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DÜRFEN HUNDE KONTAKT ZU ANDEREN HUNDEN AN DER LEINE HABEN?

Diese Frage muss man erst einmal mit „ja“ beantworten. „Wie jetzt?“, werden sich die meisten Hundehalter fragen! Das habe ich in der Hundeschule doch ganz anders gelernt… 

Stimmt, aber wie sehr häufig, gibt es in Bezug auf die Erziehung des Hundes keine eindeutige Antwort. Sowohl „ja“ als auch „nein“ sind auf diese Frage richtig!

Dürften Hunde an der Leine keinen Kontakt zu anderen Hunden haben, wäre das Leben für alle Mehrhundehalter ziemlich schwierig. Wie sollte man dann mit den Hunden gemeinsam spazieren gehen, wenn diese keinen Kontakt an der Leine haben dürften? Mit zwei Hunden mag das ja noch einigermaßen funktionieren, wenn man jeden Hund auf einer Seite führt. Mit drei oder mehr Hunden wäre diese Regel aber einfach unmöglich zu erfüllen! Und natürlich spricht eben auch nichts dagegen, dass Hunde, die sich gut kennen und verstehen, die zusammenleben und eine Gemeinschaft bilden, auch an der Leine Kontakt haben. Allerdings sollte sich dieser Kontakt auch eher auf ein ruhiges Beschnüffeln beschränken, denn wer kann schon an einer kurzen Leine wild miteinander toben? Das gibt schnell Leinensalat und wird dann sowohl für die Hunde als auch für den Menschen, der die Leinen hält, schmerzhaft.

Wie sieht das nun aber mit Kontakt an der Leine zu fremden Hunden aus? Hunde, die sich nicht kennen, müssen sich erst einmal „beschnuppern“. Dazu laufen die Hunde in einem leichten Bogen umeinander und checken durch Analwittern den Geruch des Gegenübers ab. Dies ist an der Leine kaum möglich, ohne dass die Leinen sich ineinander verheddern.

Fühlt sich ein Hund beim ersten Kontakt mit dem fremden Hund bedrängt, kann er zudem an der Leine nicht ausweichen. Wäre er freilaufend, würde er sich nun vielleicht schnüffelnd entfernen oder aber ein Rennspiel zur Ablenkung starten. Da dies nicht möglich ist, geht der Hund häufig zu drohendem Verhalten über. Er zeigt dem fremden Hund z.B. durch Fixieren, steif werden und knurren, dass er auf die Einhaltung seiner Individualdistanz besteht. Sind nun aber beide Hunde an der Leine, kann der fremde Hund auf die Drohung des Hundes nun aber ebenfalls nicht ausweichen. So beginnt ein Teufelskreis, die gerade noch friedliche Begegnung ist auf einmal zu einer lautstarken Auseinandersetzung der beiden Hunde geworden.

Andere Hunde zeigen bei Unwohlsein durch einen Hundekontakt an der Leine kein aggressives Verhalten, sie lassen das Beschnüffeln durch den anderen Hund vielmehr fast komplett erstarrt über sich ergehen. Hier ist es die Pflicht des Menschen, seinem unsicheren Hund beizustehen und einzugreifen! Der Hund ist schließlich nicht freiwillig an der Leine, sondern weil der Mensch ihn dazu „gezwungen“ hat. Kein Hund im natürlichen Rudel nimmt einen anderen Hund an die Leine und hindert diesen daran, sich frei zu bewegen. Sicherlich kann ein frecher, dynamischer Lauf eines Jungspundes auch einmal vom Althund gestoppt werden. Möchte sich ein Hund jedoch zurückziehen, wird ihn kein Rudelmitglied daran hindern! Wer seinen Hund daher an die Leine nimmt, muss Verantwortung für den Hund übernehmen. Der Mensch muss lernen, die Körpersprache des Hundes zu lesen. Fühlt der Hund sich unwohl, indem er z.B. die Rute einzieht, einen Rundrücken macht oder Anzeichen von Stress wie z.B. hecheln, gähnen, sich kratzen, etc. zeigt, muss der Mensch den Hund aus der Situation herausholen. Wird der angeleinte Hund z.B. auf dem Spaziergang von einem frei laufenden Hund bedrängt, sollte sich der Mensch zwischen die beiden Hunde stellen und den frei laufenden Hund energisch wegschicken. Nicht immer ist das möglich, dann hilft manchmal auch eine Handvoll Leckerlis, die auf den Boden gestreut werden. Solange der andere Hund nun die Leckerlis sucht und frisst, kann man sich mit seinem Hund langsam aus der Situation entfernen.

