DOGS Rassekunde
„Nein, da ist kein Pudel mit drin“, musste so manches Herrchen und Frauchen eines Lagotto Romagnolo bestimmt schon einige Male erklären. Durch das dichte, gelockte Haar des Lagotto neigen Menschen, die die Rasse nicht kennen, eben manchmal dazu, ihn in die Kategorie „Pudel-Mix“ einzusortieren.
Tatsächlich haben beide Rassen eine gemeinsame Vergangenheit als Wasserhunde. Beheimatet ist der Lagotto ursprünglich in Norditalien, wo er ab der frühen Neuzeit ein Gefährte der Fischer war und in den Lagunen um Ravenna und den sumpfigen Talgründen von Comacchio beim Auslegen und Einholen der Netze sowie bei der Jagd auf Blesshühner half. Stundenlang schwammen die ausdauernden und robusten Hunde im Wasser, um die Vögel zu fangen und zu apportieren. Zusätzlich bewachten sie Haus und Boot der Fischer. Mit der Zeit ging die ursprüngliche Fischerei mehr und mehr zurück, andere Techniken wurden betrieben, die Sümpfe schließlich Ende des 19. Jahrhunderts trockengelegt und in Ackerland umgewandelt. Die Trüffeljagd gewann an Bedeutung und die hervorragende Nase des Lagotto half nun dabei, die Händler zuverlässig zu dem teuren Pilz zu führen. Durch genetische Auslese war man darauf bedacht, die jagdliche Motivation des Lagotto kontinuierlich zu reduzieren. Denn bei der Trüffelsuche sollte er nicht zu sehr durch den Wildgeruch von der Arbeit abgelenkt sein. Trüffel wachsen unter der Erde, für uns Menschen also nicht erkennbar. Nur der Geruch verrät ihre Anwesenheit. Und genau auf diesen ist der Lagotto spezialisiert. Da hierzu die Arbeitseigenschaften im Vordergrund standen, wurden immer wieder Rassen mit besonders feiner Nase eingekreuzt - beispielsweise Bracken, Setter, Spinone, Pointer oder Pudel. Obwohl die Vorfahren der heutigen Rasse schon sehr lange bekannt sind, begann erst in den 1970er Jahren die gezielte Reinzucht. Dabei bemühte man sich um die Rekonstruktion des alten, ursprünglichen Lagotto-Typs. 1995 wurde die Rasse durch die FCI provisorisch und 2005 schließlich offiziell anerkannt. In Italien wird der Lagotto Romagnolo noch immer als Trüffelsuchhund eingesetzt.
Hündinnen werden 41 bis 46 cm, Rüden 43 bis 48 cm groß. Das Gewicht liegt bei Hündinnen bei 11 bis 14 kg und bei Rüden bei 13 bis 16 kg. Der Körperbau ist quadratisch. Das Fell des Lagotto Romagnolo hat eine wollige Struktur, ist an der Oberfläche etwas rau, bildet enge Locken, mit sichtbarer Unterwolle. Die Locken sollen gleichmäßig verteilt sein - ausgenommen am Kopf. Passend zum ursprünglichen Einsatzbereich sind Deckhaar und Unterwolle wasserundurchlässig. Das Haar sollte mindestens einmal im Jahr, aber nicht zu kurz (Richtwert 4 cm), geschoren werden, da es sonst zur Verfilzung neigt. Farblich sind offiziell viele Varianten erlaubt: Einfarbig schmutzig-weiß, schmutzig-weiß mit braunen oder orangefarbenen Flecken, einfarbig braun in verschiedenen Abstufungen, einfarbig orangefarben oder braun geschimmelt, braune bis dunkelbraune Masken sind zulässig. Der Lagotto haart nicht. Daher wird er oft als „Allergikerhund“ angepriesen. Es ist aber zu beachten, dass Allergiker eigentlich nicht auf das Fell, sondern auf spezielle Eiweiße in Speichel, Hautschuppen oder Urin bestimmter Tierarten reagieren.
Der Arbeitshund im Lagotto Romagnolo ist immer noch wach und aktiv. Er braucht auch als Familienhund unbedingt Aufgaben, die ihn entsprechend seiner rassetypischen Motivationen auslasten und fordern. Ansonsten kann das mittelgroße Energiebündel gerade in jungen Jahren auch mal über Tische und Bänke gehen. Er ist aber absolut interessiert daran, mit seinen Menschen zusammen zu arbeiten. Das macht ihn zu einem Hund, der auch für gut informierte und motivierte Hundeerstbesitzer geeignet ist. Der Lagotto braucht Regeln und Strukturen im Alltag, die ihm vermitteln, dass er keine territoriale Verantwortung übernehmen muss - das würde er aufgrund seiner früheren Wachaufgaben nämlich häufig gerne. Außerdem liebt er natürlich sämtliche Beschäftigungsformen, bei denen er seine hervorragende Nase einsetzen kann: Beispielsweise Fährtentraining, Mantrailing oder Suche nach kleinen Gegenständen. Aber auch beim Revieren, Hoopers oder Distanztraining kommt der Lagotto so richtig in Fahrt. Ein Mix aus dynamischen und ruhigen Beschäftigungen ist für den vielseitigen Hund optimal.
Gesundheitlich ist zu beachten, dass die Rasse von erblich bedingter, juveniler Epilepsie betroffen ist. Die epileptischen Symptome treten im Alter von 5 bis 9 Wochen auf, zeigen sich durch ein Zittern des ganzen Körpers, das manchmal mit kurzem Bewusstseinsverlust verbunden ist. Die Epilepsie verschwindet spontan zwischen der 8. und 13. Lebenswoche. Das ist zwar erleichternd, aber von Züchtern sollte unbedingt die Lebensqualität der Welpen bedacht werden. Durch rechtzeitiges Testen der Elterntiere kann die Geburt von Welpen mit unangenehmen epileptischen Krampfanfällen in jungem Alter verhindert werden.
Artikel meiner Kollegin Heike Kleinhans (<link bielefeld-guetersloh _blank>DOGS Hundeschule Bielefeld/Gütersloh)