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"Der Rückruf" mit Maximiliane Lotz

Maxi Lotz - Martin Rütter Hundeschule Zürich Oberland

Der Rückruf - das wichtigste Signal überhaupt

Nicht selten wird der Rückruf als „das wichtigste Signal überhaupt“ beschrieben – und das zu Recht! Der Rückruf kann nicht nur das Leben des eigenen Hundes retten, sondern auch das vieler anderer Menschen oder Tiere. 

Stell dir folgende Situation vor: Frau Linde genießt mit ihrem freilaufenden Hund Fidu einen entspannten Spaziergang. Der Weg ist von Wiesen umgeben und in etwa 50 m Entfernung gibt es einen viel befahrenen Fahrradweg. Obwohl Frau Linde sehr aufmerksam auf dem Spaziergang ist, entdeckt Fidu einen Fahrradfahrer, der mit seinem Hund unterwegs ist, bevor Frau Linde das Gespann überhaupt bemerken konnte. Fidu startet durch. In kürzester Zeit nähert er sich dem Fahrradweg. Frauchen ruft laut: „Fidu, hiiiiiier“. Kurz bevor Fidu den Fahrradweg erreicht, dreht er um und galoppiert ebenso schnell wieder zu Frauchen zurück. Der Rückruf hat geklappt, und so konnte eine mögliche Kollision mit dem Fahrrad und ein eventueller Sturz des Radfahrers mit für diesen schmerzhaften Folgen vermieden werden. 

Mehr Freilauf und Freiheiten dank einem zuverlässigen Rückruf

Der „perfekte Rückruf“ ermöglicht dem Hund damit auch einen Spaziergang mit mehr Freilauf. Dieser sollte jedoch nur dann erfolgen, wenn der Rückruf sicher klappt. Ist dem nicht so, solltest du deinen Hund an einer Schleppleine führen. Doch gerade damit haben viele Menschen ihre Schwierigkeiten. So mancher befürchtet, der Hund habe durch die Schleppleine zu wenig Freiheiten. Andere ärgern sich darüber, dass die Schleppleine nass und dreckig wird, die Kleidung verschmutzt, sich ständig in Büschen verfängt, um Bäume wickelt und einen entspannten Spaziergang quasi unmöglich macht. 

Sicherlich mag ein Spaziergang bequemer sein, wenn man keine Schleppleine in der Hand halten muss, allerdings gehört die Rücksichtnahme gegenüber anderen Menschen und Tieren zu einer verantwortungsvollen Hundehaltung dazu. In unserer stark belebten Zivilisation müssen wir darauf achten, dass unser Hund andere Menschen und Tiere nicht belästigt. 

Schleppleine leicht gemacht – Die richtige Handhabung der Schleppleine

Zunächst musst du dich für das passende Material entscheiden. Bei kleinen, leichten Hunden musst du auf das Gewicht der Schleppleine achten. Eine Schleppleine aus Stoff saugt sich zudem bei nassem Wetter voll und ist dann sehr schwer. Für diese Hunde eignen sich z. B. leichtere Schleppleinen aus Biothane. Für große, schwere Hunde kannst du auch eine schwerere, dickere Schleppleine wählen. Die Leine sollte dir gut in der Hand liegen und auch bei Regen nicht aus der Hand rutschen. 

Wenn du deinen Hund an der Schleppleine führst, sollte dieser immer ein passendes Geschirr tragen, an dem die Leine befestigt wird. Dadurch werden Verletzungen am Kehlkopf und Verrenkungen der Nackenwirbelsäule verhindert, falls dein Hund doch einmal mit Anlauf in die Schleppleine springt. Am besten trägst du zudem Handschuhe. Diese verhindern, dass du dir deine Hände verbrennst, wenn dir die Leine durch die Hände gleitet. 