Hier gilt wieder einmal mehr, dass Hundehalter untereinander Rücksicht nehmen sollten! Uns alle vereint die Liebe zu unseren Hunden, jeder einzelne möchte sein Hobby, das Zusammenleben mit Hund, ohne Stress und auf die individuellen Bedürfnisse abgestimmt, ausleben können. Daher sollte es selbstverständlich sein, bei der Begegnung mit anderen Hundehaltern auf dem Spaziergang den eigenen Hund erst einmal zu sich zu rufen und entweder frei bei Fuß zu führen (falls der Hund das Signal auch unter Ablenkung zuverlässig ausführt!) oder den Hund anzuleinen. Und das umso mehr, wenn der entgegenkommende Mensch seinen Hund an der Leine führt. Hat man sich kurz miteinander verständigt und sind beide Parteien einverstanden, können beide Hunde gleichzeitig abgeleint werden. Dennoch muss man auch akzeptieren, dass nicht jeder Mensch seinen Hund immer ableinen will. Vielleicht ist der angeleinte Hund krank oder muss aufgrund gesundheitlicher Probleme geschont werden. Vielleicht ist die Hündin gerade läufig oder aber das Mensch-Hund-Team trainiert gerade das Laufen an der Leine. Vielleicht ist auch einfach nur gerade keine Zeit für ein wildes Tobespiel! Was auch immer der Grund ist, er sollte respektiert werden.

Und auch wenn die Enttäuschung über das verpasste Spiel für den vierbeinigen Freund groß ist, sollte man den eigenen Hund dann auch nicht „wenigstens nur mal kurz Hallo“ sagen lassen. Denn selbst wenn der andere Hund weder Angst hat noch sich bedrängt fühlt, wie soll er auf den Kontakt des anderen Hundes reagieren? Schnüffeln ist kaum möglich, ein Spiel ebenso wenig. Die meisten Menschen, die den Hund „nur mal kurz schnüffeln“ lassen wollen, möchten dem eigenen Hund eigentlich etwas Gutes tun. Doch der Hund kann sein Bedürfnis nach echtem Kontakt ja gar nicht wirklich ausleben, solange die beiden Hunde an der Leine bleiben müssen. Im Grunde genommen gibt man dem Hund damit einen Vorgeschmack auf etwas, das er nie bekommen wird! Das ist jedoch ziemlich unfair! Überlege beim nächsten Mal in dem Fall also genau, ob Du Deinem Hund die Sahnetorte vor die Nase halten willst, um ihm diese dann, gerade, nachdem das erste Sahnehäubchen aufgeschleckt wurde, wieder wegzunehmen.

In den meisten Situationen ist es daher angebracht, den Kontakt von Hunden an der Leine zu verhindern. Sollten die Hunde jedoch gemeinsam in einer Familie leben und sich gut verstehen, ist ein ruhiger Kontakt an der Leine natürlich unproblematisch. Hunde, die sich gut kennen und häufig sehen und zwischen denen ein entspanntes Verhältnis besteht, können unter Umständen auch ruhigen Kontakt an der Leine zueinander haben. Hier ist entscheidend, ob beide Hunde sich dabei wohl fühlen. Allerdings wird man eher selten zwei Hunde finden, die sich gerne mögen und nach einer Trennung, auch wenn diese nur für ein paar Stunden war, ruhig begrüßen. In der Regel wird erst einmal ein lustiges Umeinanderlaufen mit gegenseitigem Beschnüffeln gestartet, bevor dann gerannt oder getobt wird. Und am besten heißt es dazu dann: „Leinen los!“

 

(Ein Beitrag von DOGS Dozentin Andrea Buisman)