Geduld im Hundetraining
Wer mich kennt, weiß, ich habe eine schreckliche Angst vor Schlangen, ja eine regelrechte Phobie. Ich kann mir nicht einmal ein Bild von einer Schlange ansehen, kreuzt sie tatsächlich meinen Weg, bekomme ich eine Panikattacke. In diesen Situationen wünschte ich, es gäbe den Riddikulus-Zauber - Harry Potter-Fans wissen, wovon ich spreche.
Warum ich davon berichte? Ich habe eine Therapie begonnen, um mich meiner Angst zu stellen und zukünftig hoffentlich entspannter in den Wald zu gehen. Im Zug dieser Therapie habe ich mich selbst zum regelrechten Negativbeispiel einer Kundin entwickelt. Ich stelle mir Fragen wie "Warum dauert das so lange?", "Warum mache ich keine Fortschritte, ich habe doch ein bisschen geübt?", "Warum funktioniert das heute nicht, gestern ging das doch schon?" und "Wird das je besser werden?". Diese Fragen kenne ich, aber sozusagen von der anderen Seite, Kund*innen stellen sie mir nämlich, wenn das Training mit dem Hund scheinbar nicht so richtig klappt. Ich hege nun großes Mitgefühl für meine Therapeutin, die nichts dafür kann, dass ich einfach von Haus aus ein sehr ungeduldiger Mensch bin und noch dazu zu wenig übe.
Das ist meist der Kern des Problems: Unsere Ungeduld und der Glaube oder die Hoffnung, dass Verhalten durch ein paar wenige Übungen verändert werden kann. Erst vor wenigen Tagen meinte ein Neukunde: "Dieser Ansatz funktioniert nicht. Das habe ich schon EINMAL versucht." Einmal? Einmal? Einmal ist keinmal. Wenn er es 200 Mal versucht hätte, hätte ich wahrscheinlich tatsächlich an meiner Einschätzung gezweifelt. Aber einmal zählt im Training eben nicht.
Jeden Tag muss in kleinen Dosen geübt werden, damit sich auch wirklich etwas verändern kann. Kleine Dosen bedeutet, dass ich nicht einmal die Woche für eine Stunde übe, sondern besser mehrmals am Tag für kurze Zeit. Eine Übung muss dabei immer wieder wiederholt werden und die Schwierigkeit langsam gesteigert. Geübt wird außerdem nicht in der schwierigsten Situation, sondern da, wo der Hund noch mitmachen kann. Trainiere ich also Leinenführigkeit, weil mein Hund eine handfeste Leinenaggression hat, macht es keinen Sinn an Tag 1 im Garten zu üben, an Tag 2 im Park und an Tag 3 neben der Hundezone in der Erwartung, dass die Aggression an Tag 4 verschwunden ist. Erst einmal muss es im Garten perfekt (!) funktionieren, bis man sich an die nächste Schwierigkeitsstufe heranwagt.
Das Training muss ich also so gestalten, dass Erfolge verbucht werden können, dass Hund und Mensch mit einem guten Gefühl aus dem Training gehen. Außerdem darf ich auch nicht vergessen, den Blick auf die Dinge zu richten, die schon wirklich gut funktionieren. Manchmal macht es da auch Sinn, ein Tagebuch zu führen. Dann merkt man manchmal erst, wie schwierig vor nicht allzu langer Zeit noch eine Situation war, die nun schon kein Problem mehr darstellt.
In diesem Sinne: Habt Geduld mit euch und mit euren Hunden! Aber seid auch so fair und übt, was das Zeug hält. Es kann nur besser werden, vielleicht nicht morgen oder übermorgen, aber Veränderung braucht eben Zeit!
Eure Katja