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„Ich freue mich jede Woche auf Montag.“

Conny Sporrer leitet seit 2013 ihre eigene Martin Rütter Hundeschule in Wien und ist mittlerweile selbst Dozentin für die Ausbildung von Martin Rütter. Neben ihrem normalen Tagesablauf als Trainerin hält sie Seminare und ist Autorin diverser Fachartikel und Bücher. Hier berichtet Conny Sporrer über ihren stressigen Alltag und warum sie diesen Knochenjob so liebt. Als Hundetrainerin an 365 Tagen im Jahr bei Sonnenschein mit knuffigen Welpen knuddeln? Von wegen!

(Dieser Artikel erschien in „Partner Hund“, Ausgabe Herbst 2020.)

 

Es ist 7 Uhr. Mein Wecker klingelt und hat mich trotz der Klänge von „Morning has broken“ noch nicht zum perfekten Morgenmenschen gemacht. Auch wenn ich darin schon viel besser geworden bin. Wie in so manch anderen Dingen. Selbstdisziplin lernt man in diesem Beruf. Und wie man die Füße langfristig warmhalten kann. Und die Straßenkarte zu beherrschen wie ein Taxifahrer. Aber mehr dazu später.

Hundetrainerin mit Hund sitzt auf einem Kissen auf dem Boden

Der frühe Vogel ...

Kaffee ist die erste wichtige Mahlzeit des Tages. Dann geht’s los. 

Die ersten zwei Stunden verbringe ich jeden Morgen damit, Allfälliges an Büroarbeit zu bearbeiten – Mails und Nachrichten zu beantworten. Im entsprechenden Tempo und ehrlicherweise meist noch im Pyjama. Jetzt ist es raus. Aber auch daran arbeite ich noch!

In meinem Angestelltendasein hätte ich nie gedacht, als Selbstständige freiwillig früh aufzustehen und erst mal Büroarbeit zu machen. Ehrlich gesagt hätte ich noch nicht mal gedacht, jemals selbstständig sein zu können. Aber was muss, das muss. Und was am Abend einfach nicht mehr geht, weil der Magen knurrt und die Äuglein quasi klassisch konditioniert zufallen, sobald man sich auf die Couch setzt, bleibt nur noch dieser Plan F: Früh aufstehen und einfach anfangen. Jammern auf hohem Niveau. 

Seit einigen Jahren genieße ich den Luxus einer Bürokraft – die erste große, wichtige und richtige betriebliche Entscheidung, um meine Martin Rütter Hundeschule auf größere Beine zu stellen, damit sie auch mal selbst laufen lernt sozusagen. Diese klassische Büro- und Anfragenorganisation auszulagern, erleichtert mir und meinen Trainerinnen den Alltag natürlich ungemein. In den Anfängen mussten abends neben dem Spaghetti-Teller noch die aktuellen Mailanfragen beantwortet und Anrufer zurückgerufen werden. Das macht nun meine Bürokraft, während wir auf der Wiese stehen oder ich mich um andere wichtige Agenden kümmere. Sich nach einem anstrengenden Arbeitstag auf der Wiese noch mehrere „Eigentlich ist er ganz lieb, aber...“-Geschichten seriös anzuhören, ist für mich manchmal fast schon ein übermenschlicher Kraftakt. Ich bewundere alle Kolleginnen und Kollegen, die das immer noch so selbstorganisiert durchziehen. Ich finde aber durchaus, dass man sich Unterstützung holen darf, wenn man sie braucht. 

Nach meinem Büromorgen versuche ich, so gut es geht täglich, meiner eigenen Hündin Semmerl noch ein bisschen Spaß zu bieten – nicht zuletzt, um ein gutes Gewissen zu haben, dass mein Hund ausgepowert ist. Also 30 Minuten Halligalli: Apportieren, Dummysuchen, Training der Grundsignale. Alles bis kurz vor Erschöpfung. Eine Kombination aus geistiger und körperlicher Beschäftigung ist – versprochen – tausendmal effektiver als jeder einstündige Spaziergang.

Seitlich schauende Hundetrainerin blickt zum Hund, der gegenüber sitzt

Von Ausreden und Sonnengrüßen.

