Grenzenlose Freiheit - Leben ohne Einschränkungen?
Wir haben mit Larissa Müller von Martin Rütter DOGS Mülheim/Oberhausen gesprochen, was dies für Hunde bedeutet.
• Wir alle erleben zurzeit, wie es ist, mit Einschränkungen leben zu müssen. Was bedeutet es, wenn Hunde über 3 Monate lang keinen Freilauf mehr genießen dürfen, sondern nur noch an der Leine geführt werden dürfen?
Wenn Hundehalter an das Wort „Leine“ denken, haben die meisten automatisch im Kopf, dass der Hund, der sich an derselben befindet, in seinem Bewegungsradius eingeschränkt wird und das schade ihm. Glücklicherweise ist das Führen des Hundes an der Schleppleine eine gute Alternative zum Freilauf, der Hund kann, gesichert durch diese, weiterhin all seinen Motivationen nachgehen und sich frei und recht ungehemmt bewegen. Um dem Hund auch mal die Möglichkeit zum Rennen zu geben, kann man ihn in dieser Zeit vermehrt durch gemeinsame Radtouren oder Joggingrunden körperlich auslasten.
Um dem Kontakt zu Artgenossen weiterhin gerecht zu werden, kann man größere, möglichst eingezäunte Freilaufflächen aufsuchen. Wichtig dabei ist allerdings, dass der Mensch seinen Hund gut beobachtet und einschätzen kann, ob es sich wirklich um Spiel handelt. Viele erwachsene Hunde haben kein Bedürfnis mehr zu spielen und leben auf diesen Freilaufflächen ihre eigentlichen Motivationen voll aus, bspw. andere Hunde abzustoppen, zu kontrollieren, Spiel zwischen anderen Hunden zu unterbrechen und zu „regeln“ oder „sexuell motivierte“ Kontakte zu knüpfen. Sind die Freilaufflächen zu klein, kann dadurch schnell Stress entstehen und die Interaktion, die auf diesen Wiesen zwischen Hunden gezeigt wird, ist dann oftmals kein Spiel mehr. Ich wünsche mir sehr, dass die Städte auf die wachsende Anzahl der Hunde in deutschen Haushalten reagieren, nicht nur indem sie immer mehr Verbote, Gesetze und Auflagen für Hundehalter zur Einschränkung des Freilaufs von Hunden erteilen, sondern auch Möglichkeiten schaffen, Hunde artgerecht zu halten und für ausreichend große Freilaufflächen sorgen.
Aber als Appell an alle Hundehalter: an allererster Stelle steht die artgerechte Auslastung in Form von alternativen Beschäftigungsmöglichkeiten mit dem Menschen. Mit einer zwanzigminütigen Apportiereinheit hat man gleich mehrere Fliegen mit einer Klappe geschlagen: sie lastet den Hund nicht nur körperlich aus, sondern fordert seinen Geist und befriedigt seine jagdlichen Bedürfnisse. Darüber hinaus fördert die gemeinsame Beschäftigung die Bindung zwischen Mensch und Hund und man erreicht damit, dass der Hund auf dem Spaziergang deutlich ansprechbarer wird, denn jederzeit kann es sein, dass der Mensch den Hund zu einem spannenden Zeitvertreib einlädt. Beschäftigungen wie das Apportieren, Futtersuche in Baumstämmen, unter Blättern, in der Baumrinde oder auch Tricks lassen sich ohne weiteres an der Schleppleine durchführen und auf jedem Spaziergang einbauen. Da diese Beschäftigungsformen den Hund nicht nur körperlich, sondern auch geistig auslasten, wird er deutlich schneller müde und die Runde muss auch gar nicht so lang sein.
• Die Anleinpflicht für Hunde in der Brut- und Setzzeit ist nicht in ganz Deutschland gesetzlich vorgeschrieben. Muss man sich dennoch überall in dieser Zeit anders verhalten als sonst??
Rücksicht sollte man, auch als Hundehalter, immer üben. Dies gilt nicht nur in der Brut- und Setzzeit, in der das oberste Gebot der Schutz der Wildtiere und deren Jungen ist. Ein jagdlich motivierter Hund sollte natürlich auch außerhalb dieser Zeit immer an der Schleppleine gehalten werden, wenn der Rückruf noch nicht gut konditioniert wurde. Auch Hunde mit einem sicheren Rückruf sollten sich nur in dem Radius um den Menschen bewegen, in dem sie rückrufbar und in Sichtweite sind. Ein perfekter Rückruf ist unumgängliche Voraussetzung für den Freilauf. In unseren Martin Rütter DOGS Hundeschulen gehört eine zuverlässige Konditionierung auf den Rückruf zum Standardprogramm.
