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Martin Rütter über Snoopy, Mundgeruch und den Tod seiner Mina

Herr Rütter, zum Einstieg eine Frage nach den letzten Dingen: Wie sind die Hunde Ihres Lebens gestorben? Haben Sie einen Trick, um beim letzten Gang zum Tierarzt professionelle Distanz aufzubauen?

Mein erster Hund Mina ist vor einigen Jahren gestorben. Mina bekam ich mit 23 und sie wurde 16 ½ Jahre alt. Sie war mein absoluter Stern. Ich habe zweieinhalb Jahre gebraucht, um ihren Tod zu verarbeiten, es war eine Katastrophe für mich. Ich habe oft im Auto gesessen, an Mina gedacht und losgeheult. Deswegen ist es mir vollkommen unbegreiflich, wie es möglich sein soll, auf dem letzten Weg eine professionelle Distanz aufzubauen.

Zehn Jahre „Hundeprofi“ bleiben nicht ohne Aussetzer: Was war Ihre lustigste Panne?

Das war mein Einsatz bei den Jacob Sisters. Die Hunde der Jacob Sisters waren prima, also wirklich super, super Hunde. Da ich aber immer die Menschen trainiere, war bei den Jacob-Sisters die Grenze irgendwann erreicht und wir haben uns am letzten Tag darauf geeinigt, dass wir die damals noch drei Jacob-Sisters trennen und ich die einzeln trainiere. Selbst das ist gescheitert.

Und wo hatten Sie im Nachhinein das Gefühl, einen richtigen Fehler gemacht zu haben?

Ja, auch da bei den Jacob Sisters. Da hätte ich rückblickend, nach einer Viertelstunde sagen müssen: „Mädels passt auf, wir trinken jetzt noch ein Weinchen, und dann bin ich wieder weg“.

Vermutlich bereiten die Hundehalter sich inzwischen auf Ihre Standard-Ratschläge vor. Wie gelingen Ihnen trotzdem noch Überraschungseffekte?

Also zunächst sei gesagt, dass es mir in meiner Sendung nicht um Überraschungseffekte geht. Die Lerneffekte sind wichtig. Ich möchte den Leuten den Spiegel vorhalten. Das Problem ist nämlich wirklich nie der Hund, sondern immer der Mensch. Meist fehlt es ihm an Konsequenz und Disziplin, die unersetzliche Kompetenzen in der Hundeerziehung sind. Es bedarf fester Regeln, an die sich beide halten, und ein Bewusstsein für die Bedürfnisse des Tieres. Das sind zum Beispiel zwei meiner Standardratschläge, die ich seit Jahren predige. Aber wie man sieht, ist dahingehend immer noch Aufklärungsarbeit zu leisten. Und dafür sprechen auch die Zahlen, denn uns erreichen pro Folge etwa 1.500 bis 2.000 Bewerbungen. Wichtig ist aber auch zu wissen, dass jeder Hund ein Individuum ist. Heißt: Nicht jeder Trainingsschritt ist auf jeden Hund übertragbar.

Welcher Hund war der klügste Ihrer TV-Geschichte, welche haben sich der Erziehung am hartnäckigsten verweigert?

Der klügste Hund meiner und der allgemeinen TV-Geschichte ist ohne Frage Snoopy. Den habe ich immer bewundert, der konnte sich je nach Situation verwandeln und in die Gedankenwelt anderer Leute hineinversetzen. Was die Verweigerung angeht, da fällt es mir schwer, einzelne Fälle herauszuheben. Gemein haben sie aber alle: Wenn sich jemand verweigert hat, dann der Mensch, nicht der Hund. Es ist immer das gleiche. Menschen stellen Regeln auf, gehen dann aber zu lax mit diesen um. Immer sonntags darf der Hund mit am Frühstückstisch sitzen und bekommt sein Leberwurstbrötchen, an den anderen Tagen aber nicht. Das kapiert kein Hund, es verunsichert ihn nur. Ein Hund benötigt klare Regeln, nur so kann er Vertrauen zu seinem Menschen aufbauen und sich auch in schwierigen Situationen auf ihn verlassen. Diese Inkonsequenz ist ein großer Fehler, der den Alltag zwischen Hund und Mensch erschwert. Aber gerade die aktuelle Hundeprofi-Staffel zeigt ja auch wieder, dass die Leute etwas ändern wollen und extrem bereit dafür sind, viel für ihre Hunde auf sich zu nehmen.

