Custom Preset Custom Preset Custom Preset Custom Preset
Zum Hauptinhalt

Angeleint und trotzdem happy

Mein Hund Lenny, ein Cavalier King Charles Spaniel, liebt es, durch das Gebüsch zu stöbern, um Wildspuren zu verfolgen. Kein Wunder, denn als Stöberhund ist ihm das sozusagen in die Wiege gelegt. Doch da Lenny leider taub ist, habe ich keine Möglichkeit, ihn anzusprechen, wenn er wieder einmal im Freilauf die Welt um sich herum vergisst. Er rennt mit Freude ins nächste Dornengestrüpp, aus dem ich ihn dann mühselig wieder herausholen muss, was in der Regel mit zerkratzen Händen und Unterarmen endet. Manchmal läuft er in einem kurzen unbeobachteten Moment abseits des Weges, um eine Spur zu verfolgen. Kommt er dann wieder auf den Weg zurück und sieht mich nicht direkt, kann es passieren, dass er in die falsche Richtung rennt, und das mit hohem Tempo, da er mich ja wieder einholen will. Rufen ist dann natürlich zwecklos, hinterher rennen genauso. Daher gehe ich inzwischen gar kein Risiko mehr ein und führe ihn immer an der Schleppleine, und das wird auch sein Leben lang so bleiben. Nun denken viele Menschen direkt: „Der arme Hund!“ Doch Lenny leidet weder unter Depressionen noch Aggressionen, er führt ein ganz normales, glückliches Hundeleben. 

 

Wann dein Hund an der Leine laufen sollte

  • Wenn er nicht zuverlässig rückrufbar ist (insbesondere stark jagdlich motivierte Hunde, auch zum Schutz des Wildes)
  • Wenn er taub ist und nicht mithilfe eines Vibrationshalsbandes aufmerksam auf deine Signale gemacht werden kann
  • Wenn er stark sehbehindert ist – zumindest in für deinen Hund unbekanntem Umfeld
  • In der Genesungsphase nach einer Erkrankung aufgrund Verordnung durch den Tierarzt bzw. die Tierärztin
  • Während Läufigkeit deiner Hündin, zumindest in belebten, unübersichtlichen Gebieten 
  • Während der gesetzlichen Leinenpflicht in der Brut- und Setzzeit von ca. Anfang April bis Mitte Juli
  • Bei Leinenpflicht innerhalb städtischer Gebiete
  • Nach behördlichen Auflagen aufgrund von Rassezugehörigkeit oder eines Vorfalls mit aggressivem Verhalten deines Hundes, entweder dauerhaft oder bis zum Nachweis eines Wesenstestes

 

Das schlechte Image der Leine

Viele Hundehalter:innen meinen immer noch, dass Hunde nur dann ein glückliches Leben führen können, wenn sie möglichst immer frei laufen dürfen. Kommt man mit seinem angeleinten Hund einem Menschen mit frei laufendem Hund entgegen, heißt es meist schon von weitem: „Leinen Sie ihn doch ab, meiner tut nix!“ Wird der eigene Hund dann nicht abgeleint, bekommt man – wenn der andere Hundehalter bzw. die andere Hundehalterin seinen oder ihren Hund dann mühsam eingefangen und oft an der Leine zerrend sowie laut bellend vorbeiführt – nicht selten vorwurfsvolle Kommentare zu hören. „Wenn Sie den nie frei laufen lassen, wird der nie gut sozialisiert!“ oder auch „Komm weiter, Bello, der arme Hund darf nicht spielen!“

Doch was steckt eigentlich dahinter, warum hat die Leine bei den meisten Hundehalter:innen so ein schlechtes Image? Ursache ist hierfür oft einfach die Bequemlichkeit des Menschen! Zieht ein Hund heftig an der Leine, schmerzt irgendwann der Arm und der Hund kann kaum davon abgehalten werden, entgegenkommende Menschen zu belästigen. Pöbelt der Hund an der Leine auch noch andere Hunde an, kommt schnell der Gedanke auf: „Was soll der andere jetzt denken? Das sieht ja aus, als hätte ich meinen Hund nicht im Griff.“ Da ist es einfacher, wenn der Hund frei läuft, denn solange er andere Menschen oder Hunde nicht angreift, passiert ja nichts Schlimmes. Dass ein Training der Leinenführigkeit in aller Regel mit ein wenig Fleiß schnell erlernbar ist, können sich viele Menschen nicht vorstellen. Sie haben es schließlich schon oft genug versucht, entweder, indem sie dem Hund einen Keks vor die Nase gehalten oder kräftig an der Leine geruckt haben, wenn der Hund zieht. Doch nichts davon hat wirklich geholfen, scheinbar ist der eigene Hund ein hoffnungsloser Fall. Hier fehlt dann einfach das Wissen, denn wirklich jeder Hund kann unter der richtigen Anleitung lernen, an lockerer Leine zu laufen!

 

Das Training der Leinenführigkeit

Ursachen, aus denen ein Hund an der Leine zieht

  • Territoriale Motivation: Abchecken und Markieren des Territoriums 
  • Sexuelle Motivation: Interesse am anderen Geschlecht sowie Übermarkieren der Markierungen von Konkurrenten
  • Jagdliche Motivation: Verfolgen von Spuren oder Wild
  • Soziale Motivation: Der Hund fühlt sich verantwortlich für den Menschen
  • Unsicherheit/Angst: Kein ausreichender Individualabstand möglich durch die Leine
  • Unbewusstes Verstärken durch den Menschen / noch nicht erlernt

Bei vielen Kunden und Kundinnen, die mit Problemen bzgl. der Leinenführigkeit zu mir in die Hundeschule kommen, wird schnell klar, dass der Hund einfach noch nicht verstanden, also noch nicht wirklich gelernt hat, dass er nicht an der Leine ziehen soll. Oft wurde das Ziehen vom Menschen sogar noch unbewusst verstärkt. Trifft man auf dem Spaziergang den Nachbarn mit Hundekumpel Benny, wird dem Ziehen des eigenen Hundes nachgegeben, denn schließlich muss Hasso seinen Hundefreund doch auch begrüßen. Und schon hat Hasso gelernt, dass Ziehen erfolgreich ist! Auch ein Hund, der an der Flexileine (Rollleine) geführt wird, hat gelernt, dass er ziehen muss, um an sein Ziel zukommen. Der Mensch entriegelt den Knopf und los geht’s. Doch der Hund muss dabei ständig ziehen, um die Leine gegen den Widerstand der Rollautomatik herauszuziehen. Das führt dann dazu, dass sich das Ziehen an der Leine für den Hund lohnt.