Hundehalter sollten Acker, Felder und Wiesen nicht einfach so betreten und ihre Hunde wieder auf den Weg lotsen, sollten sie sich Richtung Feld bewegen. Ebenso gehört das Einsammeln von Kot zum guten Ton, unabhängig davon, ob man sich in städtischem Gebiet oder in der Natur befindet. Kotbeutel gehören zu jedem Hundehalteroutfit dazu. Es gibt schicke Täschchen, die man an die Leine hängen kann, sodass man die Beutel immer parat hat.
• Ein Hund muss also lernen, immer und überall sofort zu seinem Menschen zu kommen, wenn dieser ihn ruft? Wie bringt man seinem Hund den „perfekten Rückruf“ bei?
Vor dem Training muss man sich überlegen, ob man über ein konditioniertes Rückrufwort wie „Hier“ arbeiten möchte oder die Pfeife zum Einsatz kommt. Der Vorteil der Pfeife ist, dass sie emotionslos ist, immer gleich klingt und über weite Distanz hörbar ist. Es ist jedoch sinnvoll, sowohl ein Signalwort als auch die Pfeife zu konditionieren, da der Rückruf sonst nicht mehr funktioniert, wenn man die Pfeife einmal vergessen hat.
Darüber hinaus benötigt man eine Premiumbelohnung. Lässt der Hund sich gut durch Futter belohnen, kann man etwas nutzen, dass er sonst nie zu fressen bekommt, bspw. die Leberwursttube oder - besonders gut - Nassfutter! Dieses kann man auch in eine Tube einfüllen, damit man nicht die riesigen Vorratsdosen auf den Spaziergang mitnehmen muss. Ist Spielzeug, Ball oder Wurfkong dem Hund wichtiger als Futter, kann man den Rückruf auch damit belohnen und bspw. ein Zieh- und Zerrspiel mit dem Hund starten, wenn dieser beim Menschen angekommen ist.
Zu Anfang des Trainings beginnt man den Hund zu locken. Man kann ihn mit seinem Namen ansprechen oder über schnalzen bzw. rückwärts gehen und klatschen zu sich holen. Der Hund wird aufmerksam in die Richtung der lockenden Person laufen. Kurz bevor der Hund beim Menschen angekommen ist, wird das Signalwort „Hier“ geäußert. Danach folgt das Lobwort wie „Prima“ oder „Fein“, und dann kommt die Premiumbelohnung. Wichtig dabei ist, dass der Mensch das Signalwort „Hier“ bzw. den Pfiff erst dann äußert, wenn er sich zu 100 % sicher ist, dass der Hund bei ihm ankommt. Dabei kann die Belohnung zu Beginn des Trainings ruhig offensichtlich gezeigt werden und der Hund damit bestochen werden, zum Menschen zu kommen. Im Laufe des Trainings - und diesen Status erreicht man meist relativ zügig - bleibt die Belohnung in der Tasche und wird erst herausgeholt, wenn der Hund beim Menschen angekommen ist und dieser den Hund verbal durch sein Lobwort positiv verstärkt hat. Man wechselt nun also von Bestechung zu Belohnung, und genau das ist die Kunst des Konditionierens. Nachdem der Hund nun in Form von Futterbelohnung oder Spielzeug die Highlightbelohnung erhalten hat, darf man nicht vergessen, ihn wieder freizugeben. Er soll sich schließlich nicht angewöhnen, sofort nach der Belohnung wieder die Kurve zu kratzen. Dazu nutzt man ein Auflösesignal wie „ok“ oder „lauf“ und macht dazu eine auffordernde Handbewegung, während man seitlich am Hund vorbei geht.
• Welche Möglichkeiten gibt es, die Schwierigkeit beim Rückruftraining zu steigern?
Die Konditionierungsphase kann gute sechs Wochen dauern. Man sollte den Hund in dieser Zeit an der Schleppleine führen, damit er nicht lernt, dass er das Signal auch missachten kann. Man sollte mit der Konditionierung in absolut ablenkungsfreier Umgebung starten und die Ablenkung steigern, sobald der Rückruf gut klappt.
Dazu kann man seine Umwelt in rote, gelbe und grüne Zonen unterteilen. In den grünen Zonen funktioniert das Training bereits gut und man kann das Signalwort „Hier“ / die Pfeife als Signal für den Rückruf einsetzen, da der Hund daraufhin zuverlässig zurückkommen wird. Eine grüne Zone ist z. B. in der Regel der eigene Garten. Die gelben Zonen sind Bereiche, in denen die Ablenkung für den Hund noch etwas zu groß ist, um direkt auf das Signalwort zum Menschen zu kommen, bspw. wenn sich Artgenossen in weiterer Entfernung befinden oder wenn man den Hund von einer Leckerchenspur oder dem Futternapf abrufen möchte. In dieser Situation sollte man den Hund weiterhin erst einmal locken, bevor man das Signalwort einsetzt. Kommt der Hund auf das Locken zum Menschen und der Mensch ist sich zu 100 % sicher, dass der Hund bei ihm ankommt, kann er das Signalwort äußern und den Hund freudig und mit der Premiumbelohnung empfangen.
