Mit Hund und Pferd unterwegs
Welcher Reiter träumt nicht von einem entspannten Ausritt mit seinem Hund, ganz im Einklang mit Tier und Natur? Wer sich diesen Traum erfüllen möchte, sollte nicht unbedarft an die Sache herangehen, sondern einige Dinge beachten, um ein harmonisches Miteinander zwischen Hund, Pferd und Mensch zu erzielen. Welche Grundsätze man berücksichtigen sollte und wie Du Deinen Vierbeiner zum idealen Reitbegleithund machst, erfährst Du hier.
Hunde und Pferde verstehen sich nicht. Dies ist nicht im übertragenen Sinne gemeint, sondern bezieht sich auf die Kommunikation und die unterschiedlichen Instinkte der beiden Vierbeiner. Von Natur aus ist das Pferd ein Fluchttier, das erst einmal instinktiv vor Angreifern und Raubtieren flüchtet. Der Hund als Jäger und Beutegreifer ist damit eigentlich automatisch ein Feind. Daher muss man im ersten Schritt vor allem sein Pferd an Hunde gewöhnen und eine gewisse Gelassenheit trainieren. Dies sollte nicht direkt mit dem Hund passieren, sondern auf vielen verschiedenen Wegen, um das Pferd möglichst umweltsicher zu machen und auf alle möglichen Reize zu desensibilisieren. Gelassenheitstraining sollte zunächst auf dem Reitplatz stattfinden. Plastikplanen, raschelnde Müllsäcke, Luftballons, wehende Fahnen, aber auch verschiedene Bodenuntergründe sollen das Pferd an möglichst viele Situationen gewöhnen, die einem beim Reiten auch im Alltag begegnen können. Am besten eignet sich dafür zunächst Bodenarbeit, also das Pferd an der Hand behutsam an die verschiedenen Stationen heranzuführen und ihm mit dem richtigen Fingerspitzengefühl, mit Geduld und Empathie Sicherheit für diese Außenreize zu vermitteln. Zug um Zug sollte man ein solches Training nach draußen verlegen und später auch auf dem Pferderücken absolvieren. Erst wer ein wirklich gelassenes Pferd hat, sollte seinen Hund mit einbinden. Haben Pferde einmal gelernt, dass sich Dinge manchmal schnell bewegen oder ungewöhnliche Laute von sich geben, werden sie sich auch einfacher an Hunde gewöhnen, die ja ähnlich agieren können. Natürlich sollte auch ein entspanntes Führen des Pferdes möglich und das Reiten zur Routine geworden sein. Wer sich dabei noch nicht sicher fühlt, tut gut daran, erst seine Reitkenntnisse zu verbessern, um allen beteiligten Vierbeinern die nötige Sicherheit geben zu können.
DER REITBEGLEITHUND
Der Fokus in diesem Beitrag soll aber vor allem auf dem Training und der Gewöhnung des Hundes an ein Pferd liegen. Auch hier gilt vor allem: Die Voraussetzung für einen Reitbegleithund ist eine gewisse Sozialisierung. Das heißt nicht nur, dass Hunde mit Menschen und Artgenossen sozial verträglich, sondern auch gut an ihre Umwelt gewöhnt sein sollten. Hast Du z. B. einen Hund, der sehr ängstlich ist und schnell erschrickt, solltest Du im ersten Schritt ohne Pferd an seiner Umweltsicherheit arbeiten. Aber nicht nur eine gewisse Sicherheit des Hundes, auch seine Grunderziehung ist ausschlaggebend. Hat Dein Hund beispielsweise nie gelernt, länger an einer Stelle zu warten, ist respektlos zu Menschen, zieht an der Leine oder kommt nicht zurück, wenn Du ihn rufst, musst Du leider zuerst ohne Pferd mit dem Training starten. Alles, was Du später vom Pferd aus vom Hund verlangst, sollte einwandfrei auch am Boden ohne Pferd funktionieren. Das hat damit zu tun, dass Du später noch mehr Distanz zu Deinem Hund und damit auch weniger Einfluss auf ihn hast – und das ist ihm auch schnell bewusst ...