Darf der Hund dann doch einmal nicht zum anderen Hund hin, wird schnell ein Keks herausgeholt, um den Hund abzulenken. Doch das klappt oft genug nur sehr begrenzt, denn ein Training funktioniert eben nicht über Bestechung. Bestechen lässt sich ein Hund immer nur so lange, wie das Leckerli spannender für ihn ist als das ursprüngliche Interesse. Aus lauter Verzweiflung wird dann an der Leine geruckt und laut „Fuß“ gesagt, doch auch das bringt in aller Regel keinen Erfolg. Doch woran liegt das? Der Hund hat noch nicht wirklich gelernt, was das Signal „Fuß“ bedeutet. Und ihn zu bestrafen, wenn er nicht das gewünschte Verhalten zeigt, bringt nichts, wenn er gar nicht weiß, was der Mensch eigentlich von ihm erwartet. Man muss das lockere Laufen an der Leine daher in kleinen Schritten aufbauen und belohnen, damit der Hund es später auch in schwierigen Situationen umsetzen kann.

Damit dein Hund zwischen langer Leine und der Position neben dir unterscheiden kann, ist es sinnvoll die Leine vom Brustgeschirr auf das Halsband umzuhängen, wenn dein Hund neben dir gehen soll. So wird das Führen am Halsband zum Sichtzeichen bzw. taktilen Zeichen für das Signal „Fuß“. Natürlich kannst du auch ein Hörzeichen aufbauen, indem du dieses immer dann sagst, wenn dein Hund an der lockeren Leine läuft, sodass er das Verhalten mit dem Signal verknüpfen kann. Dazu muss dein Hund nun aber erst einmal lernen, was du eigentlich von ihm erwartest.

Du bringst deinem Hund im ersten Schritt bei, wo sein Platz an deiner Seite ist. Ob dein Hund auf deiner linken oder rechten Seite laufen soll, spielt dabei keine Rolle. Er kann auch das Laufen auf beiden Seiten lernen, zu Beginn solltest du dich jedoch erst einmal für eine Seite entscheiden. Führe deinen Hund nun mit Hilfe eines Futterstücks an deine gewünschte Seite und belohne ihn. Als Belohnung eignen sich weiche, kleine Futterstücke, die dein Hund schnell herunterschlucken kann. Passe die tägliche Futtermenge entsprechend an, denn zu Beginn musst du noch häufig belohnen.

Nach vielen Wiederholungen folgt nun der erste Schritt. Ja genau, wirklich nur ein Schritt, denn dieser ist die Grundlage für alle weiteren Schritte! Befindet sich dein Hund an deiner Seite, mach ihn auf dich aufmerksam. Dazu kannst du auch ein Aufmerksamkeitssignal wie z. B. „Schau“ oder „Look“ nutzen, dass du vorab aufgebaut hast. Bewege dich mit dem Fuß, der sich an der Seite deines Hundes befindet nach vorn und belohne deinen Hund sofort, wenn er dir folgt. 

Bleibt die Leine locker, kannst du zwei und dann drei, vier oder fünf Schritte machen. Wechsle dabei immer einmal die Anzahl der Schritte, damit dein Hund nie weiß, wann die Übung beendet ist und es eine Belohnung gibt. Kommt die Leine auf Spannung, musst du wieder einen Schritt im Training zurückgehen. 

Um das Training abwechslungsreich zu gestalten, übst du nun Richtungswechsel. Starte dabei mit dem Richtungswechsel von deinem Hund weg, da dieser immer einfacher für den Hund ist. Laufe erst einmal zwei bis drei Schritte geradeaus, bevor du dann mit dem Bein, das sich neben deinem Hund befindet, in die neue Richtung abbiegst. Durch die Bewegung deines Beines merkt dein Hund den Richtungswechsel sofort. Du kannst vor jedem Richtungswechsel auch dein Aufmerksamkeitssignal nutzen, sodass dein Hund vom Wechsel nicht überrascht wird. Beende den Wechsel mit zwei bis drei Schritten geradeaus und belohne deinen Hund. Den Richtungswechsel auf deinen Hund zu startest du mit dem Bein, das sich nicht direkt neben deinem Hund befindet. Würdest du mit dem anderen Bein in Richtung deines Hundes abbiegen, besteht die Gefahr, dass du in ihn hineinläufst und ihn anrempelst. Keine angenehme Erfahrung für deinen Hund an der Leine! Starte beide Richtungswechsel zunächst mit 90-Grad-Winkeln, bevor du 180-Grad-Wendungen übst.

Jetzt kannst du die Strecke immer weiter verlängern. Aber Achtung, es darf nicht langweilig für deinen Hund werden. Füge immer wieder Winkel und Wendungen ein, laufe unterschiedlich lange Strecken geradeaus und wechsle das Tempo von ganz langsam bis zum Laufschritt. Du wirst schnell merken, so macht nicht nur dir, sondern auch deinem Hund das Laufen an der Leine Spaß!

 

Spaß beim Leinenführigkeitstraining

Der Spaß darf beim Hundetraining nie zu kurz kommen. Es lernt sich so viel leichter, wenn man Freude bei einer Aufgabe hat. Betrachte daher das Leinenführigkeitstraining nicht als „notwendiges Übel“. Wenn dein Hund die Grundlagen erlernt hat, kannst du das Training unendlich spannend gestalten. Sei kreativ und denke dir immer wieder neue Varianten aus!

Varianten beim Leinenführigkeitstraining

  • Um Bäume herumlaufen, Wechsel zwischen Innen- und Außenkreis für den Hund
  • Andere Menschen / Mensch-Hund-Teams umrunden
  • An Ablenkungen vorbeilaufen (Futter, Spielzeug etc.)
  • Kleinere Hindernisse überqueren (Äste, Baumstämme)
  • Hindernisparcours (Am Boden liegende Autoreifen umrunden / durchqueren)

Dass ein Hund in bestimmten Situationen an der kurzen Leine geführt werden muss, ist für viele Menschen noch nachvollziehbar. Aber beim Spaziergang, da braucht er doch einfach seine Freiheit. Ihn jetzt wieder durch die Schleppleine einzuschränken, kann ja nicht im Sinne des Hundes sein, oder? Und ja, es stimmt, angeleint kann der Hund nicht frei entscheiden, wohin er läuft, wo er schnüffelt, welches Tempo er läuft. Selbst mit Schleppleine, die ja zumindest einen eingeschränkten Freiraum bietet, ist dieser eben doch begrenzt. Hinzukommt, dass die Kommunikation mit anderen Hunden nicht bzw. nur sehr begrenzt möglich ist. An der kurzen Leine kann der Hund nicht ausweichen, wenn ihm ein anderer Hund zu nahe kommt und an der Schleppleine ist ein Spiel nicht nur begrenzt, sondern auch gefährlich, da die Hunde in der am Boden liegenden Leine hängen bleiben könnten. Aber Sozialkontakt ist doch wichtig für Hunde und gehört zu einer artgerechten Haltung dazu. Wie kann es da artgerecht sein, wenn ein Hund nie frei laufen darf?

