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Silberne oder blaue Hunde - und die Folgen

Die internationale Weltorganisation der Kynologie (FCI) legt zusammen mit dem betreuenden Rasseverein des Ursprungslandes einer Rasse für jede Rasse einen Rassestandard fest, in dem auch die jeweiligen Fellfarben definiert sind. Beim Labrador sind das z.B. die Farben schwarz, gelb und schokobraun. Bei der Französischen Bulldogge sind es die Farben gestromt, fawn und gestromt/gescheckt oder fawn/gescheckt. Diese Farbstandards beruhen meist auf einer langen Tradition und werden gerade in Bezug auf die Zucht außerhalb der FCI immer wieder zum Streitthema, da wie z. B. beim Labrador Retriever durch Einkreuzung des Dilution-Gens (englisch: to dilute = verdünnen) neue Farben entstanden, die von Zuchtverbänden innerhalb der FCI nicht als zum Rassestandard zugehörig anerkannt werden. Der Hauptgrund hierfür liegt in den möglichen gesundheitlichen Risiken bzw. Beeinträchtigungen der Hunde. An dieser Stelle muss man allerdings erwähnen, dass es auch Rassen gibt, bei denen die durch das Dilution-Gen entstandenen Farben in der Zucht innerhalb der FCI erlaubt sind, wie z. B. beim Weimaraner oder der Deutschen Dogge.

Die Farbe „Silber“ entsteht durch das Dilution-Gen, dieses hellt die ursprüngliche Farbe auf. Beim Labrador wird dann aus Schokobraun „Silber“, aus Schwarz „Charcoal“ und aus Gelb „Champagner“. Mit den durch das Dilution-Gen erzeugten Fellfarben können Krankheitsbilder einhergehen, über die ich als betroffene Besitzerin eines sogenannten „Silber Labradors“ informieren und aufklären möchte. Obwohl für Hunde, die älter als 2 Jahre sind, das Risiko zu erkranken nicht mehr ganz so hoch ist, sind bei meinem Hund im Alter von fast 5 Jahren, mehrere Symptome gleichzeitig aufgetreten: Die Hautpigmentierung veränderte sich, es traten helle Pigmentflecken rund um die Augen, an der Nase und am ganzen Bauch auf. Im Bereich dieser Pigmentflecken ist die Haut jetzt noch empfindlicher, jede noch so kleine Hautabschürfung führt zu Fellverlust mit Hautausschlag und hat eine verzögerte Wundheilung zur Folge. Der Magen-Darm wurde sehr empfindlich, so dass eine Ernährungsumstellung notwendig war.

Die möglichen Krankheitssymptome bei diesen Hunden sind Immunschwäche*, eine weniger hohe Lebenserwartung*, Leber- oder Nierenversagen* und vor allem Fellverlust und/oder Hautekzeme (CDA). Die Auswirkungen für die betroffenen Hunde sind teilweise extrem. Die Immunschwäche z. B. äußert sich dahin gehend, dass der betroffene Hund übermäßig anfällig für Infektionskrankheiten jeder Art ist und eigentlich harmlose Infekte einen unnatürlich heftigen Verlauf nehmen. Auch Allergien sowie Hautprobleme, Probleme mit der Fellqualität, Haarausfall (Alopezie), Ekzeme und schlecht verheilende Wunden gehören bei diesen Hunden häufig zum Alltag.

Die einzelnen Krankheitsbilder haben meistens auch Auswirkungen auf das Verhalten dieser Hunde, ihre Konzentration und die gesamte Lebensqualität. Für einen Hund, bei dem sich Symptome zeigen, ist ein „normales“ Hundeleben nicht möglich!

Das Dilution-Gen kommt in zwei Ausprägungen vor, den sogenannten Allelen. Die ursprüngliche Form („Wildtyp-Form“) wird mit „D“ bezeichnet, die mutierte, also „defekte“ Form mit „d“. Jeder Hund besitzt zwei Allele dieses Gens, wobei ein Allel vom Vater, das andere Allel von der Mutter vererbt wird. Mittlerweile kann durch einen Bluttest sicher bestimmt werden, ob ein Hund ursprüngliche oder defekte Allele des Dilution-Gens trägt. Ein Hund mit dem Testergebnis „D/D“ hat zwei ursprüngliche Allele des Gens. Dieser Hund wird keine aufgehellte Fellfarbe, also z.B. „Silber“ oder „Blau“ zeigen. Ist das Ergebnis „D/d“, hat der Hund von einem Elternteil das ursprüngliche und vom anderen Elternteil das defekte Allel des Gens vererbt bekommen. Dieser Hund ist ein Dilutionsträger. Da das ursprüngliche Allel des Gens (D) dominant gegenüber dem defekten Allel (d) ist, wird er selber nicht die verdünnte Fellfarbe wie z. B. „Silber“ oder „Blau“ zeigen, aber er kann sie mit einer Wahrscheinlichkeit von 50 % an seine Nachkommen weiter vererben. Wird dieser Hund also z. B. mit einem anderen Hund, der ebenfalls Träger ist, verpaart, so können statistisch berechnet 25 % der Nachkommen die verdünnte Fellfarbe wie z. B. „Silber“ oder „Blau“ zeigen. Ein Test auf die Ausprägung „d/d“ ist eigentlich überflüssig, denn dieser Hund zeigt auf jeden Fall die verdünnte Fellfarbe wie z. B. „Silber“ oder „Blau“, er hat von beiden Elternteilen ein defektes Allel des Dilution-Gens vererbt bekommen. Allerdings zeigen nicht alle Farbschläge eine deutliche Ausprägung, gerade bei den hellen Farben (helles gelb, cremefarben) ist nicht immer deutlich erkennbar, ob ein Hund von der Farbverdünnung betroffen ist oder nicht.

