehme ich halt mal hoch, wenn was ist.“

Ich frage mich sehr oft, warum wir diesen Kleinhunden die Fähigkeit ordentlichen Benehmens oder auch ordentlicher Beschäftigung absprechen. Die meisten Kleinhunde sind pfiffig, intelligent, gelehrig und durchaus interessiert zu lernen. Warum nehmen wir diese Hunde nicht ernst, warum unterschätzen wir sie so derartig?

Interessanter weise war dem aber nicht immer so. Der Yorkshire Terrier z.B. – heutzutage vielfach zum Schoßhund degradiert – wurde seit Mitte des 18 Jahrhunderts primär dafür gezüchtet, die Industriestädte von der Ratten- und Mäuseplage zu befreien. Dieser ist also in der Lage sich selbständig und unerschrocken gegen sehr wehrhafte Tiere zur Wehr zu setzen. Schaut man sich das Gebiss eines Yorkies an, könnte man so etwas auch erahnen. Zudem sind viele Yorkies im Verhältnis zu ihrer Größe mit viel Mut ausgestattet und ihr Beschützerinstinkt und ihre Zähne sind nicht zu unterschätzen. Natürlich gab es auch früher schon Hunde, die nur dem Amüsement und Zärtlichkeitsbedürfnis der Besitzer dienten. So war zum Beispiel die Hauptaufgabe eines Löwchens über Jahrhunderte hinweg, als lebende Wärmflasche bei edlen Damen im Bett zu schlafen.

Eines ist aber vielen Kleinhunden gemein: In der Realität glauben sie, dass sie wesentlich größer sind und verhalten sich auch dementsprechend. Dies kann so weit gehen, dass sich kleine Hunde, ohne mit der Wimper zu zucken, mit viel größeren Artgenossen anlegen und nicht bereit sind, sich geschlagen zu geben. Dass es mitunter zu Raufereien oder sogar zu gröberen Verletzungen kommen kann, liegt auf der Hand. Natürlich muss der Besitzer hier eingreifen und seinen Zwerg rausholen, wenn er nicht Gefahr laufen will, ein „Waterloo“ zu erleben. Das Argument „die machen sich das schon aus“ oder „sonst lernt er es nie“ sind hier fehl am Platz. 

Ganz klar ist dieses Fehlverhalten hauptsächlich dem Hundehalter zuzuschreiben, denn dieser neigt beim kleinen Hund viel eher dazu, schlechtes Benehmen zu akzeptieren. Zwerghunde werden viel getragen und oft weniger gut erzogen. Die Hunde setzen sich gegen den Halter öfter durch und bekommen ein riesiges Selbstbewusstsein. In diesem Zusammenhang sei erwähnt, dass ja schon einmal ein zu kleiner Franzose die Weltherrschaft angestrebt hat und das Napoleon Syndrom auf viele kleine Hunde übertragen werden kann.

Erst wenn die Halter erkennen, dass kleine Hunde auch vollwertige Hunde mit hündischen Bedürfnissen sind und bereit sind, Zeit und Energie in die Erziehung und Beschäftigung zu investieren, können diese ein zufriedenes artgerechtes Leben leben. 

Auch kleine Hunde sollten die Grundsignale können und kontrollierten Umgang mit netten Artgenossen lernen. Zudem vergessen wir manchmal, dass Erziehung Hunden auch die Möglichkeit zu mehr Freiheiten gibt und zu so einem entspannteren, entstressteren Miteinander beiträgt. Erziehung ist also langfristig keine Belastung sondern eine Entlastung für Besitzer und Hund und vor allem auch für das gesamte Umfeld. 

 

Derweil können unsere Kleinhunde mehr als in Taschen herumgetragen zu werden und das neueste Strass Halsband in der aktuellen Trendfarbe zu tragen. Gerade Chihuahuas eignen sich als „Opfer“ verkleidungswütiger Kundinnen der zahlreichen Shops. Dabei ist die kleinste und älteste Hunderasse der Welt ein richtiger Hund und möchte auch als dieser behandelt werden. Er ist selbstbewusst, energisch und robust, intelligent und am Beschäftigung außerordentlich interessiert. 

Diese unterschätzen Wesen werden auch in den Hundeschulen wenig erstgenommen, wenn nicht sogar belächelt. Dabei beweisen sie doch immer wieder, dass dies ihnen gegenüber komplett ungerechtfertigt ist.

Dass sogar Hundetrainer von der Fehleinschätzung von Kleinhunden nicht befreit sind, haben wir selber vor 2 Jahren massiv unter Beweis gestellt. Nur durch einen Zufall – unsere damals 12jährige Tochter wollte bei einem Mantrail-Anfänger-Seminar mitmachen -  haben wir das Talent unseres Yorkie-Chihuahua-Mix „Watschki“ entdeckt. Überraschenderweise war er unter den Teilnehmern der Beste und wurde danach mit ganz anderen Augen von uns gesehen. Seither hat unser verhaltenskreativer Kleiner mehrere Mantrail-Prüfungen mit Bravour absolviert.

Natürlich mussten auch wir uns an die belustigten Blicke der anderen Mantrailer – welche ihre Bloodhounds, Viszlas, Weimaraner, Labradore und Co aus den Boxen holen, erst gewöhnen. Mit dem Wissen, dass diese mitleidigen Blicke sich anschließend aber in Bewunderung für den kleinen Mann ändern, lässt sich das leicht ertragen.

Ich möchte mit diesem Artikel eine Lanze und Verständnis für die Bedürfnisse unserer Zwerge wecken. Sie sind keine Katzen, kein Spielzeug, keine Modepuppen und schon gar keine Lebewesen, die nicht laufen können. Sie sind vollwertige Hunde, mit starken Charakteren, mit vollwertigen artgerechten Bedürfnissen und so möchten sie auch erzogen, behandelt und beschäftigt werden.

Noch besser formuliert es die geschätzte Frau Dr.Feddersen-Petersen: "Der Lebensraum eines Chihuahuas ist nicht zwischen den Brüsten von Paris Hilton."  Damit wäre wohl alles gesagt.