Ja, es stimmt, Hunde brauchen Sozialkontakt, sie brauchen die Möglichkeit, mit Artgenossen zu kommunizieren. Da können wir Menschen uns noch so anstrengen, die Hundesprache zu erlernen, wir werden einfach immer nur ein „schlechter Ersatz“ bleiben. Dennoch braucht dein Hund eben nicht Kontakt zu JEDEM Artgenossen, den du auf dem Spaziergang triffst. Das gilt übrigens genauso für Hunde, die frei laufen gelassen werden können! Viel sinnvoller ist der Kontakt zu zwei oder drei Hunden, mit denen sich dein Hund gut versteht. Damit dein Hund seinen Sozialkontakt ausleben kann, kannst du dich einfach regelmäßig mit den Haltern und Halterinnen dieser Hunde verabreden. Für den Freilauf der Hunde könnt ihr dann entweder den eigenen, umzäunten Garten oder aber z. B. eine umzäunte Freilauffläche nutzen!

Doch braucht ein Hund wirklich so viel „Freiheit“ auf dem Spaziergang, dass er sich nur ohne Leine wohl fühlt? Ganz eindeutig: „Nein!“ Denn das, was die Menschen als „Freiheit“ betrachten, ist für den Hund oftmals nur langweiliger Alltag. Jeden Tag die gleiche Strecke, jeden Tag die gleichen Gerüche, es findet nichts Spannendes statt. So mancher Hund würde sich über Aufmerksamkeit und Spaß mit seinem Menschen freuen, anstatt einfach nur gelangweilt durch die Gegend zu laufen. Denn genau das führt dann oft auch dazu, dass der Hund sich selbst seine spannenden Beschäftigungen sucht, Spuren verfolgt, Jagen geht, und letztlich dann gar nicht mehr in Gedanken bei seinem Menschen ist.  Ein abwechslungsreicher Spaziergang ist nicht nur für angeleinte Hunde wichtig, sondern für alle Hunde. Er stärkt die Bindung zwischen Hund und Halter:in, und führt dazu, dass sich der Hund von sich aus am Menschen orientiert. 

 

Spiele auf dem Spaziergang – auch an der Schleppleine

Wenn ich mit meinen Hunden unterwegs bin, habe ich fast immer kleingeschnittenen Käse, ein paar kleine Leckerlis und etwas zum Apportieren mit dabei. Wer mit offenen Augen durch Feld und Wald geht, findet hier unendlich viel Potential für die Beschäftigung seines Hundes. 

Futtersuche

Verstecke kleine Futterstücke in unterschiedlicher Höhe in der borkigen Rinde eines Baumes, die dein Hund dann suchen darf. Lass deinen Hund, während du die Leckerlis versteckst, etwas entfernt im „Bleib warten. Alternativ kannst du ihn auch an einem anderen Baum anleinen. Du kannst das Futter auch unter etwas Laub oder sogar unter der Erde verstecken, sodass dein Hund es ausbuddeln muss. Ringförmige Futterstücke kannst du auf die Äste eines Strauches stecken.

Spuren verfolgen

Für viele Hunde stellt das Absuchen einer Spur ein besonderes Highlight dar. Dieses Training wird in aller Regel immer mit Leine ausgeführt und ist daher ideal geeignet für Hunde, die nicht frei laufen dürfen. Für die Spur kannst du einen gut riechenden Gegenstand, wie z. B. ein Felldummy, hinter dir herziehen. Alternativ kannst du auch eine Spur mit Futter legen oder Leberwurstwasser ausspritzen. Professionellen Spurensuchern reicht auch einfach die Spur des Menschen. 

Die Jagd nach Futterstücken

Mein Cavalier King Charles Spaniel Lenny liebt es, Futterstücken hinterher zu hetzen. Bei diesem Spiel kannst du deinem Hund Futterstücke in unterschiedliche Richtungen werfen, sodass er immer genau aufpassen muss, wohin das Leckerli fliegt. 

Apportierspiele

Hat dein Hund gelernt, einen Gegenstand zu dir zurückzubringen, kannst du diesen auswerfen, verstecken oder auch unbemerkt fallen lassen. Bei diesem „Verlorenspiel“ lässt du den Gegenstand unbemerkt von deinem Hund auf dem Weg fallen und gehst einfach weiter. Irgendwann schickst du deinen Hund dann zurück, um den Gegenstand zu suchen. 

 

Autor: Claudia Nussbeck - Martin Rütter Hundeschule in Langenthal / Solothurn in der Schweiz

Lass uns Spielen – Bindungsaufbau beim Hund

Mit riesigen Bocksprüngen sich gegenseitig über die Wiese jagen, spielerisch um einen alten Lappen streiten oder mit weit aufgerissenem Maul und lautem Getöse rangeln – so unterschiedlich die Hunde, so unterschiedlich die Spielformen. Nicht nur für uns Menschen ist das Spielen ein wesentlicher Faktor für die Entwicklung kognitiver und sozialer Fähigkeiten. Auch bei Hunden schafft das Spielverhalten einen gesicherten Raum, in dem die Beteiligten etwas über einander erfahren und die Grenzen des Gegenüber kennenlernen können, ohne dass es zu ernsthaften Konsequenzen kommt. Die Ausbildung und Verfeinerung der sogenannten Social Skills werden besonders durch das frühe Spielverhalten der Hunde sichergestellt.