Auf dem Spaziergang gibst du deinem Hund „mehr Leine“, wenn er weiter nach vorn läuft, und wickelst die Leine wiederum auf, wenn dein Hund wieder näher bei dir bleibt oder langsamer läuft. Dadurch ist die Schleppleine nie auf Spannung und schleift nicht über den Boden, sondern hängt locker durch. Mit diesem „aktiven Schleppleinenhandling“ kannst du verhindern, dass sich die Schleppleine verfängt und auch, dass dein Hund einen meterlangen Anlauf hat und mit großer Kraft in die Leine rennt, sodass du ihn kaum halten kannst. 

Dennoch, ein zuverlässiger Rückruf ermöglicht dem Hund mehr Bewegungsfreiheit und uneingeschränkte Kontakte mit Artgenossen. Denn die Schleppleine schränkt den Hund nicht nur bei der Kommunikation mit anderen Hunden ein bzw. verringert seine Bewegungsfreiheit, sie birgt auch große Verletzungsgefahren beim Kontakt mit anderen Hunden. Ein ausgelassenes und dynamisches Spiel mit Artgenossen ist an der Schleppleine im Grunde genommen nicht möglich. 

Der richtige Aufbau des Rückrufs

Rückrufwort versus Pfeife

Bevor du mit dem Rückruftraining startest, musst du dich entscheiden, welches Rückrufsignal du verwenden möchtest. Hierfür bietet sich entweder ein Rückrufwort oder aber ein Pfiff mit der Hundepfeife an. Der Vorteil beim Einsatz der Hundepfeife gegenüber dem Rückrufwort liegt darin, dass diese eher emotionslos ist und der Hund sie auf weitere Distanzen hören kann als ein verbales Signal. Vom Einsatz von Ultraschall- oder Hochfrequenzpfeifen rate ich ab, da wir Menschen die hohen Pfeiftöne nicht wahrnehmen können. Reagiert der Hund einmal nicht auf den Pfiff, ist unklar, ob er den Pfiff ignoriert oder z. B. die Pfeife kaputt ist und nicht mehr funktioniert. Der Nachteil der Hundepfeife liegt darin, dass du sie für den Spaziergang nicht vergessen darfst und sie sozusagen immer „griffbereit“ bei dir tragen musst. Dieses Problem hast du mit einem Rückrufwort nicht. Grundsätzlich spielt das konkrete Wort keine Rolle, es sollte dir jedoch in stressigen Situationen schnell einfallen. 

Schrittweiser Aufbau

Entscheide dich daher zunächst für ein Rückrufsignal. Nun sprichst du deinen Hund mit seinem Namen an. Schaut er hoch und signalisiert damit seine grundsätzliche Aufmerksamkeit, lockst du ihn zu dir, indem du dich beispielsweise hinhockst, in die Hände klatschst oder ein paar Schritte rückwärtsgehst. Bei dir angekommen, bekommt dein Hund sofort eine Belohnung. Bist du dir nach einigen Wiederholungen der Übung sicher, dass dein Hund zu dir kommt, fügst du dein neues Rückrufsignal hinzu, und zwar kurz bevor dein Hund bei dir ist. So kann er das neue Signal mit der Handlung „zu dir kommen“ verknüpfen. 

Würdest du das Signal jetzt schon viel früher einsetzen, könnte es passieren, dass dein Hund auf dem Weg zu dir noch etwas Spannendes in die Nase bekommt und abbiegt. Dadurch würde eine Fehlverknüpfung entstehen, die du auf jeden Fall während des Rückruftrainings vermeiden solltest.

Nun kannst du dein neues Rückrufsignal schrittweise immer früher hinzufügen, z. B. wenn dein Hund noch zwei Schritte, und später dann vier, acht oder auch zehn Schritte, von dir entfernt ist. Nach vielen Wiederholungen hat dein Hund nun gelernt, dass er auf dein Signal zu dir kommen soll. Achte auch in Zukunft darauf, dass du deinen Hund mit seinem Namen ansprichst, bevor du ihn rufst. 