Und dann geht’s meist auch schon zum ersten Termin. Semmerl wartet geduldig. Sie darf zwischendurch auch mal der Testhund sein, in den meisten Fällen chillt sie aber völlig relaxed vor sich hin (oh nein, das war nicht immer so).

Meine Kundin begrüßt mich heute ausnahmsweise vor ihrem Appenzellerrüden „Balou“. Und zwar mit den Worten: „Wir hatten leider nicht so viel Zeit zum Trainieren…“ Ich kontere: „Das macht nix, ich finde sehr wichtig, mit einer Kundin wie dir eine gute Pensionsvorsorge zu haben“, zwinkere ihr zu und begleite sie auf die Trainingswiese, die ich übrigens erst vier Jahre nach Beginn meiner Tätigkeit als Hundetrainerin angemietet habe.

Die ersten Jahre waren wir nur mobil unterwegs – eine anstrengende­, aber durchaus aufregende Zeit. Schließlich arbeitet man so immer und ausschließlich in Echtsituationen und im realen Leben. Die Kundinnen und Kunden wissen dies bis heute zu schätzen, wenngleich ein eingezäunter Platz für viele unserer Angebote auch so einige Vorteile hat.

Zurück zu meiner Kundin. Auch wenn ich ihr Geständnis über das wenige Üben zumindest verbal verniedlicht habe – Kundinnen bzw. Kunden, die nicht konsequent trainieren, gehören für mich mit zu den energieraubendsten Bereichen in unserem Job. Ich bin von Haus aus ein ungeduldiger Mensch, der sich in Ziele gut verbeißen kann, dranbleibt und will, dass etwas weitergeht.

Wenn Kundinnen und Kunden dann Woche für Woche Ausreden finden, warum irgendwas nicht möglich war, hält sich mein Verständnis aber in Grenzen. Im Übrigen geht es so wahrscheinlich auch meinem Zahnarzt, der mir von Besuch zu Besuch die Wichtigkeit der Verwendung von Zahnseide predigt, meiner Yogalehrerin mit der Hoffnung, dass acht Sonnengrüße zu meinem Morgenritual werden, und leider auch meiner Reitlehrerin mit sämtlichen unerfüllten Übungswünschen. Und dennoch behaupte ich, noch mehr Anspruch auf Erfüllung der Trainingsaufgaben zu haben, weil es erstens aller Regel nach nicht mehr Zeit kostet, mit dem Hund auf dem Spaziergang (der ja ohnehin stattfinden muss) zu trainieren, und zweitens ja auch die Verantwortung für ein zweites Lebewesen besteht, das ganz eng mit uns zusammenlebt. Und deswegen (auch uns zuliebe) durch gute Erziehung so viele Freiheiten wie möglich genießen sollte.

Nun ja, ich erkläre der Dame das Gleiche wie beim letzten Mal, wir machen die gleichen Übungen noch mal durch und ich erhebe auf charmante Art und Weise am Ende der Stunde noch mal den Zeigefinger, um ihr die Wichtigkeit des Trainings allein Balou zuliebe einzutrichtern. Dann bezahlt meine Kundin 99 Euro – wie beim letzten Mal. Nun ja, wir werden sehen, was in drei Wochen passiert, da haben wir den nächsten Termin vereinbart. Die Hoffnung, die stirbt jedenfalls zuletzt.

Qualität hat eben ihren Preis.

Nach zwei weiteren Erstterminen auf der Wiese mit vielen schönen Aha-Momenten mache ich mich auf zum Hausbesuch in die Wiener Innenstadt. Diese Aha-Momente bereiten mir übrigens immer noch regelmäßig Gänsehaut. Weil ich selbst nach Jahren und Monaten der Verzweiflung mit meinem damaligen Hund das Gefühl noch so gut kenne, endlich einen Profi gefunden zu haben, der dir wirklich sagen kann, warum dein Hund alle möglichen Verhaltensweisen zeigt und vor allem wie man diese individuell in den Griff bekommt. Grüße an die Martin Rütter Hundeschule München an dieser Stelle! Seit ich vor mittlerweile über 10 Jahren für ein Wochenendintensivtraining über 400 km gefahren bin und 370 Euro ausgegeben habe, bin ich bei Kritik über unseren Preis und die Distanz von Wien-Liesing zu uns nach Wien-Floridsdorf übrigens ein bisschen verständnislos. Bis heute weiß ich, dass ich damals, in nur ein paar Stunden, mehr über meinen Hund gelernt habe als mit jahrelangem Vereinsgedöns und dem Glauben, über Sitz, Platz und Fuß im Kreis echte Erziehung zu erzielen. Und auch Wilma Wattebausch und Leo Leinenruck konnten mich als Trainer mit ihren Schemata F leider nicht überzeugen...