Für Hunde scheint es beim Spiel mit uns Menschen jedoch einen Unterschied zu machen, was wir mit ihnen spielen. In der Studie von Alexandra Horowitz und Julie Hecht aus dem Jahre 2026 wurde untersucht, welche Spielformen bei Hunden positivere Gefühle auslösen und daher bindungsfördernd wirken (Horowitz A., Hecht J. Examining dog-human play: the characteristics, affect and vocalizations of a unique interspecific interaction. Anim Cogn. 2016;19(4):779-788). Die Spiele von 239 Mensch-Hund-Teams wurden per Videoanalyse ausgewertet. Den Teilnehmern wurde dabei offengelassen, was diese mit ihren Vierbeinern spielen. Ob diese gemeinsam Herumtollen, an einem Gegenstand ziehen und zerren, raufen oder Bällchen werfen, alles war möglich. Besonders die Spiele, bei denen sich der Mensch intensiver bewegt, viel getobt und gerannt wird und die durch eine körperliche Nähe bzw. Berührungen gekennzeichnet sind, haben größeres Potenzial für die Ausbildung und Festigung der Mensch-Hund-Bindung, so die beiden Forscherinnen. Hunde lieben diese Art und Weise des Spiels mit uns Menschen und wir sollten diesem Aspekt im Alltag mit unseren Vierbeinern viel mehr Beachtung schenken.

Vielleicht lässt Du demnächst einmal den Ball beim Spaziergang daheim und jagst gemeinsam mit Deinem Hund jauchzend übers Feld oder rollst Dich mit ihm über die Wiese. Dein Hund wird es Dir danken.

Jaulen beim Autofahren

Berhardiner-Mischling, Bosco, 8 Monate alt, bellt und heult beim Autofahren, aber nur bei Kurzstrecken. Langstrecken inklusive Autobahn sind überhaupt kein Problem.

Probleme mit dem Hund beim Autofahren entstehen häufig dadurch, dass Abläufe immer gleich sind, denn Hunde sind sehr gut darin, uns zu lesen und unsere Gewohnheiten zu erkennen. Dazu gehört auch das unterschiedliche Fahrverhalten eines Autos auf der Autobahn bzw. auf der Landstraße. Auf der Autobahn bewegt sich das Auto in gleichmäßigem Tempo vorwärts, auf der Landstraße dagegen kommt es immer wieder zu einer deutlichen Reduzierung der Geschwindigkeit oder sogar zu einem Stopp und dementsprechend danach dann wieder zu einer Beschleunigung bzw. einem erneuten Anfahren.

Hunde lernen schnell, dass die Fahrt länger dauert, wenn der Mensch den Weg über die Autobahn wählt. Bosco weiß also, dass es nun nicht so bald zu einer Pause und damit zu einem für ihn möglicherweise spannendem Aufenthalt kommt. Hat ein Hund zu Beginn hier vielleicht auch noch gebellt oder gejammert, hat er schnell gelernt, dass dies zu nichts führt, denn der Mensch hält nicht an, sondern fährt einfach in seinem gewählten Tempo weiter. Zwar reagieren viele Menschen zu Beginn noch auf das Gebell oder Gejammer des Hundes, doch da sich meist am Verhalten des Hundes langfristig nichts ändert, geben die meisten Menschen dann doch auf und ignorieren das Verhalten des Hundes. Und das ist genau richtig, denn wenn keine Reaktion auf ein Verhalten erfolgt, wenn nichts passiert und das Verhalten nicht zum Erfolg führt, wird ein Hund dieses Verhalten nach einiger Zeit einstellen.

Bei Kurzstrecken sieht das jedoch ganz anders aus, denn nicht selten enden diese ja mit einer für den Hund begehrten Handlung, wie einem tollen Spaziergang, einem spannenden Training oder dem Besuch eines zwei- oder vierbeinigen Freundes. Bellt der Hund also vor Aufregung in Erwartung des bevorstehenden Spaziergangs, wird dieses Verhalten verstärkt, wenn der Mensch dann tatsächlich anhält und mit dem Hund zum Spaziergang aufbricht. Damit Bosco zukünftig also auch auf Kurzstrecken ruhig ist und sich entspannt hinlegt, müssen Sie diesen Ablauf verändern. Dazu fahren Sie zum einen sehr häufig kurze Strecken mit Bosco, ohne dass er am Ende in seiner Erwartung bestätigt wird. Sie können ihn also z. B. einfach mitnehmen, wenn Sie in die Apotheke oder zum Bäcker fahren. Dort angekommen, steigen Sie allein aus, erledigen kurz Ihre Besorgungen, steigen dann kommentarlos wieder ins Auto ein und fahren nach Hause zurück. Sie können auch einfach nur kurze Strecken fahren, ohne ein bestimmtes Ziel anzusteuern bzw. anzuhalten. Viele Hunde erkennen sogar die Umgebung aus dem Auto heraus. Sie beginnen zu bellen, sobald der Waldparkplatz in Sicht kommt oder das Auto in die Straße der befreundeten Familie einbiegt. Sollte Bosco also auf solche Sichtreize reagieren, fahren Sie mit ihm dorthin, halten dann aber nicht dort an, sondern fahren einfach weiter. Später können Sie dort auch anhalten, bleiben aber einfach im Auto sitzen und lesen ein Buch, bevor Sie nach einiger Zeit wieder weiterfahren.

Während dieses Trainings müssen Sie das Bellen und Jammern von Bosco vollkommen ignorieren. Sie dürfen also weder versuchen, ihn zu beruhigen („Wir sind doch gleich da!“), noch mit ihm schimpfen („Jetzt hör doch endlich auf!“), denn jede Form der Zuwendung ist für ihn erst einmal eine Verstärkung. Denn schließlich haben Sie ja offensichtlich zumindest verstanden, dass Bosco etwas von Ihnen möchte. Menschen sind halt manchmal schwer von Begriff und brauchen länger, bis sie etwas wirklich verstehen, sodass er nach einer solchen Reaktion von Ihnen auf sein Bellen nur noch intensiver bellen wird.

Natürlich soll Bosco in dieser Zeit auch weiter seinen Auslauf bekommen bzw. sich mit anderen Hunden treffen dürfen. Organisieren Sie sich so, dass Sie dazu anfangs nicht mit dem Auto losfahren müssen. Später können Sie dann andere Orte auswählen, die Bosco noch nicht kennt, bzw. erst einmal eine längere Zeit herumfahren, bis er ruhig liegt und wartet, und dann erst zu einem Spaziergang anhalten. Aber auch zukünftig müssen Sie ihn immer wieder einmal mitnehmen, ohne dass am Ende der Fahrt eine tolle Aktion auf ihn wartet.

Hundebegegnungen meistern: Wie du cool bleibst und richtig reagierst

Manchmal willst du einfach nicht, dass dein Hund auf andere trifft. Zum Beispiel, wenn dein Vierbeiner krank ist, deine Hündin sich gerade in romantischer Stimmung befindet oder dein Hund etwas ängstlich reagiert - es gibt viele Gründe, warum du lieber eine Begegnung mit anderen Hunden vermeiden möchtest.