Lassie, Cujo, Beethoven: Welches ist der beste Filmhund, über welchen haben Sie sich geärgert?

Geärgert habe ich mich über die Macher von Lassie. Weil sie die Erwartungshaltung geweckt haben, dass Hunde alles – besonders ganze Sätze – verstehen. Lassie verstand ja immer alles – sogar Befehle wie „Such sieben Kilometer hinterm Wald...!“ (schmunzelt). Mein absoluter Favorit aus dem Kreis der Filmhunde aber ist und bleibt Snoopy.

Machen Hundehalter heute andere Fehler als vor zehn, zwanzig, fünfzig Jahren?

Ja, als vor 50 Jahren auf jeden Fall. Das hat aber auch den Hintergrund, dass sich die Rolle des Hundes in den letzten Jahrzehnten stark verändert hat. Weg vom reinen Helfer bei der Arbeit immer mehr hin zu einem vollwertigen Sozialpartner. Dem Hund geht es heute im Kreise der Menschen so gut wie nie zuvor. Bei den Leuten verfestigt sich immer mehr der Gedanke, dass der Hund ein Teil unserer Gesellschaft und ein wichtiger Bestandteil der Familie ist. Seine Bedürfnisse werden mehr und mehr erkannt und gestillt. Sicherlich übertreiben es dann manche Leute mit dem Wohlwollen, was dann oftmals schnell in Richtung Vermenschlichung überschlägt. Und aus dieser Vermenschlichung resultieren diese „neuen, anderen Fehler“, denn sie schürt Erwartungen, die der Hund niemals erfüllen kann. Ein Hund kann nicht denken und handeln wie ein Mensch. Wobei man beim Thema Vermenschlichung differenzieren muss, denn wenn man seinen Hund mal vermenschlicht, geht nicht direkt die Welt unter. Ich habe meiner Emma abends auf der Couch auch schon mal meine Sorgen und Nöte des Tages erzählt. Kein Problem. Es darf nur nicht eskalieren, dass ich permanent meine Wünsche auf den Hund projiziere. Die Kernfrage lautet: Was stört den Hund? So lange der Hund in seiner geistigen und körperlichen Freiheit nicht eingeschränkt wird und nach seinen natürlichen Bedürfnissen entspannt leben kann, ist alles okay. So ist beispielsweise gegen ein mit Diamanten besetztes Halsband nichts zu sagen, denn es beeinträchtigt den Hund nicht. Das gilt auch für das pinkfarbene Märchenschloss als Hundehütte. Dagegen habe ich nichts. Gefährlich wird’s aber, wenn der Hund zum Oktoberfest ins Dirndl gezwängt wird. Da hört der Spaß auf, das ist Tierquälerei.

Konsequenz und klare Botschaften sind das A und O – beim Hundetraining und auch in der Pädagogik. Wo unterscheidet sich die Erziehung von Tieren und von Kindern?

Prinzipiell lassen sich viele Aspekte der Kinder- mit der Hundeerziehung vergleichen. Konsequenz beispielsweise spielt, wie Sie sich richtig sagen, in beiden Bereichen eine sehr wichtige Rolle. Es wäre jedoch leichtfertig, sämtliche Merkmale der Erziehung eines Menschen eins zu eins auf die Hundeerziehung und umgekehrt zu übertragen. Der gravierendste Unterschied ist, dass man bei Kindern durch den Erziehungsprozess eine Selbständigkeit erreichen möchte. Dieses Ziel gibt es bei Hunden nicht, dort muss eine Abhängigkeit zum Halter bestehen bleiben, damit der Hund sich nicht abnabelt und auf sich alleine gestellt ist.

Ich habe ein schlechtes Gewissen, weil meine Kinder ohne Tier aufwachsen? Zu Recht?

