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Hund und Schweine - im Interview mit Giulia Lautz

Wie viele / welche Tiere leben in deinem Haushalt?

Wir haben 3 Hunde und mein Opi, der mit uns zusammen wohnt, hat Wollschweine. Einen Eber, den Rambo und 2 Weibchen. Ca. einmal im Jahr gibt es Nachwuchs.

Was genau sind das für Schweine

Wollschweine – die Vorfahren unserer Edelschweine, sehen Wildschweinen ähnlich, sind aber definitiv keine Haustiere, wie z. B. Minipigs. Es sind noch sehr ursprüngliche Tiere, die sehr offen, neugierig und sehr sozial sind, aber dennoch nicht unterschätzt werden dürfen. 

 

Wie kam die Wohngemeinschaft aus Hund und Schwein zustande? 

Unser „Projekt“ haben wir unserem Opi zu verdanken. Er hat die Wollschweine als Landwirtschaftstiere schon länger – bis dahin waren sie Nutztiere. Aber als das Thema „Einzug eines neuen Ebers“ im Raum stand, war für uns klar, dass wir das Training nach der Philosophie von Martin Rütter in die Aufzucht mit einfließen lassen möchten. Unser Opi war zunächst dagegen, da aus seiner Sicht eine gewisse Distanz zu den Hoftieren notwendig ist. Wir konnten ihn aber davon überzeugen, dass es auch Vorteile hat, wenn ein erwachsener Eber sich gerne streicheln lässt, man ohne Probleme in sein Gehege hinein kann, er auf Signal kommt und sich z. B. auch hinlegt. Früher war gerade so etwas undenkbar! Unser Tierarzt hätte sich nicht, ohne den Eber zu sedieren, in dessen Gehege getraut.

Wie war das erste Zusammentreffen zwischen Hund und Schwein?

Da unsere Hunde die erwachsenen Wollschweine schon kannten, war der junge Eber für sie erst einmal nicht so spannend. Rambo war von Anfang an sehr neugierig und offen. Er suchte direkt den Sozialkontakt. 

Wie hast du die beiden aneinander gewöhnt?

Unsere Hunde sind generell sehr entspannt im Umgang mit anderen Tieren. Zu Beginn gab es daher eine gemeinsame Futtersuche im Garten. So konnten sich alle beschnüffeln und ein wenig Kontakt aufnehmen, aber jeder konnte auch für sich etwas suchen und fressen. Rambo durfte am Anfang auch mit in die Wohnung. Wir hatten ihn an ein Geschirr gewöhnt, sodass er ab und an mit auf den Spaziergang kam. Bei uns gibt es für die Hunde feste Strukturen, in die sich auch Rambo schnell eingefügt hatte. Die Kommunikation unter den Tieren zu beobachten, war sehr spannend. Ein Drohfixieren der Hunde hat Rambo sofort akzeptiert. So fühlten sich die Hunde ernst genommen und Rambo hat gelernt, sich in die soziale Struktur einzufügen. Da er aber dennoch ein eigenständiges Wollschweinchen bleiben sollte, war es uns wichtig, dass er auch Kontakt zu Artgenossen (Wollschweinweibchen) bekam, indem er z. T. auch draußen lebte.

Schweine sind ja sau-intelligent: Wie ist deine Erfahrung, lernen sie so schnell wie Hunde? Oder ganz anders?

Wir mussten ganz schnell feststellen, dass Schweine wirklich total unterschätzt werden. Rambo hat noch viel schneller gelernt, als viele Hunde, die wir im Training kennen gelernt haben. Das betraf sowohl das soziale Lernen in Bezug auf Regeln („Was darf ich, was nicht!“) sowie Vertrauen und Bindung (Sicherheit und Nähe geben, wenn ein Gewitter aufzieht), als auch das Training mit positiver Verstärkung, um z. B. Tricks aufzubauen. 