Das Wichtigste ist, Ruhe zu bewahren und mit dem anderen Hundehalter zu kommunizieren. Bitte ihn höflich, seinen Hund zurückzurufen, besonders wenn du deinen Liebling an der Leine führst. Bereite dich mental aber schon mal darauf vor, dass es zu einem kleinen Rendezvous mit einem Artgenossen kommen könnte, und sei bereit, schnell zu reagieren.

• Geh der Begegnung aus dem Weg, indem du mit deinem angeleinten Hund die Straßenseite wechselst, schnell an dem anderen Hund vorbeigehst, der euch wahrscheinlich nur kurz folgen wird oder einfach umdrehst.

• Wenn's hart auf hart kommt, versuch es mal mit einem Trick und spann einen Regenschirm in Richtung des freilaufenden Hundes auf. Durch den Schreck wird der andere Hund davon abgehalte, sich euch weiter zu nähern. Gewöhne im Vorfeld deinen Vierbeiner an diese Abwehrmaßnahme, damit er cool bleibt.

• Du kannst auch deinen Hund von der Leine lassen und ihm die Möglichkeit geben, auf natürliche Weise zu interagieren oder dem anderen Hund weiträumig auszuweichen.

Achte bei Hundebegegnungen auf die Körpersprache der Hunde. Wenn sich einer von ihnen abwendet oder angespannt wirkt und das Gegenüber darauf nicht verhältnismäßig reagiert, ist es Zeit, einzugreifen und die Hunde voneinander zu trennen.

 

Während unseres Online-Vortrags gehen wir noch genauer auf das Thema HUNDEBEGEGNUNGEN RICHTIG EINSCHÄTZEN EIN und lernen anhand von anschaulichem Videomaterial, wie Konfliktsituationen erkannt und eingeschätzt sowie ernsthafte Konflikte vermieden werden können.

 

Grenzen setzen und Abbruchsignale einführen

Ein harmonisches Zusammenleben ohne Konflikte und Stress ist die Idealvorstellung für jeden Hundehalter. Hundeerziehung soll möglichst positiv und mit nur wenigen Einschränkungen erfolgen. Die durchaus romantisierte Vorstellung ist oftmals, dass der eigene Vierbeiner aus reiner Freundschaft, Liebe und Dankbarkeit weiß, wie er sich zu benehmen hat.

Dennoch sind Regeln und Tabus für unsere Hunde vollkommen normal und gehören zum Leben und der intraspezifischen Kommunikation dazu. Und so gilt es auch im Zusammenleben mit uns Menschen, dem Hund Benimmregeln beizubringen und Grenzen aufzuzeigen. Oftmals wird dies mit etwas Negativem oder Verbotenem gleichgesetzt. Dabei handelt es sich hierbei um Regeln, die ein entspanntes Miteinander ermöglichen, Freiheit und zugleich Sicherheit geben. 

Die Erziehung ausschließlich über positive Verstärkung

Insbesondere zum Erlernen neuer Übungen und Signale ist die positive Verstärkung das Mittel der Wahl. Über ein an den Hund und der Situation angepasstes Belohnungssystem wird neues, gewünschtes Verhalten geformt. 

Zunehmend entwickelt sich ein gesellschaftlicher Trend, bei dem Hundehalter ausschließlich über Belohnungen mit ihrem Hund arbeiten möchten. Hundeschulen werben in diesem Rahmen mit der Arbeit über eine rein positive Verstärkung. Das bedeutet, dass ausschließlich erwünschtes Verhalten belohnt werden soll. Doch ist Erziehung allein damit aus lerntheoretischer Sicht tatsächlich möglich? 

Einem Hund in Begrüßungssituationen lediglich dann die Aufmerksamkeit zu schenken, wenn er mit allen vier Pfoten auf dem Boden bleibt, ist unumstritten die ideale Lösung. Doch was, wenn einem der eigene Vierbeiner bereits mit Anlauf entgegenkommt und seiner Aufregung durch Anspringen freien Lauf lässt? Die häufigste Empfehlung ist hierbei, den Hund vorerst zu ignorieren, sich wegzudrehen oder hindurchzulaufen. Durch den Entzug der menschlichen Aufmerksamkeit befinden wir uns nun jedoch keineswegs mehr im Bereich der positiven Verstärkung. Natürlich wartet man auf den Moment, in dem der Hund das erwünschte Verhalten zeigt, um ihn mit Streicheleinheiten zu belohnen. Dennoch ist die Nutzung von Ignoranz aus rein lerntheoretischer Sicht eine negative Bestrafung. Die menschliche Aufmerksamkeit wird entzogen, um das unerwünschte Verhalten, in diesem Fall das Anspringen, abzubauen.

Ähnlich verhält es sich mit dem scheinbar positiven Aufbau des Signals „Nein“. Die bekannteste Übung hierzu ist folgende: Ein Futterstück befindet sich in der Hand des Menschen. Möchte der Hund sich dieses nehmen, wird die Hand mit dem Signal „Nein“ geschlossen. Sie geht erst dann wieder auf, wenn der Vierbeiner Abstand genommen hat. Möchte er erneut an das Futterstück, wird die Prozedur wiederholt. Auch wenn das ruhige Abwarten des Hundes vor der geöffneten Hand in der Regel dann separat durch positive Verstärkung, nämlich die Futtergabe, belohnt wird, greift auch dieses Training zunächst auf die negative Verstärkung zurück. Denn auch hier wird der Wunsch des Hundes, an das Futter zu gelangen, nicht erfüllt, solang er forderndes Verhalten zeigt.

Diese beiden geschilderten Situationen stehen für unzählige in unserem Alltag, die belegen, dass ein rein positiv verstärkender Umgang mit unseren Hunden unmöglich ist. 

Grenzen als Beziehungskiller?

Häufig haben Hundehalter die Sorge, dass die Beziehung zu ihrem Vierbeiner durch Regeln und Grenzen leiden würde. Sie selbst haben das Gefühl, ihm Freiheiten zu rauben. Grenzen haben für Menschen oft einen negativen Beigeschmack, doch sie sind für einen Hund äußerst wichtig. Nur so kann er lernen, was erwünscht und was verboten ist. Sie legen einen Handlungsspielraum fest und geben einem Hund, übrigens genau wie uns Menschen, Orientierung, Struktur und Sicherheit. 