Verpaarung:

D/D (nicht betroffen von der Farbverdünnung)

D/d (Träger des Dilution-Gens)

D/d (Träger des Dilution-Gens)

Eltern: D/D x D/D

Nachkommen: 100 Prozent D/D

Eltern: D/D x D/d

Nachkommen: 50 % D/D, 50% D/d

Eltern: D/D x d/d

Nachkommen: 100 % D/d

Eltern: D/d x D/d

Nachkommen: 25 % D/D, 50 % D/d, 25 % d/d

Eltern: D/d x d/d

Nachkommen: 50 % D/d, 50 % d/d

Eltern: d/d x d/d

Nachkommen: 100 % d/d

Das Dilution-Gen kommt bei vielen weiteren Rassen vor, z.B. auch beim Deutschen Dobermann, hier wird die durch das Dilution-Gen verursachte Erkrankung „blue-doberman-syndrom“ genannt. Beim Dobermann ist die Zucht mit der Farbe „Blau“ verboten und fällt sogar unter das Qualzuchtverbot (§11b Tierschutzgesetz). Meiner Meinung nach sollte dieses Verbot für alle Rassen gelten, denn für die betroffenen Hunde ist das Leben oftmals eine Quälerei! Da es sich beim Dilution-Gen um einen autosomal-rezessiven Erbgang handelt, müssen immer zwei defekte Allele vorliegen, um eine verdünnte Fellfarbe hervorzubringen. Ein seriöser Züchter achtet daher darauf, keine Verpaarungen vorzunehmen, bei denen Hunde mit verdünnter Fellfarbe entstehen können (keine Verpaarung: D/d x D/d, D/d x d/d, d/d x d/d). Da dies also bereits bei der Verpaarung zweier Träger erfolgt, ist ein Gentest zur Bestimmung des Dilution-Gens vor einem Zuchteinsatz unabdingbar, auch wenn der Hund selbst keine verdünnte Fellfarbe aufweist.

Nun ist es jedoch so, dass nicht alle Hunde mit verdünnter Fellfarbe an der Krankheit CDA erkranken. Und nicht nur einzelne Hunde einer Rasse, selbst ganze Rassen sind teilweise nicht betroffen, wie z.B. der Weimaraner, dessen Rassemerkmal ja das verdünnte Braun ist. Warum beim Weimaraner die Verdünnung keine negativen Konsequenzen zu haben scheint, ist noch nicht genau geklärt. Vermutlich liegt es daran, dass bei dieser Rasse diejenigen Gene fehlen, die in Interaktion mit dem Dilution-Gen zu der Farbmutantenalopezie führen. An der Universität in Bern forscht das Team um Prof. Dr. Tosso Leeb bezüglich der Krankheit CDA. Um weitere an der Entstehung der Krankheit beteiligte Gene zu identifizieren, sind weitere Forschungen notwendig. Hierzu werden Blut- und Fellproben von CDA betroffenen Hunden gesucht, sowie Blutproben nicht betroffener Hunde mit verdünnter Fellfarbe, welche älter als 2 Jahre sind. Wenn Sie die Forschung unterstützen wollen, finden Sie hier weitere Informationen.

Kriterien für CDA-betroffene Hunde: 
• Fellfarbe: “dilute”, d. h. z. B. blau, isabell, silbergrau 
• Kein Juckreiz beim ersten Auftreten des Haarverlusts 
• Gegebenenfalls sekundäre Symptome wie Entzündung (Pyodermie), übermäßige Schuppenbildung 
• Deutlich sichtbarer Haarverlust an den typischen stellen für CDA (Beginn oft auf der Rückseite der Ohren, Flanken, kaudale Partien der Gliedmaßen)

Begriffserklärung: 
Dilution = Farbverdünnung 
Alopezie = Haarausfall 
CDA = Color Dilution Alopecia 
FCI = Fédération Cynologique International 
Qualzucht = Duldung oder Förderung von Merkmalen, die mit Schmerzen, Leiden, Schäden oder Verhaltensstörungen für Tiere verbunden sind.

 

* Diese Folgeerkrankungen sind noch nicht durch Studien erwiesen mit der CDA in direkte Verbindung gebracht worden, treten jedoch aufgrund eigener Erfahrungen bzw. Berichten von Besitzern betroffener Hunde zusätzlich zu Fell- und Hautproblemen (diesbezüglich wird ja bereits an der Uni Bern geforscht) auf. Für genauere Aussagen hierzu müssen weitere Studien und Forschungen abgewartet werden.

Ein Artikel unserer Kollegin Richarda Theobald-Hoffmann der Martin Rütter Hundeschule St. Wendel/Kaiserslautern