Absolut (schmunzelt). Ich bin der Meinung, dass es nichts Schöneres für ein Kind gibt, als mit einem Hund aufzuwachsen. Ein Kind lernt dadurch, ein empathisches Bewusstsein für andere Lebewesen zu entwickeln. Gleichzeitig müssen aber gewisse Spielregeln eingehalten werden. Es müssen für das Kind und den Hund Rückzugsmöglichkeiten existieren, Tabu-Orte bzw. Situationen, in denen der jeweils andere nichts zu suchen hat. Und beim Zusammenleben von Kind und Hund ist sehr wichtig, dass der Erzieher konsequent ist. Aus diesem Grund muss stets ein Erwachsener in der Nähe sein, um gegebenenfalls reagieren zu können.

Was unterscheidet Sie vom US-Hundeprofi Cesar Millan? Und vor allem: Was unterscheidet deutsche Hundehalter von denen anderer Länder?

Es gibt in der Arbeit von Cesar Millan und mir absolut keinerlei Ähnlichkeiten. Man kann nur sagen, dass beide etwas mit Hunden machen und beide dabei im Fernsehen zu sehen sind. Die Ansätze aber sind grundlegend anders. Cesar Milan betreibt Symptombekämpfung – egal mit welchen Mitteln. Wenn bei ihm ein Topf auf dem Herd steht und er droht überzukochen, dann legt er den Deckel drauf. Ich hingegen will die Ursachen für das vorliegende Problem erforschen. Um in unserem Bild zu bleiben: Ich stelle die Flamme auf dem Herd etwas niedriger.

Welche aus der Mode geratene Hunderasse möchten Sie wieder häufiger sehen?

Ich habe in meinem Leben schon so viele verschiedene Hunderassen und Mischlinge kennengelernt und bin immer wieder fasziniert von der Vielfalt und den unterschiedlichen tollen Eigenschaften, welche die Tierart Hund ausmachen. Grundsätzlich habe ich eine Schwäche für schlitzohrige Hunde. Hunde, bei denen man im Training denkt: Jetzt hab ich ihn. Und zack schlägt er einem noch mal ein Schnippchen. Plumpe Hunde, die einfach alles tun, was man ihnen sagt, sind nicht so meins. Eine der verkanntesten Rassen, die ich gerne wieder häufiger sehen würde, ist beispielsweise der Pudel. Der Pudel ist ja nicht dazu gemacht, dass man ihm ein Krönchen auf den Kopf setzt und ihm die Nägel grün lackiert. Er ist ein Jagdhund. Der ist ausdauernd, kreativ, intelligent und supergut erziehbar. Wenn man dem nicht den Schwanz abhackt und ihm dieses dämliche Krönchen frisiert, dann ist das auch ein total schöner Hund.

Welche Rasseideale würden Sie als Qualzucht lieber heute als morgen verbieten lassen?

Ich würde mir insgesamt wünschen, dass bei der Rassehundezucht weniger Wert auf ein perfektes Aussehen und im Gegenzug dazu mehr Wert auf Gesundheit, Wesen und körperliche Fitness eines Hundes gelegt werden. Leider sind Rassehunde, die aufgrund von Schönheitsvorstellungen an Krankheiten leiden, keine Seltenheit.

Obwohl Sie so lange im Fernsehen sind, habe ich Sie noch immer nicht bei „Let’s Dance“ gesehen. Wie ist Ihre Haltung zu Promi-Formaten?

Früher habe ich alle Einladungen zu TV-Shows abgelehnt, wenn nicht das Thema Tier im Mittelpunkt stand. Inzwischen sieht man mich auch mal bei „Genial daneben“ oder „Wer weiß denn sowas?“, weil mir Auftritte in solchen Sendungen einfach riesigen Spaß bereiten. Trotzdem scheiden für mich auch viele Formate aus (schmunzelt). Die Chance, dass Sie mich mal bei „Let’s Dance“ sehen, gehen gegen null.

Was sind die drei nutzlosesten Angebote, mit denen Hundehaltern das Geld aus der Tasche gezogen werden soll?

Ganz eindeutig Yoga, Klangschalentherapie oder Reiki. Das ist Blödsinn für Hunde. Hingegen finde ich eine Physiotherapie nach einer Gelenkoperation in Ordnung.

Tabuthema Hunde-Mundgeruch: Was hilft wirklich?

Das ist sehr individuell. Manchmal können schon ein Wechsel des Futters oder das regelmäßige Nutzen der Zahnbürste helfen. Wer auf Nummer sicher gehen möchte, sollte aber einen Tierarzt zu Rate ziehen.

Quelle: www.shz.de