In den roten Zonen läuft es genauso ab wie in den gelben Zonen, nur handelt es sich hier um Gebiete, in denen man häufig auch noch einen geeigneten Moment für das Locken abpassen muss. Befindet sich der Hund bspw. gerade in Interaktion mit anderen Hunden, sollte man ihn nur in einer solchen Situation locken, in der es ihm überhaupt möglich ist, auf das Locken zu reagieren. Wenn die Hunde das Spiel bspw. kurz unterbrechen, der eigene Hund gerade den Blick zu seinem Menschen sucht oder am Boden schnüffelt bzw. sowieso gerade in die Richtung seines Menschen läuft, sollte man die Gunst der Stunde ergreifen und den Hund zu sich locken. Läuft der Hund auf das Locken in Richtung seines Menschen und ist dieser sich zu 100 % sicher, dass der Hund bei ihm ankommt, kann er das Signalwort äußern und den Hund freudig und mit dem Superleckerchen empfangen.
Dasselbe gilt für den Abruf von Spielzeug, Dummy oder sogar dem Felldummy. Das Training muss langsam, der Reizhierarchie des Hundes angepasst gesteigert werden, bis man den Hund später auch vom fliegenden Dummy oder aus der Hetze von der Reizangel abrufen kann.
• In welcher Situation warst Du besonders stolz auf Deinen eigenen Hund, weil er auf Deinen Rückruf sofort zu Dir gekommen ist?
Ich persönlich profitiere sehr von dem ausgesprochen guten Training in unseren DOGS Hundeschulen! Mein jagdlich motivierter Labrador Retriever Buddy hat durch das Rückruftraining bei DOGS einen ausgesprochen guten Rückruf, sodass ich ihn mittlerweile auch aus der Hetze abrufen kann. Vor einiger Zeit ist kurz vor uns ein Hase aus der Wiese gehüpft und geflüchtet, und Buddy rannte hinterher. Auf meinen Pfiff drehte er auf dem Absatz um und kam zurück zu mir. Danach durfte er die komplette Tube mit Nassfutter ausschlecken!
Nichtsdestotrotz sichere ich ihn in der Brut- und Setzzeit über die Schleppleine. Auch in für ihn schwierigen Gebieten, bspw. im dicht bewachsenen Wald, führe ich ihn an der Leine, um jedes Risiko zu vermeiden. Rücksicht auf Wild und Natur hat für mich oberste Priorität!
Ein paar Worte zu Deiner Hundeschule:
Das Rückruftraining als wichtigstes Signal findet im Angebot meiner DOGS Hundeschule mit
Standort Mülheim & Oberhausen einen gesonderten Platz! Ich biete dies nicht nur als Präsenztraining an. Das Webinar „Der perfekte Rückruf“ ist eine feste Größe in meinem Trainingsrepertoire und findet in regelmäßigen Abständen statt. Jeder Interessierte kann über eine Online-Anmeldung daran teilnehmen. Als Schmankerl gibt es für jeden Teilnehmer im Nachgang die wichtigsten Regeln für das Rückruftraining zusammengefasst als Memo zum Ausdrucken oder als Memo für das Handy. So hat man die Regeln immer parat und kann auch unterwegs darauf zurückgreifen, um sich die einzelnen Schritte nochmal vor Augen zu führen.
Damit meine Kunden das Leben mit ihrem Vierbeiner in vollen Zügen genießen können, begleite ich den gemeinsamen Weg des Mensch-Hund-Teams von Herzen gern bereits bevor der Vierbeiner einzieht. In meiner Beratung vor dem Hundekauf bzw. vor dem Einzug des Tierschutzhundes erarbeiten wir gemeinsam, welcher Hund zum jeweiligen Menschen passt, damit Mensch und Vierbeiner von Anfang an alles richtig machen.
Auf dem weiteren Weg biete ich Welpengruppen, Gruppenstunden zu Erziehung und Beschäftigung, Seminare zu jedwedem Hundethema aber natürlich auch Einzeltraining an und erkläre den Menschen die Körpersprache unserer Hunde und wie sie darüber mit uns Menschen, aber auch mit Artgenossen kommunizieren.
Selbstverständlich heiße ich Mensch-Hund-Teams ebenfalls herzlich willkommen in meiner Hundeschule, wenn sich bereits Problemverhalten wie Aggression eingeschlichen hat, oder der Hund eine Angstproblematik aufweist. Wir gehen gemeinsam der Ursache des Verhaltens auf den Grund und setzen dort mit der Therapie an.