Seitdem ist es für uns noch viel schlimmer, zu sehen, in was für Verhältnissen viele Schweine leben müssen. Auch bei unserem Opi werden die Nachwuchs-Schweine irgendwann geschlachtet, aber sie dürfen ihr Leben in vollsten Zügen geniessen. Sie haben ein sehr großes Areal mit einer Wiese und einer Matschfläche zum Buddeln und Suhlen zur freien Verfügung, sodass sie ihre Bedürfnisse voll ausleben können. Sie werden sogar an den Hänger gewöhnt, damit auch das keinen Stress für sie bedeutet, wenn dann der Tag der Tage irgendwann gekommen ist.

Welche Tricks hast du deinen Schweinen beigebracht? Mischt der Hund da auch mit?

Rambo hat gelernt, auf Signal zu kommen sowie sich hinzusetzen. Diese Trainings fanden immer gemeinsam mit den Hunden statt. Für diese war es ein spannender Reiz, mit dem wir ihre Impulskontrolle trainieren konnten.

Da für uns aber klar war, dass Rambo nach der Geschlechtsreife allein schon aufgrund seiner Größe und Kraft nicht mehr mit spazieren gehen bzw. sich in der Wohnung aufhalten darf / kann, haben wir nur die Übungen aufgebaut, zu denen er Lust hatte. Den Rückruf wie auch das Sitz kann Rambo jetzt als erwachsener Eber immer noch und macht das sehr gerne. Am liebsten hat er es aber, an einer Stelle am Bauch gekrault zu werden, da legt er sich dann sofort hin.

Wie gut verstehen sich Hund und Schwein im Alltag?

Mit der Geschlechtsreife hat Rambo seine Hauer bekommen und begann seine Grenzen auszutesten. Da er sowohl in Bezug auf die Größe als auch auf die Kraft mit seinen ausgewachsen bis zu 350 kg den Hunden total überlegen ist, mussten wir den Kontakt dann ohne Aufsicht unterbinden. Da er sich mit einem „Nein“ von körperlichem Kontakt zurückhalten lässt, dürfen alle noch gemeinsam miteinander im Garten laufen. Sollte Rambo doch mal zu hoch drehen, kommt er auf die eingezäunte Wiese. So können Hund und Wollschwein Kontakt haben, ohne dass es ein Risiko gibt. Da aber Rambo solch eine coole Socke ist, darf er auch beim Hundetraining mit unseren Kunden und Kundinnen und deren Hunden immer mal wieder als Statist (natürlich kontrolliert) mithelfen. Auch wenn er angebellt wird, frisst er entspannt weiter – fürs Hundetraining optimal.

Was sind die Herausforderungen im Zusammenleben, was gab es für Probleme?

Für uns war ja von Anfang an klar war, dass Rambo eben nicht nur „Hausschwein“ sein bzw. werden sollte. Dennoch hat sich das Zusammenleben angefühlt wie mit einem Hundewelpen. Für uns war es daher eine Herausforderung, emotional doch auch Distanz reinzubringen, denn ein Ende der gemeinsamen Zeit war ja in Sicht, zumindest in dieser engen Form des Zusammenlebens. Für uns war aber von Anfang an wichtig, dass Rambo auch das „normale“ Schweinchenleben erleben dürfen soll, damit er so artgerecht wie möglich aufwachsen kann. 

Was würdest du Menschen raten, die sich neben einem Hund auch Schweine anschaffen wollen?
Warum ist es eine Bereicherung, mit beiden Tierarten zusammen zu leben? (Was sind die schönsten Momente?)

Wollschweine sind wunderbare Tiere, aber eben keine Haustiere! Dennoch kann man eine wunderschöne Beziehung zu ihnen aufbauen. Man kann voneinander lernen und profitieren, aber man darf nicht vergessen, dass es sich um ein „Naturtier“ handelt. Wollschweinchen brauchen ein großes Areal, in dem sie herumwühlen und sich austoben können, alles andere wäre nicht fair. 

Dennoch war die Zeit mit Rambo mit Sicherheit eine Bereicherung für die ganze Familie, und auch unser Opi hatte viele „Aha-Momente“, die ihm noch einmal einen ganz neuen Einblick in das Leben mit ihnen möglich gemacht haben.