Hundetrainerin steht in der Natur und gestikuliert erklärend mit den Händen

Zum dritten Mal Gänsehaut heute.

Nach dem 10-minütigen Wahnsinn durch das Wiener Einbahnstraßen-Labyrinth, fühle ich mich nach fast sieben Jahren als mobile Hundetrainerin quasi reif für den Taxischein. Man lernt so viele ungeahnte Ecken der Stadt und Umgebung kennen, dass man als lebendes Navigationsgerät fungieren könnte. Bei meiner nächsten Kundin mit Hündin Lara kontrolliere ich heute den Stand des Alleinbleiben-Trainings. Nach vielen verzweifelten Jahren und einigen verschlissenen Trainern gibt es nun endlich eine Lösung, die funktioniert. 20 Minuten klappen schon einwandfrei und werden von Woche zu Woche gesteigert. Ich bin so stolz auf meine fleißigen Kundinnen und Kunden und habe bereits das dritte Mal Gänsehaut an diesem Tag. Ihr ahnt vielleicht schon, warum dieser Job mich ein bisschen mehr erfüllt als mein alter Job, in dem ich über den Magenta-Anteil auf dem Cover eines Werbeprospekts diskutieren musste. Hausbesuch Nummer 2 führt mich zu einer Familie, bei der schon beim Klingeln klar wird, dass der Haussegen gehörig schief hängt. Vater und Mutter reden kein Wort miteinander, die Kinder werden überfordert angeschnauzt, als plötzlich ein junger Golden-Doodle-Rüde um die Ecke flitzt. „Er knabbert alles an, vor allem unsere Hände“ lässt mich die überforderte Mutter wissen. Als ich ihr am Ende der Stunde zusammenfasse, was zu trainieren wäre, bricht sie in Tränen aus. Es ist nicht das erste Mal diese Woche, dass ich einen überforderten Menschen in den Arm nehme.

Der emotional hoch besetzte Hund.

Als Hundetrainer:innen erleben wir sehr private Begegnungen: Wir kommen zu den Menschen nach Hause, in ihren Alltag und arbeiten an dem oft sehr emotional besetzten Thema Hund. Und das mehrmals täglich mit unterschiedlichsten Menschen. Man muss das schon mögen, die Gespräche mit ihnen, wissen, wie man sie motivieren kann, und auch mal entscheiden, wann klare Worte fällig sind. Und das noch viel mehr, als es bei den vierbeinigen Klienten der Fall ist. Hier trennt sich für mich in der Branche auch ganz klar die Spreu vom Weizen: Hunde verstehen zu können, gehört zum Handwerk; gute Hundetrainer:innen sind aber in erster Linie gute Menschenversteher:innen. Auch wenn es dafür manchmal ziemlich dickes Fell braucht... Langsam, aber sicher geht es nach Hause. Fünf Trainingseinheiten klingen vielleicht nach außen hin vermeintlich wenig. Mit einigen Telefonaten zwischendurch, Wegezeiten und noch einer kleinen Hunderunde kommt man da aber schnell auf gute acht Stunden unterwegs. Nicht zu vergessen die Arbeitszeit, die von heute Morgen noch angefallen ist.

Hund mit weißem Fell sitzt vor der Hundetrainerin, die kniet

Endlich Feierabend?

