Mein Hund, der Flummi
Es ist nicht nur nervig, wenn der Vierbeiner einen anspringt und dabei Pfotenabdrücke auf der Hose zurückbleiben, es kann für Kleinkinder oder ältere Menschen auch schmerzhaft werden.
Ob man Hunde nun mag oder nicht - jeder kennt sie: Hunde, die Menschen anspringen. Hundefreunde sind oft entzückt darüber und erwidern das Verhalten mit einer Begrüßung. Springen Hunde dann mal spontan an Passanten hoch, sind diese - völlig zu Recht - häufi g "not amused". Um seinem Hund das Anspringen nun abzutrainieren, muss man erst einmal die Gründe dafür klären. Lösungen sind immer leichter, wenn die Probleme an der Wurzel gepackt werden!
Ursachen und Gründe
Im Großen und Ganzen springen Hunde Menschen aus zwei Gründen an: einerseits zur Begrüßung und Beschwichtigung, andererseits aus Respektlosigkeit, die sich oft in einer Maßregelung ausdrückt. Erstere Variante klingt natürlich wesentlich sympathischer und ist es letztlich auch, wenngleich die Auswirkung ja ähnlich ist. Wer eine Feinstrumpfhose trägt oder dem dreckigen Hund nach einem Spaziergang begegnet, wird wohl kaum über eine Begrüßung begeistert sein. Ganz abgesehen von jenen Menschen, die Hunde überhaupt nicht mögen und beim Erstkontakt gleich angesprungen werden. Ursprünglich rührt dieses Verhalten vom Futterbetteln, das Wolfswelpen gegenüber adulten Wölfen zeigen, um ein Hervorwürgen von Nahrung zu initiieren. Dabei lecken sie wie wild in den Maulwinkeln ihres Gegenübers, bis Vorverdautes wieder hochkommt. Eine typisch babyhafte Geste, die in unseren Hunden erhalten geblieben ist. Natürlich erwartet kein Hund mehr ein Hervorwürgen von Nahrung beim Menschen, es handelt sich dabei einfach um ein Relikt, das - wie so viele Eigenschaften - beim Haushund einfach nicht mehr funktional ist. Übrig geblieben ist also der Versuch, an die Mundwinkel des Menschen zu kommen, und somit das Anspringen als beschwichtigende Geste, die allerdings meist viel mehr einem Hochklettern ähnelt. Im Unterschied zum korrigierenden Anspringen spürt man die Hundepfoten nicht mit voller Wucht im Bauch, sondern eher als weiche, hochkletternde Tritte, die mit beschwichtigender Mimik und Gestik, wie zurückgelegten Ohren, Lecken und einer tief wedelnden Rute, kombiniert sind.
Wie man Vierbeinern das Springen abgewöhnt
Ein maßregelndes Anspringen dient oft einer vom Hund ausgehenden Korrektur gegenüber dem Menschen. Ein typisches Kommunikationsmissverständnis ist etwa, wenn der Mensch nach Hause kommt und von seinem Vierbeiner mit Anlauf angesprungen wird. In aller Regel handelt es sich dabei um eine Korrektur aus Hundesicht und keine freundliche Begrüßung, wie die Menschen oft mutmaßen. Der Hund beschwert sich, dass sich sein Mensch unerlaubt entfernt hat. Dieses Szenario kann man mit der Energie einer wutschnaubenden Mutter vergleichen, die ihren Teenager rügt, weil er zu spät nach Hause kommt.