Wie verunsichert wäre ein Mensch zum Beispiel beim Autofahren, wenn ihm niemand im Vorfeld die Straßenverkehrsordnung erklärt und welches Chaos würde bestehen, wenn letztendlich jeder nach seinen eigenen Vorstellungen fahren würde? Genauso ergeht es auch Hunden in unserer menschlichen Gesellschaft, deren Spielregeln sie gar nicht kennen können. Je mehr Regeln, Grenzen und damit Strukturen gesetzt werden, umso mehr Sicherheit wird ein Hund empfinden. Insbesondere unsichere Hunde benötigen einen Menschen neben sich, der offenkundig genau weiß, wie man sich im Leben verhält und an dem er sich orientieren kann.

Zudem haben Hundehalter beim Aufstellen von Regeln häufig  das Gefühl, ihr Hund wäre sauer oder gar enttäuscht von ihnen. Etwas nicht zu bekommen, was man unbedingt möchte, sorgt natürlich in erster Linie für Frust. Viele Hundehalter möchten genau das für ihren Liebling vermeiden und lesen ihm gern jeden Wunsch von den Augen ab. Doch Frust ist keineswegs etwas, das man gänzlich vermeiden kann. Streng genommen ist sogar genau das Gegenteil der Fall, denn das Hundeleben besteht aus ziemlich viel Frust: nicht immer dort schnüffeln zu können, wo man gerade möchte, den Hasen nicht jagen zu dürfen, den Erzfeind nicht vertreiben zu können oder das gefundene Fressbare nicht vertilgen zu dürfen.

Umso wichtiger ist es, den Hund von Beginn an damit zu konfrontieren und ihm nicht jeden noch so kleinen Wunsch zu erfüllen. Nur so kann er lernen, mit Frust umzugehen und diesbezüglich toleranter zu werden. Eine hohe Frustrationstoleranz ist eine wichtige Basis für ein entspanntes Zusammenleben. Es vermindert Erwartungshaltungen und sorgt für ein bedeutend stressfreieres Leben des Vierbeiners. 

 Grenzen, Verhaltensabbrüche und Verbote

Grenzen bestehen immer dann, wenn ein Hund nicht in der Lage ist, das zu tun, was er eigentlich tun würde, wenn es diese nicht gäbe. Unser Alltag ist voll mit Grenzen, welche uns Menschen oftmals gar nicht als solche bewusst sind. Die räumlichen Begrenzungen durch die Wohnung oder den Gartenzaun, festgelegte Liegestellen, Fütterungszeiten oder die durch den Menschen bestimmte Bewegungsfreiheit auf Spaziergängen aufgrund der Leine – dies alles schränkt einen Hund bereits mehr oder weniger in seinen eigenen Wünschen und Vorstellungen ein. 

Dazu kommen Grenzen, die von Haltern aktiv gesetzt werden müssen, um das hündische Verhalten zu formen und ihm Benimmregeln beizubringen. 

Ist eine Handlung niemals erwünscht, bietet es sich an, eine klare Grenze zu setzen. So gehört zum Beispiel das Klauen einer Bratwurst aus der Hand grundsätzlich nicht zu einem respektvollen Umgang. Sowohl Menschen als auch Hunde besitzen eine gewisse Individualdistanz. Einen Höflichkeitsabstand, den sie im sozialen Miteinander einfordern und der einen respektvollen Umgang gewährleistet. Diesen Abstand zu unterschreiten und sich unerlaubt am Essen anderer zu bedienen, ist sowohl aus Hunde- als auch Menschensicht eine Grenzüberschreitung. 

Zeigt der Hund unerwünschtes Verhalten, dass Hunde untereinander jedoch nicht korrigieren würden, kann über ein speziell antrainiertes Tabuwort eine solche Handlung abgebrochen werden. Doch nicht jedes Verhalten lässt sich nachhaltig einzig mit einem Tabuwort abbrechen. Hunde verfolgen mit ihren Handlungen ein Ziel. So muss beispielsweise bei Aggressionsverhalten an der Leine zuerst nach der Ursache geforscht und in Bezug auf diese ein Training aufgebaut werden. Wird das unerwünschte Verhalten lediglich korrigiert, ohne dass ein begleitendes Training stattfindet, besteht das ursächliche Problem für den Hund ja dennoch weiterhin. Der Hund leidet also weiter, und entwickelt daraufhin häufig anderweitiges Problemverhalten.  

Ein Verhalten, welches lediglich situativ unerwünscht ist, kann mit einem Verbot abgebrochen werden. Häufig wird hierzu ein „Nein“ verwendet. Darf der Hund beispielsweise Zuhause mit dem Menschen auf der Couch liegen, dies aber nicht in anderen Wohnungen tun, reicht hierfür ein gut aufgebautes Signal aus. Dem Hund wird also ein Verbot ausgesprochen, welches jedoch keine generelle Gültigkeit besitzen muss.

Grenzsetzungen zwischen Hunden als intraspezifische Kommunikation

Zwischen Hunden werden unerwünschte Verhaltensweisen im ersten Schritt ignoriert. Der souveräne erwachsene Hund wird einen zudringlichen Jungspund erst einmal komplett links liegen lassen, um ihm keine unnötige Aufmerksamkeit für beispielsweise distanzloses Verhalten zu schenken. Reicht Ignoranz nicht aus, wird er eine Grenze in angemessener Form über eine Maßregelung setzen. 

Die Kommunikation zwischen Hunden ist sehr fein und erfolgt auch bei Grenzsetzungen schrittweise. So erhält der betroffene Hund beispielsweise durch Drohfixieren oder Weg abschneiden bereits eine Verwarnung. Zeigt der Vierbeiner sich hiervon noch unbeeindruckt, kommt zumeist ein Knurren oder das Zeigen der Zähne hinzu. Reichen diese Formen der Drohung noch immer nicht aus, um ein Verhalten abzubrechen, wird eine taktile Korrektur gesetzt. Deutlich wird dabei, dass Hunde sich gegenseitig immer die faire Möglichkeit geben, eine Grenze im Vorfeld zu erkennen und das eigene Verhalten abzuändern.

Erziehung findet bereits in der Wurfkiste statt. Eine souveräne Mutterhündin sorgt dafür, ihre Welpen auf das spätere Leben vorzubereiten und nimmt eine wichtige Rolle in der Sozialisierung wahr. Benimmregeln sind auch innerhalb eines Rudels wichtig, denn keineswegs genießen Welpen oder Junghunde aufgrund ihrer Niedlichkeit Narrenfreiheit. So benutzt die Mutterhündin unter Umständen gezielt Ressourcen, wie beispielsweise einen Kauartikel, um ihren Anspruch darauf zu verdeutlichen. Je mehr sich der Welpe aus Interesse nähert, umso deutlicher werden ihre Drohungen – von Drohfixieren über Knurren bis hin zum Zähne zeigen. Sollte trotz klarer Drohung die Grenze überschritten werden, maßregelt die Mutterhündin ihre Welpen häufig über einen Schnauzgriff. Hierbei umfasst sie den Fang des Welpen mit ihrem Maul. Sie schult also ihren Nachwuchs sehr gezielt im kleinen Einmaleins der Kommunikation, Grenzen zu erkennen, sie zu akzeptieren und eigene Handlungsalternativen zu finden.