DIE ERSTEN SCHRITTE
Stimmen alle Grundvoraussetzungen, geht es direkt ans Training. Allerdings auch noch lange nicht vom Pferderücken aus. Erst einmal, und das gehört schließlich dazu, sollte der Hund lernen, entspannt zu warten, während das Pferd vorbereitet und geputzt wird. Dafür ist es hilfreich, seinem Hund beizubringen, auf einer Decke zu bleiben, die Du dann auch im Stall immer dabeihast. Trainiere in kleinen Schritten z. B. „Platz“ und „Bleib“ auf dieser Decke und belohne ihn schon, wenn er wenige Sekunden ausgehalten hat, darauf zu bleiben, ohne aufzustehen. Komme zu ihm zurück und belohne ihn mit einem Leckerli fürs „Geblieben-Sein“. Danach erfolgt wieder das Kommando „Bleib“, und Du gehst z. B. zur Putzbox und nimmst eine Bürste heraus – auch danach wird der Hund auf der Decke belohnt. Wichtig: Gutes Training ist immer so aufgebaut, dass keine Fehler passieren. Wähle also lieber kleine Schritte, sodass der Hund nicht aufsteht und dann wieder von Dir hingelegt werden muss. Anfangs kann übrigens eine Leine zur Sicherung hilfreich sein. Später sollte es zum normalen Ritual werden, den Hund auf der Decke abzulegen, während er entspannt abwartet, bis es mit dem Ritt losgeht. Achte immer darauf, dass der Hund in ausreichendem Abstand zum Pferd abgelegt wird! Erschreckt sich das Pferd aus irgendeinem Grund und springt schnell zur Seite, könnte es den Hund treffen und ihn dadurch lebenslänglich traumatisieren.
Klappen die Vorbereitungsmaßnahmen, geht es zu Fuß weiter. Wichtig dabei ist es, am Anfang einen Helfer dabeizuhaben, der das Pferd führt, damit Du Dich im ersten Schritt auf den Hund konzentrieren kannst. In puncto Ausstattung ist es wichtig, den Hund an einer ca. 3 m langen Leine zu führen, diese Länge benötigst Du später auch vom Pferd aus. Sicherheitshalber sollte der Hund ein Brustgeschirr tragen, damit ein unkontrolliertes „Indie-Leine-Schießen“ nicht automatisch zu gesundheitlichen Schäden führt. Nur wenn der Hund wirklich sauber und gut an der Leine gehen kann, ist ein breites Halsband in Ordnung. Darüber hinaus solltest Du eine Bauch- oder Jackentasche, befüllt mit Leckerlis bei Dir haben, um schnell zur Belohnung greifen zu können. Dann beginnt das Führtraining: Im ersten Schritt wollen wir dem Hund beibringen, dass ein Laufen neben dem Pferd keine Gefahr für ihn bedeutet. Dabei ist es wichtig, den Individualabstand des Hundes zu respektieren, aber dennoch so zu gestalten, dass Du genügend Einfluss auf ihn hast. Bringe ihn dazu, leinenführig neben Dir zu laufen, z. B. mit Deinem gewohnten Signal „Fuß“, während sich der Helfer mit dem Pferd annähert und nebenherläuft. Ist der Hund noch etwas unsicher mit dem Pferd, macht es Sinn, dass Dein Helfer noch neben Dir geht und einen weiteren Puffer zwischen Hund und Pferd bildet. Klappt das gut, sollte der Helfer die Seite wechseln, sodass nur noch Du zwischen Pferd und Hund gehst. Funktioniert das auf geraden Strecken, kannst Du auch langsame Richtungswechsel und verschiedene Plätze ausprobieren. Das Nebenherlaufen des Hundes sollte später mit und ohne Leine funktionieren, damit Du ihn im Gelände, z. B. bei einer Begegnung mit Fußgängern, sicher bei Dir halten kannst.
Ein weiterer wichtiger Punkt ist das verlässliche Bleiben des Hundes, während man auf dem Pferd sitzt. Kommt Dir im Wald zum Beispiel ungebremst ein Mountainbiker entgegen, so ist es für Pferd und Hund entspannter, stehenzubleiben und die Situation ruhig abzuwarten. Daher solltest Du nun auch auf dem Reitplatz üben, dass sich Dein Hund an einer bestimmten Stelle setzt oder hinlegt und Du Dich daraufhin mit dem Pferd bewegen kannst, bis Du ihn mit einem Kommando wieder laufen lässt. Auch für dieses Training ist es sehr wichtig, den Hund auf der Stelle für das Warten zu belohnen und nicht erst nach dem Loslaufen. Schließlich willst Du ja das Bleiben verstärken und nicht das Laufen.
Einer der wichtigsten Punkte im Hundetraining insgesamt ist für mich die Kontrolle auf Distanz. Einem Hund an der Leine „Sitz“ zu sagen, ist meist leichter als in einigen Metern Entfernung. Daher ist es auch hier wieder unabdingbar, seinen Hund erst ohne Pferd zu lehren, auf ein bestimmtes Signal zu stoppen. Bei mir lautet es „Stopp“, und mir ist auch egal, ob der Hund daraufhin stehenbleibt oder sich setzt oder hinlegt. Würde ich immer ein Ablegen einfordern, und es ist einmal nass und matschig im Gelände, stünden die Chancen schlechter, dass er verlässlich stoppt, daher lasse ich ihm hier ausnahmsweise die Wahl. Wichtige Voraussetzung ist aber dennoch, dass der Hund auch aus dem Laufen heraus abrupt stoppen kann und sich nicht von der Stelle bewegt.