Diese ersten Übungen trainierst du in reizarmer Umgebung, also an Orten ohne Anwesenheit von anderen Hunden, Wildtieren, Umweltreizen usw. Erst wenn der Rückruf in reizarmer Umgebung zuverlässig funktioniert, tastest du dich schrittweise an unterschiedlichste Außenreize heran. Überlege dabei, was deinem Hund eher leicht bzw. richtig schwerfällt und starte zunächst mit für ihn einfachen Situationen. 

Wenn du dir unsicher bist, ob dein Hund in einer reizstarken Situation den Rückruf bereits beherrscht, sichere ihn anfangs noch durch die Schleppleine. 

Wichtig: Die Schleppleine dient nicht dazu, deinen Hund, falls dieser das Signal nicht ausführt, heranzuziehen. Denn er soll den Rückruf als etwas Positives, Angenehmes empfinden und nicht mit Zwang und starkem, unangenehmen Zug verbinden. Die Schleppleine verhindert daher also nur, dass dein Hund weglaufen und sich durch eine andere Handlung selbst belohnen kann. Sollte der Rückruf doch einmal nicht klappen, beende das Training und übe den Rückruf danach in einer reizärmeren, für deinen Hund einfacheren Situation.

Die passende Rückrufbelohnung

Beim Rückruftraining stellt sich früh die Frage, was die passende Belohnung ist. Du solltest den Rückruf hochwertig belohnen. Doch weshalb soll es überhaupt eine Belohnung in Form von Futter oder einem Spiel geben, und darüber hinaus möglichst noch eine „Superbelohnung“? Reicht es nicht aus, wenn du deinen Hund lobst, indem du mit ihm sprichst und ihn streichelst, wenn er auf deinen Ruf zurückgekommen ist?

Wenn du dir vor Augen hältst, in welchen Situationen der Rückruf relevant ist, wirst du schnell feststellen, dass dies meist Situationen sind, welche vom Hund intrinsisch motiviert ausgeführt werden, also Situationen mit selbstbelohnendem Charakter. So soll der Rückruf unter anderem dann klappen, wenn der Hund (Wild-)Tieren hinterherjagt, mit anderen Hunden spielt, Radfahrenden hinterherrennt, zu Hause am Zaun Alarm schlägt oder z. B. wenn ein Rüde von einer läufigen Hündin weggerufen werden soll. 

Für viele Hunde ist ein ruhiger Sozialkontakt mit seinem Menschen, bei dem dieser den Hund z. B. streichelt, keine adäquate Belohnung, insbesondere dann nicht, wenn der Hund aus einer dynamischen Aktivität abgerufen wurde. Auch Futter wirkt in solchen Situationen oft nicht verstärkend. Das liegt daran, dass die Belohnung zur abgebrochenen Aktivität passen muss, sie soll eine „echte Alternative“ sein, weshalb sich hier ein dynamisches Apportier- oder Hetzspiel besser eignet. Gleichzeitig stärkt dies auch die Mensch-Hund-Beziehung, denn der Hund lernt dadurch, dass er beispielsweise keine Rehe jagen soll, zusammen mit seinem Menschen aber richtig viel Spaß mit einer jagdlichen Alternative hat, wenn er auf den Rückruf reagiert.

In anderen, einfacheren Situationen wirkt durchaus auch eine Futterbelohnung verstärkend. Aber selbst dann sollte sie vom Hund als hochwertig wahrgenommen werden, damit es sich für ihn lohnt, zum Menschen zu kommen. Die Art der Futterbelohnung variiert dabei von Hund zu Hund. Für den einen ist es die Leberwursttube, für den anderen Nassfutter. 

Die häufigsten Fehler

Das Rückrufsignal erfolgt erst, wenn der Hund beim Menschen angekommen ist.