Zwischen erwachsenen Hunden sieht man die Form der Korrektur durch einen Schnauzgriff eher selten. Häufiger greifen sie auf einen Stups im Hals-Nackenbereich zurück. Dabei stupst der korrigierende den anderen Hund mit seiner Schnauze in den Hals-Nacken-Bereich. 

Als Mensch Grenzen richtig setzen

Auch für den Umgang zwischen Mensch und Hund kann das hündische Verhalten untereinander als Vorbild genommen werden. Unerwünschte Verhaltensweisen können, je nach Ziel des Hundes, unter Umständen einfach ignoriert werden. Unbestätigtes Verhalten baut sich in der Regel in kürzester Zeit ab. Heischt der Hund also beispielsweise durch Bellen, Kratzen oder Anspringen um die Aufmerksamkeit des Menschen, ist Ignoranz das beste Mittel der Wahl. Jede Reaktion des Menschen auf ein solches Verhalten, auch eine Korrektur, würde hierbei verstärkend wirken. Denn jede Form der Aufmerksamkeit, ist eine Form der Aufmerksamkeit!

Ignoranz ergibt natürlich nur dann Sinn, wenn das Fehlverhalten an sich für den Hund nicht selbstbelohnend ist. So wäre sie beispielsweise beim unerlaubten Buddeln keineswegs förderlich, um dieses Verhalten abzustellen. 

Einen allgemein gültigen Handlungsplan, wie einem Hund eine Grenze aufgezeigt werden kann, gibt es nicht. Das Vorgehen unterscheidet sich stets je nach Hund und je nach Mensch. Während bei sensiblen Hunden gegebenenfalls bereits ein kurzer eindringlicher Blick ausreicht, wird dieser wahrscheinlich einen sicheren Hund kaum tangieren. Andererseits kann ein vom Menschen durchgeführter Stups in den Hals-Nackenbereich den einen Hund angemessen beeindrucken, den anderen hingegen schwer traumatisieren. 

Zudem sollte eine Korrekturform auch zum Menschen passen. Eine Maßreglung muss immer intuitiv und aus dem Bauch heraus geschehen. Es ist nicht empfehlenswert, sich Verhaltensmuster anzueignen, die einstudiert wirken, weil der Mensch selbst so nie handeln würde. Hunde kennen ihre Menschen bis ins kleinste Detail. Jegliche Schauspielerei durchschauen sie sofort. Dies kann einerseits dazu führen, dass eine Maßregelung überhaupt nicht ernst genommen wird oder andererseits zu starker Unsicherheit im Umgang mit dem Menschen führen, da dieser aus Hundesicht unberechenbar wird.

Eines steht jedoch fest – Lautstärke und übertriebene Härte sind auch in diesem Rahmen vollkommen unnötig. Weder benötigt ein Hund laute Signale, um zu verstehen, noch bedarf es massiver körperlicher Korrekturen für Fehlverhalten.  

Häufig wird Konsequenz mit Strenge verwechselt. Es ist viel entscheidender, dass eine Grenze ihre Gültigkeit grundsätzlich beibehält. Gelten aufgestellte Regeln lediglich sporadisch, wird ein Hund zu Recht seinen Handlungsrahmen stets neu hinterfragen. Daher sind die Hunde im Training, die häufig als „dickköpfig“ bezeichnet werden, meist die, die inkonsequent aufgestellte Regeln immer wieder neu für sich definieren müssen.  

Auch Hunde dürfen Grenzen setzen!

Auch ein Hund hat ein Recht darauf, Menschen Grenzen aufzuzeigen. Er muss sich keineswegs alles willenlos gefallen lassen. Ist ihm etwas zu nah, zu aufdringlich oder zu unangenehm, darf er dies deutlich machen. Diese Grenzen werden über ein breites Spektrum an hündischer Kommunikation verdeutlicht, angefangen durch sämtliche Beschwichtigungssignale, wie beispielsweise Über-die-Schnauze-lecken, Blick abwenden oder Ohren anlegen, über Drohfixieren und Knurren bis hin zum Abwehrverhalten wie z. B. Abschnappen.

Noch immer hält sich die Meinung, dass Hundehalter sich die letztgenannten Verhaltensweisen nicht bieten lassen dürfen. Anstatt das Verhalten des Hundes zu hinterfragen, wird hier eine Korrektur empfohlen. Doch der Vierbeiner hatte ja in diesem Moment ein Problem, welches aber ja nicht durch eine Maßregelung gelöst werden kann. Werden ihm nun jedoch Teile seiner Kommunikation verboten - beispielweise das Knurren, wird der Hund dieses unter Umständen in der nächsten, ähnlichen Situation überspringen und direkt deutlicher kommunizieren. Dies zeigt, wie wichtig es ist, die Körpersprache von Hunden zu verstehen. Nur so ist der Hundehalter in der Lage, Unwohlsein schnell zu erkennen und die Situation nachhaltig zu lösen. 

Der Aufbau von Verbot- und Abbruchsignalen

Das häufig im Alltag benutzte „Nein“, um ein Verbot für eine Handlung auszusprechen, kannst Du durchaus über das Training der zuvor beschriebenen Futterhand aufbauen. Belohnt wird hierbei, dass der Hund sich nicht von dem Futter in der Menschenhand verleiten lässt und das Verbot als solches akzeptiert. Fortgeschrittene können diese Übung auch mit Futter auf dem Boden ausbauen, welches notfalls durch den Fuß abgedeckt wird. Du solltest Dir jedoch überlegen, ob Du das zunächst verbotene Futterstück nach ein paar Sekunden ruhigem Warten tatsächlich freigibst. Aus Hundesicht wäre dieses Training lediglich ein Trick des Abwartens und aus jedem „Nein“ wird in kürzester Zeit ein „Ja“. Diese Akzeptanz solltest Du daher besser mit einem separaten Futterstück belohnen. Im Anschluss daran musst Du dieses Signal auch im alltäglichen Zusammenleben etablieren.