Zuhause angekommen entscheide ich mich, mit Semmerl noch ein wenig zu trainieren – in der Garage, draußen ist es dunkel. Sie war zwar fast den ganzen Tag an meiner Seite, aber dennoch konnte ich ihr heute noch nicht so richtig viel bieten. Also gibt es noch eine Runde Partybespaßung „Semmerl-Style“ im Neonlicht. Sie ist echt genügsam und fällt zuhause glücklich in ihr Bett. Futter gab es selbstverständlich im Zuge der Beschäftigung schon – quasi erjagt wie damals schon von Isegrim. Als ich Gemüse für das Abendessen schnipple, ist es noch verhältnismäßig früh für den bzw. die durchschnittliche Hundetrainer:in – 19:30 Uhr. Daher gönne ich mir ein bisschen was Gesünderes und koche. An langen vollen Tagen reicht die Energie aber gerade noch dafür aus, die Nummer vom Pizzaservice zu wählen, das soll hier nicht verschwiegen werden. Während das Gemüse im Ofen brutzelt, checke ich nochmal ein PDF mit einem Artikel über den perfekten Rückruf, das mir ein Zeitschriftenverlag mit der Bitte um dringende Freigabe heute Nachmittag geschickt hat. Seit einigen Jahren schon habe ich mich dem Schreiben verschrieben. Ich mag es einfach, nicht nur „dienstzuleisten“, sondern auch physische Ergebnisse in der Hand zu halten. Also habe ich irgendwann mal (eher schlecht als recht) damit begonnen, zu schreiben, und die Redaktionen zugespammt, bis ich ihre Aufmerksamkeit bekommen habe. Lästig sein kann ich. Ich liebe das Schreiben immer mehr, weil man damit einfach so schön Spuren hinterlassen kann. Auch genau dieser Artikel flutscht mir gerade so aus den Fingern und ich hoffe, damit vor allem einen sehr realistischen Eindruck in den Alltag als Hundetrainerin geben zu können. Und zwar fernab der malerischen Vorstellung, bei 365 Tagen Sonnenschein auf grünen Wiesen mit knuffigen Welpen kuscheln zu können.

Ein wunderschöner Knochenjob.

Ganz im Ernst: Das ist ein Knochenjob. Er macht an so vielen Stellen aber so zufrieden, dass alle negativen Aspekte total verschwimmen. Wenn man Hund und Mensch einander wieder so annähern kann, dass sie sich verstehen und miteinander viel entspannter leben, fühlt man sich wie ein bzw. eine Superheld:in. Und wird manchmal auch ein bisschen wie einer bzw. eine behandelt. Das fühlt sich ja auch mal ganz gut an. Ich liebe diesen Job aber auch, weil man mit der richtigen Expertise so viel mehr sein kann als nur „die Hundetante“ auf der Wiese. Mittlerweile habe ich durch Neugierde, Fleiß und um der Gefahr zu entlaufen, dass mir einmal langweilig werden könnte, auch viele andere Projekte realisiert, die meinen Berufsalltag noch spannender machen. Dazu zählen unter anderem das Schreiben eigener Bücher, regelmäßige TV- und Radioauftritte, Dozierendentätigkeiten und viele, viele Vorträge. Dass ich diesen Job liebe, erkenne ich aber vor allem daran, dass ich mich jede Woche aufs Neue auf Montag freue. Und das nicht etwa, weil es mein freier Tag ist, nachdem am Wochenende durchgearbeitet wurde. Nein. Montag hat für mich immer den Zauber des Anfangs einer neuen spannenden Woche. Niemand weiß, was genau passieren wird, außer das eine: Ein paar Menschen und Hunde werden einander besser verstehen, in allen Facetten ihres Zusammenlebens. Und das allein reicht ja, um täglich gern früh aufzustehen, oder etwa nicht?

Hundetrainerin steht in der Öffentlichkeit und spricht etwas ins Mikrofon

Hundetrainer:in werden

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Wie erfüllend das Leben als Hundetrainer:in sein kann, zeigt das Beispiel von Conny. Wenn auch du einen sehr belohnenden „Knochenjob“ ergreifen möchtest, sind wir gern für dich da.

Martin-Rütter-Akademie-Logo in weiß
Menschen befinden sich in einer Klasse
Sitzender Hund mit hellbraunem Fell schaut interessiert zur Seite