(K)Ein Grund zum Jaulen – Alleinbleiben will gelernt sein
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(K)Ein Grund zum Jaulen – Alleinbleiben will gelernt sein
Es hätte ein entspannter Feierabend werden können. Doch als ich nach dem letzten Termin zum Camper zurückkam, hatte Mayla bereits gewaltig umdekoriert: Der Bodenbelag – komplett entfernt. Mayla hatte ihre Meinung zum Alleinbleiben unmissverständlich klargemacht. Diese kleine Episode zeigt, wie schwierig das Thema „Alleinbleiben“ für Hunde sein kann – und wie wichtig es ist, ihnen dabei zu helfen, diese Herausforderung zu meistern.
Warum ist das Alleinbleiben so schwer?
Hunde sind soziale Lebewesen. Ihre Vorfahren, Wölfe, leben in Rudeln, in denen Isolation oft den sicheren Tod bedeutet. Auch unsere Haushunde tragen diesen Instinkt noch in sich. Doch während früher immer jemand in der Nähe war, verlangt unser modernes Leben von Hunden etwas ganz anderes: Sie sollen allein zu Hause bleiben, während wir arbeiten, einkaufen oder um die Häuser ziehen.
Doch ein Hund bleibt nicht einfach so ruhig zurück. Wenn er plötzlich alleine ist, können Angst, Stress oder Kontrollverlust die Oberhand gewinnen. Zwei psychologische Muster spielen hier oft eine Rolle:
- Trennungsangst: „Ich sorge mich um meine Sicherheit.“ Hunde mit Trennungsangst haben meist ein tief verwurzeltes Gefühl von Unsicherheit, oft durch Erfahrungen wie z. B. eine zu frühe Trennung von der Mutter. Sie fürchten, dass sie in Gefahr sind, sobald ihre Bezugsperson nicht da ist.
- Kontrollverlust: „Ich sorge mich um deine Sicherheit.“ Manche Hunde sind überzeugt, dass sie ihre Menschen beschützen müssen. Ist der Mensch außer Sicht, bedeutet das für den Hund: Ich kann dich nicht mehr beschützen – und das ist furchtbar stressig.
Wenn dein Vierbeiner also bellt, die Couch zerlegt oder Nachbarn mit seinem Jaulen auf Trab hält, ist das kein Trotz. Es sind klare Signale von Überforderung. Er fühlt sich im Stich gelassen, ängstlich oder schlichtweg überfordert mit der Situation.
Indem wir diese Gefühle erkennen und verstehen, können wir gezielt daran arbeiten, dem Hund Sicherheit zu geben und ihn zu entspannen.
Mythen rund ums Alleinbleiben
Rund ums Thema „Alleinbleiben“ gibt es zahlreiche Mythen. Zeit, mit ein paar davon aufzuräumen:
- „Ein zweiter Hund löst das Problem.“ Tatsächlich kann ein zweiter Hund die Lage sogar verschlimmern. Wenn der Ersthund Stress hat, überträgt er diesen oft auf den Zweithund. Anstatt sich durch die Gesellschaft des Zweithundes nicht mehr allein zu fühlen, sind die beiden "gemeinsam einsam". Jeder Hund braucht individuell Training, um alleine zurechtzukommen.
- „Manche Rassen können einfach nicht alleine bleiben.“ Das ist Quatsch. Es stimmt, das einige Rassen noch stärker für die Zusammenarbeit oder Gesellschaft mit Menschen selektiert wurden und demnach unterschiedliche Dispositionen mitbringen. Aber ob Malteser, Havaneser oder Dogge – alle Hunde können das Alleinbleiben lernen, wenn wir es richtig angehen.
- „Hunde haben kein Zeitgefühl.“ Auch wenn Hunde keine Uhr lesen, können sie sehr wohl Zeitspannen einschätzen. Sie orientieren sich an Routinen, Tageslicht und vor allem bilogischen Rythmen.
- „Ein Hund der nicht bellt/jault hat kein Problem mit dem Alleinebleiben.“ Falsch: Viele Hunde wirken äußerlich ruhig, sind aber innerlich angespannt oder zeigen Stresssymptome erst nach längerer Zeit. "Versteckte" Anzeichen wie Hecheln, vermehrtes Trinken oder Unruhe nach der Rückkehr des Menschen sind Indizien, dass das alleine sein stressig war.
Praktische Tipps für entspanntes Alleinbleiben
Das Gute ist: Mit Geduld und klaren Strukturen kannst du deinem Hund helfen, das Alleinbleiben zu lernen. Hier ein paar praktische Ansätze:
- Schrittweises Training: Beginne mit sehr kurzen Trennungen. Verlasse das Zimmer für 1-2 Minuten und steigere die Dauer langsam. Wichtig: Geh nur so weit, wie dein Hund sich dabei wohlfühlt. Eventuell ist es für deinen Hund schon stressig, wenn du dich innerhalb der Wohnung bewegst - dann beginnt das Training bereits an dieser Stelle und das tatsächliche alleine lassen kommt erst später dazu.
- Geistige und körperliche Auslastung: Ein müder Hund ist ein entspannter Hund! Stelle sicher, dass dein Vierbeiner vor dem Alleinbleiben ausreichend Bewegung und geistige Beschäftigung bekommt, z. B. durch Spaziergänge mit Apportierspielen oder Suchaufgaben. Ein ausgelasteter Hund kann sich besser entspannen.
- Sinnvolle Beschäftigungen: Kauartikel oder Futterspielzeuge wie Schleckmatten helfen, deinen Hund von der Trennung abzulenken. Außerdem wirkt das "Schlecken" und "Kauen" stresslindernd.
- Klare Rituale schaffen: Verabschiede dich ruhig und unspektakulär. Vermeide großes Drama beim Gehen oder Wiederkommen. Wenn du entspannt bleibst, wird auch dein Hund ruhiger. Oft spiegeln Hunde unsere Emotionen.
- Die Umgebung anpassen: Ein sicherer Rückzugsort wie eine Box oder ein ruhiges Zimmer kann deinem Hund helfen, sich wohler zu fühlen.
Wann sollte professionelle Hilfe her?
Wenn dein Hund trotz Training Stresssymptome zeigt oder nicht mal kurze Abwesenheiten erträgt, kann es sinnvoll sein, eine/n erfahrene/n Trainer/in hinzuzuziehen.
Dabei helfen Maßnahmen wie:
- Analyse der häuslichen Strukturen.
- Individuelles Einzeltraining, das auf die Bedürfnisse deines Hundes zugeschnitten ist.
- Konkrete Übungen zur Stressreduktion und Selbstsicherheit.
Fazit: Alleinbleiben will gelernt sein
Das Thema Alleinbleiben ist eine Herausforderung – aber keine unüberwindbare. Mit Geduld, Verständnis und gezieltem Training kannst du deinem Hund beibringen, auch ohne dich entspannt zu bleiben.
Erinnere dich immer daran: Hinter jedem Verhalten steckt eine Botschaft. Wenn du diese erkennst und darauf eingehst, wird dein Hund nicht nur sicherer, sondern ihr werdet auch als Team zusammenwachsen.