Üben kann man dies am einfachsten, indem man seinem Hund das Werfen eines Balles oder Leckerlis vortäuscht, woraufhin er sich in die Wurfrichtung bewegen sollte. Sobald er auch nur kurz stehenbleibt und auf die „Landung“ des Wurfgegenstandes wartet, rufen Sie „Stopp“, gehen zu ihm und belohnen ihn mit einem Leckerli. Diese Übung wiederholst Du mehrmals, bis der Hund das Signal mit der Handlung Stehenbleiben verknüpft hat. Dann kannst Du „Stopp“ auch einmal beim Spazierengehen sagen, z. B. wenn der Hund langsam ein paar Meter vor Dir herläuft. Irgendwann sollte das „Stopp“ so gut funktionieren, dass Du Deinem Vierbeiner tatsächlich einen Ball wirfst und er während des Laufens gestoppt werden kann. Dieses Kommando gibt Dir z. B. Sicherheit, wenn im Wald ein Reh kreuzt und Dein Hund hinterherhetzen möchte.
HOCH ZU ROSS
Nun geht es ans Reiten: Auch hier ist es am Anfang hilfreich, eine zweite Person um Hilfe zu bitten. Beim Aufsteigen gilt wieder: Bringe Deinen Hund dazu, „Sitz“oder „Platz“ zu machen, gebe ihm ein „Bleib“ und steige in Ruhe auf. Währenddessen hältst Du die Hundeleine aber locker in Deiner Hand. Am besten ist es übrigens, eine Leine ohne Schlaufe zu nutzen, damit die Verletzungsgefahr minimiert wird. Halte die Leine einfach locker in Deiner Hand, sodass sie jederzeit losgelassen werden kann. Auf keinen Fall solltest Du in die Schlaufe fassen oder die Leine gar am Sattel fixieren, das wäre lebensgefährlich. Zurück zum Aufsteigen: Dein Hund sollte so lange liegenbleiben, bis Du ihm sagst, dass er aufstehen darf. Danach führt die Hilfsperson Dein Pferd, sodass Du Dich weniger auf das Reiten, sondern mehr auf den Hund konzentrieren kannst. Versuche nun viel Kontakt zu halten und den Hund schon für die ersten Schritte neben Dir und dem Pferd zu belohnen. Du kannst das über verbales Lob tun, aber auch, indem Du Deinem Hund behutsam einen Keks zuwirfst. Das hilft die Aufmerksamkeit Dir gegenüber zu fördern. Für viele Hunde ist es nämlich ungewohnt, plötzlich so weit hinaufzublicken und den Menschen nicht mehr am Boden neben sich zu haben.
Wenn die ersten Schritte gut klappen, kann Deine menschliche Führhilfe auch schon Richtungswechsel einbauen. Du konzentrierst Dich weiterhin auf den Hund und versuchen, ihn immer zu animieren mitzukommen bzw. ihn auch zu bestätigen, wenn er alles richtig macht. Klappt dies gut, kannst Du nach mehreren Tagen Training bereits versuchen, ohne Helfer auf dem Reitplatz zu trainieren. Erst wenn Du Dich wirklich sicher fühlst, solltest Du die ersten Schritte nach draußen wagen. Auch hier bietet sich wieder an, eine Hilfsperson zur Fuß mitzunehmen.
Auch ein sauberer Rückruf sollte zu Pferd möglich sein. Beachte bitte eines: Wenn Du Deinen Hund vom Boden aus z. B. mit dem Kommando „Hier!“ rufst und er sich dann nach dem Kommen immer vor Dir absetzt, solltest Du den gleichen Ablauf auch vom Pferd aus verlangen. Manchmal ist dies im Gelände aber schwierig, da sie dann ja ebenfalls stehenbleiben müssen. Gerade wenn Du dann z. B. in einer größeren Gruppe unterwegs bist, kann das umständlich werden. Daher solltest Du überlegen, für das Heranrufen beim Reiten lieber ein neues Signal wie z. B. „Heran“ zu etablieren, was dann nur bedeutet, dass der Hund in das Umfeld Deines Pferdes kommen soll und dort z. B. einen Keks aus der Luft fangen darf.
Alles in allem ist das Reiten mit Hund gar nicht so leicht, wie es vielleicht im ersten Moment scheint, vor allem dann, wenn Du verlässlichen Einfluss auf den Hund haben möchtest. Denn wir als reitende Menschen müssen zwischen unterschiedlichen Lebewesen vermitteln und uns gleichzeitig auf zwei verschiedene Sprachen und Kommunikationsformen einlassen. Das erfordert oft sehr komplexes Denken, das auch vom Menschen geübt sein will. Hat man diese Schwierigkeiten überwunden, bestimmte Rituale aufgebaut und durch genügend Übung auch Sicherheit und Kontrolle über verschiedenste Situationen, verspreche ich Dir, dass es kaum entspanntere und schönere Momente gibt, als mit Hund und Pferd gemeinsam durch Wald, Wiese und Felder zu streifen.