Häufig findet diese Art des Anspringens auch in unseren Leinenführigkeitskursen statt. Das Führen an der Leine ist ja im besten Fall viel mehr als ein Trick und hat auch mit "Verantwortung abgeben und Führung annehmen" seitens des Hundes zu tun. Trifft ein Hund aber auch sonst im Alltag die meisten Entscheidungen selbst und wird behandelt wie ein Kaiser, hat er oft Schwierigkeiten, diese Rolle abzugeben. Schon nach wenigen Richtungswechseln springen solche Hunde ihren Menschen an, klammern oder beißen gar in den Arm, um ihn zu stoppen. Doch wie gewöhnt man Hunden nun das Anspringen ab? Leicht gesagt: Indem man es ihnen am besten erst gar nicht angewöhnt. Egal ob Welpe oder erwachsener Hund - wenn gesprungen wird, entziehe ich die Aufmerksamkeit sofort. Aber Achtung: Bitte drehen Sie sich dabei nicht weg! Sich beim Anspringen des Hundes zur Seite zu drehen, ist einer der größten Irrtümer der Hundeerziehung überhaupt! Allgemein ist bekannt, dass ein Abwenden des Körpers aus Hundesicht eine beschwichtigende Geste darstellt. Pöbelt mein Hund mich nun an, weil er zum Beispiel unbedingt an den Ball in meiner Hand möchte und ich drehe mich zur Seite, lernt er damit, dass ich klein beigebe, und wird es immer wieder tun. Daher rate ich immer dazu, im Moment des Sprungs einen Schritt auf den Hund zuzugehen, um ihm die eigene gewünschte Individualdistanz deutlich zu machen und ihn ein wenig "aus dem Konzept" zu bringen. Natürlich sollen Sie Ihren Hund nicht mit dem Knie kicken oder gewaltvoll werden, es geht lediglich darum, das richtige Timing zu haben, um den Hund auch im richtigen Moment zu beeindrucken. Wenn Sie einen für den Hund interessanten Gegenstand in der Hand halten, dann behalten Sie diesen auch an der Position vor Ihrem Körper. Ein Wegziehen würde Sie einen für den Hund interessanten Gegenstand in der Hand halten, dann behalten Sie diesen auch an der Position vor Ihrem Körper. Ein Wegziehen würde dem Hund Ihre Unsicherheit zeigen. Nutzen Sie auch hier die feinen Kommunikationswerkzeuge der Hunde und drohfixieren Sie ihn mit Ihren Augen in dem Moment seines Sprungs. Wendet er sich dann ab, nehmen Sie die Spannung natürlich sofort wieder heraus. Eine etwas andere Rolle spielen Fremde, die nicht immer richtig auf das Verhalten reagieren können es eigentlich auch nicht müssen, schließlich ist der Hundehalter in der Verantwortung für seinen vierbeinigen Begleiter. Hier gibt es eine einzig richtige Lösung: gute Impulskontrolle trainieren und der Aufbau eines Alternativverhaltens. Viele Hunde tun sich schwer abzuwarten oder auszuhalten, nicht sofort begrüßen oder auch abchecken zu dürfen, vor allem dann, wenn Hunde das Gefühl haben, sie müssten auf ihren Menschen aufpassen. Hier trainiert man ein festes Sitz- oder Platz-Signal, kombiniert mit einem Bleib-Signal - erst mal ohne besondere Ablenkung.
Warten und Widerstehen muss belohnt werden
Sukzessive kommen Reize hinzu, bis der Hund aushält, dass der Mensch gegenüber ihn sogar selbst begrüßt und er ruhig abwartet. Der Gag bei diesen Übungen ist immer, den Hund für das Warten und Widerstehen des Reizes mit einem Leckerchen zu belohnen und ihm dann weiter "Bleib" zu sagen. Viel zu oft muss der Hund zu lange aushalten und "platzt" dann förmlich vor innerem Druck und Neugierde. Deshalb: viel Ruhe reinbringen und das Warten und Aushalten bei jeder Gelegenheit üben und verstärken. Egal ob das Anspringen nun maßregelnd oder freundlich gemeint ist: In jedem Fall handelt es sich um eine (un)bewusst anerzogene Respektlosigkeit. Hunde begrüßen einander (zumindest im freundlichen Kontext) meist nicht so körperlich. Der Mensch aber kann oft den Kulleraugen des Welpen nicht widerstehen und streichelt ihn, wenn er so freundlich hochklettert und Kontakt aufnimmt. Da beginnt aber das Schlamassel bereits. Lernt der Hund, dass es für ein Verhalten Aufmerksamkeit oder gar Leckerlis gibt, wird er dieses nach dem Prinzip der positiven Verstärkung immer wieder zeigen, schließlich lohnt es sich für ihn. Richtig wäre also, bereits beim Welpen den Sozialkontakt sofort abzubrechen und ihn erst weiter zu streicheln, wenn er wieder mit allen Vieren auf dem Boden ist.
Hier geht's zum Angebot "Körpersprache & Kommunikation richtig verstehen" bei der Martin Rütter Hundeschule Wien.