Ein Tabuwort entspricht im übertragenen Sinne dem Knurren der Mutterhündin als Vorwarnung für eine körperliche Konsequenz, wenn der Welpe sein Verhalten nicht einstellt. Im Aufbau dient daher das Verhalten der Mutterhündin als Vorbild. Dazu setzt Du Dich mit einem Gegenstand auf den Boden und beanspruchst ihn für Dich. Zeigt Dein Hund nun Interesse, drohst Du ihm, indem Du Dich nach vorne beugst und Deinen Hund fixierst. Ist Dein Vierbeiner von diesem Verhalten unbeeindruckt, kannst Du eine Korrektur mittels Schnauzgriff oder Stups in den Hals-Nackenbereich durchführen. Gleichzeitig verwendest Du das zuvor ausgewählte Tabuwort. Dazu musst Du nicht knurren, denn Hunde wissen, dass wir Menschen in Worten sprechen. „Tabu“ oder „Lass es“ eignen sich beispielsweise, da sie sich deutlich vom „nein“ für den Verhaltensabbruch unterscheiden. 

Wenn der Hund das Verbot ignoriert - die häufigsten Fehler 

Einer der häufigsten Fehler ist, dass Hundehalter ihren Vierbeinern im Alltag sehr viel mit einem „Nein“ verbieten möchten, ohne tatsächlich darauf zu achten, dass das unerwünschte Verhalten abgebrochen wird. Außerdem wird ein „Nein“ oftmals im falschen Kontext benutzt und verliert hierdurch seine Sinnhaftigkeit. Ist der Hund beispielsweise unaufgefordert trotz eines „Sitz“-Signals aufgestanden und läuft schnüffelnd herum, kommt aus einem Impuls heraus bei vielen Haltern ein „Nein“. Doch die Handlung, auf die sich die Korrektur eigentlich bezieht, kann der Hund gar nicht mehr abbrechen. Aufgestanden ist er bereits. Der Hund verknüpft das Verbot daher dann z. B. mit dem Schnüffeln. Er wird so aber nicht lernen, länger sitzen zu bleiben. Richtigerweise könnte man das Verbot im Ansatz des Aufstehens oder währenddessen nutzten. Steht der Hund bereits, ist es zu spät und die einzig logische Konsequenz wäre, dem Hund zu sagen, was er tun soll. Nämlich ihn wieder an die ursprüngliche Stelle zurückzubringen, und ihm dort ein erneutes Sitz-Signal zu geben, und dann natürlich das erwünschte Verhalten in kleinen Schritten zu belohnen.

Körperliche Korrekturen, aber mit Maß!

Grundsätzlich gilt für Maßregelungen – so wenig wie möglich, so viele wie nötig. Es sollte nicht alltäglich werden, dem Hund körperliche Grenzen setzen zu müssen. Sind diese aber notwendig, kann man sich wie zuvor beschrieben, die Kommunikation zwischen Hunden als Vorbild nehmen, angefangen vom Drohfixieren über räumliche Begrenzung bis hin zur körperlichen Korrektur beispielsweise in Form eines Schnauzgriffs. 

In keinem Fall ist es angemessen, den Hund zu schlagen. Auch der aus dem Fernsehen bekannte Tritt in die Leistengegend des Hundes ist absolut inakzeptabel. Er verursacht nicht nur starke Schmerzen, sondern ist auch gefährlich für die innenliegenden Organe. Ebenso wenig sollte der Hund bei unerwünschtem Verhalten im Nacken gepackt und geschüttelt werden. Hunde nutzen dieses Verhalten ausschließlich, um Beute zu erlegen. Dementsprechend interpretieren sie diese Handlung auch als solche. 

Generell geht es bei einer Korrektur nicht darum, den Hund körperlich beeindrucken zu wollen und ihm aufzuzeigen, dass er unterlegen ist. Sowohl psychischer als auch physischer Druck sorgt stets für große Unsicherheit im Zusammenleben. Hunde orientieren sich grundsätzlich nicht automatisch am Stärksten. Sie schließen sich vielmehr demjenigen an, der fest mit beiden Beinen im Leben steht und gut durchdachte Entscheidungen trifft. 

Die Maßregelung über Hilfsmittel bei unerwünschtem Verhalten

Die Nutzung von Hilfsmitteln für eine Maßregelung ist sinnvoll, wenn Halter es nicht schaffen, ihrem Hund eine angemessene Grenze zu setzen, insbesondere dann, wenn die Größenverhältnisse es nicht zulassen oder der Hund sich grundsätzlich von körperlichen Korrekturen unbeeindruckt zeigt. 

Die Sprühflasche für eine Wasserkorrektur kommt bei überforderten Hundehaltern gern zum Einsatz. Dennoch sind auch Hilfsmittel kein Allheilmittel. Der Einsatz von Wasserflaschen, Wurfketten und Ähnlichem bringt zudem auch Risiken mit sich. Was auf den ersten Blick wie eine schnelle und einfache Lösung für Hundehalter aussieht, kann für einen Hund sehr traumatisierend sein. Mit falschem Timing und für den Hund komplett unangemessenen Handlungen kann die Mensch-Hund-Beziehung nachhaltig zerstört werden. Zudem muss dem Hund parallel zur Korrektur immer aufgezeigt werden, welches Verhalten stattdessen erwünscht ist. Anderweitig kann der Vierbeiner unter Umständen in eine erlernte Hilfslosigkeit verfallen, in der er lieber überhaupt nichts mehr aus Eigeninitiative anbietet, bevor er etwas Falsches macht und eine erneute Maßregelung riskiert. 

Wann ein Trainer ins Spiel kommen sollte

Sobald Hundehalter sich überfordert mit ihrem Hund fühlen, ist es immer wichtig, sich kompetente Hilfe an die Hand zu holen. Zum einen dann, wenn der eigene Vierbeiner auf Verbote mit Frust oder Gegenwehr reagiert. Zum anderen, wenn es sich um eine komplexe Verhaltensproblematik handelt, deren Ursache noch unklar ist.  

Außerdem ist es für den potenziellen Einsatz von Hilfsmitteln ratsam, sich an einen Trainer zu wenden. Dieser kann im Vorfeld bereits sagen, ob die Form der Maßregelung dem Hund und der Problematik angepasst ist und beim Aufbau dieser Korrektur unterstützend wirkt. 

Ein Artikel unserer Partnerin Franziska Herre (Martin Rütter Hundeschule Erfurt / Weimar und Martin Rütter HundeschuleGera / Jena) für die Zeitschrift "Martin Rütter - Das Magazin".