Der Hund soll das Rückrufsignal möglichst schnell mit der Handlung „zum Menschen kommen“ verknüpfen. Erfolgt das neue Signal erst, wenn der Hund bereits beim Menschen angekommen ist, handelt es sich hierbei um die „rückwirkende Konditionierung“, die von allen möglichen Konditionierungsformen am schlechtesten wirkt. Dies erscheint auch logisch, denn der Hund ist bereits beim Menschen angekommen, die eigentliche Handlung ist bereits vorbei. Führt der Hund nun auch noch eine andere Handlung aus, wie z. B. „sich hinsetzen“, „den Menschen anspringen“ oder auch nur „in die Gegend schauen“, besteht die Gefahr, dass es zu einer Fehlkonditionierung kommt und der Hund diese Handlung anstelle des Zurückkommens mit dem neuen Signal verknüpft.

Der Hund ist nicht aufmerksam

Vielfach kann man beobachten, dass Menschen „Hier“ rufen, obwohl der Hund gar nicht aufmerksam ist. Sprich daher deinen Hund immer erst einmal mit seinem Namen an. Achte dabei auf folgendes: Der Name soll keinesfalls das Rückrufsignal sein bzw. werden! Der Name des Hundes bedeutet für diesen lediglich: „Achtung, du bist gemeint, gleich passiert etwas für dich Wichtiges!“. Reagiert dein Hund nicht auf seinen Namen, brauchst du mit dem Rückruftraining gar nicht erst beginnen. Beende daher das Training und wechsle in eine Umgebung mit weniger Reizen oder übe mit deinem Hund zunächst einmal, dass er auf seinen Namen reagiert. 

Der Hund kommt nicht, obwohl er gerufen wurde

Es ist so schnell passiert: Frauchen ruft ihren Fidu mit „Hier“. Unterwegs entdeckt der abgelenkte Fidu einen spannenden Geruch und bleibt stehen, um dort intensiv zu schnüffeln. Solche Situationen können jedem passieren – doch was machst du in einem solchen Fall am besten?

Rufe deinen Hund nicht wieder und wieder, sondern gehe zu ihm, leine ihn an und beende das Rückruftraining. Wechsle in eine einfachere Umgebung und beginne die Übung noch einmal von vorn. Ganz allgemein gilt: Achte beim Rückruftraining auf einen kleinschrittigen Aufbau und steigere die Schwierigkeit erst, wenn dein Hund so weit ist. In den ersten sechs bis acht Wochen des Rückruftrainings sollten im besten Fall gar keine Fehler passieren. Nur so kann dein Hund durch viele erfolgreiche Wiederholungen den Rückruf nachhaltig lernen. 

Die Erwartungshaltung höher halten und freischicken

Viele Hunde kommen auf den Rückruf zurück, holen sich ihre Superbelohnung ab und sind ebenso schnell wieder weg. Ist der Reiz, von dem du deinen Hund zurückgerufen hast, nun aber immer noch da, kann es dazu führen, dass dein Hund wieder zurück zum Reiz rennt - und es vielleicht sogar noch zu einer gefährlichen Situation kommt. Du solltest daher die Erwartungshaltung deines Hundes nach einem erfolgreichen Rückruf hochhalten, sobald dieser bei dir angekommen ist. Der Rückruf beendet für deinen Hund eine für ihn spannende Situation. Lernt er nun aber, dass bei dir etwas genauso Spannendes stattfindet, nachdem er zu dir gekommen ist, wie z. B. ein Zieh-und-Zerr-Spiel, eine Futtersuche oder ein kurzes Apportieren, wird er erst einmal erwartungsvoll bei dir bleiben. Darf dein Hund wieder freilaufen, schicke ihn z. B. mit dem Signal „Frei“ oder „Lauf“ aktiv von dir weg. Hat er gelernt, dass erst dieses Signal eine Übungseinheit beendet, wird er so lange bei dir bleiben, bis du ihn wieder freigibst.

Alles hat seine Grenzen

Du wirst im Training nicht jede erdenkliche Situation nachstellen und üben können. Zudem brauchen auch wir Menschen eine gewisse Reaktionszeit. Auch wenn dein Hund den „perfekten Rückruf“ beherrscht, entbindet dies dich nicht davon, vorausschauend zu handeln und für deinen Hund Verantwortung zu übernehmen.