Bekannt wie ein bunter Hund! - Wenn Hunde zum Objekt werden...
Hunde müssen immer wieder für den Schönheitswahn des Menschen herhalten. Allgemein anerkannt und damit kaum noch auffallend sind die unzähligen Möglichkeiten, einen Pudel zu frisieren. Doch was ist, wenn die Kreativität des Menschen keine Grenzen kennt?
Da wird der Golden Retriever bemalt, sodass er wie ein Tiger, der Chow Chow wie ein Panda aussieht. Windhund Human wurde sogar zum „lebenden Kunstobjekt“ gemacht und musste mit einem pinkfarbenen Bein auf der documenta 2012 herumlaufen. Und bald steht wieder das Oktoberfest an, auf dem stolz die auf dem Arm getragenen, mit Dirndl und Lederhose ausstaffierten kleinen Hunde präsentiert werden. Doch was ist noch akzeptabel, wo die ethische/moralische Grenze? Wir haben mit Melle Hofmann von <link osnabrueck>Martin Rütter DOGS Osnabrück/Vechta gesprochen.
Pudel müssen geschoren werden. Spricht etwas gegen eine bestimmte / besondere Schur?
Nein, gegen eine Schur beim Pudel spricht erst einmal nichts.
Der Pudel ist einer der wenigen Hunde, der ein „Single Coat“ (also Haare ohne Unterwolle, die in die Länge wachsen und aufgrund dessen gekürzt werden müssen) besitzt und geschoren werden muss.
Natürlich können nach eigenem Gusto und solange es den Hund nicht stört, bestimmte Körperteile (Rute, Pfoten etc.) ungeschoren bleiben. Man sollte hier nur bedenken, dass ein zu „ausgefallener“ Schnitt durchaus befremdlich im Erstkontakt auf andere Hunde wirken kann. Sicherlich ist daher die ganz normale Schur für den Pudel am angenehmsten.
Als Beispiel: Der Pudel hat einen geschorenen Körper, nur der Kopf ist nicht geschoren. Somit sieht dieser sehr „massig“ aus. Gegebenenfalls kann dadurch die Mimik vom Gegenüber nicht richtig gelesen werden und der Erstkontakt ist z. B. durch Unsicherheit nicht so freundlich wie er im Normalzustand wäre.
Hunde als andere Tiere anzumalen gilt in einigen Ländern als besonders. Hier in Deutschland findet man so etwas nur selten, aber lackierte Krallen kann man durchaus bei einigen wenigen Hunden sehen. Ist dies auch schon Tierquälerei und damit abzulehnen?
Hunde als andere Tiere anzumalen ist ganz klar abzulehnen. Zunächst einmal muss man sich Gedanken darüber machen, wie groß der Zeitaufwand für solch eine Veränderung ist. Der Hund muss sehr lange still halten, während ihn jemand „verschönert“. Stress ist hier vorprogrammiert.
Zudem muss man auch bedenken, was für Auswirkungen im Alltag auf den Vierbeiner zukommen. Wird er von Artgenossen überhaupt noch als Hund gesehen? Gibt es Probleme im Umgang miteinander, kann eine normale Kommunikation und Körpersprache überhaupt noch stattfinden? In den meisten Fällen vermutlich nicht…
In Bezug auf das Lackieren der Krallen sollte man wissen, dass der klassische Nagellack in den 30er Jahren auf Basis von Autolacken weiterentwickelt wurde. Nach einer Studie, die 2015 von der amerikanischen Duke University & der Non-Profit-Organisation EWG veröffentlich wurde, weiß man, dass die Inhaltsstoffe und Dämpfe der meisten Nagellacke gesundheitsschädlich sind, bis dahingehend, dass sie DNA-verändernd wirken können. Die Krallen des Hundes jedoch sind nicht, wie häufig angenommen, undurchlässige Hornplatten. Somit können hierüber auch Giftstoffe aufgenommen werden.
Bei manchen Hunden müssen die Krallen geschnitten werden, da diese sich nicht aufgrund der natürlichen Belastung abnutzen. Beim Krallen schneiden sprechen wir – ganz im Gegensatz zum Lackieren der Krallen - damit aber über eine Maßnahme, die notwendig ist, damit der Hund problemlos laufen kann. Zudem kann man das Schneiden der Krallen positiv trainieren, sodass es für den Hund weitestgehend stressfrei ist.
Sämtliche Maßnahmen, wie das Lackieren der Krallen, das Färben der Haare etc., die nicht notwendig für einen stressfreien Alltag und die Gesundheit des Hundes sind, sind also generell aus ethischen und moralischen Gründen nicht vertretbar und abzulehnen! Dazu gehört auch das Tätowieren von Hunden. Hier entwickelt sich leider ein krankhafter Trend, Hunde zur Verschönerung tätowieren zu lassen. Nicht grundlos wurden die Ohrtätowierungen zur Kennzeichnung von Hunden abgeschafft. Da der Hund hierbei nicht nur „fragwürdig verschönert“ wird, sondern die Tätowierung auch noch schmerzhaft für ihn ist, kann man solche Maßnahmen nur konsequent ablehnen.
Der Markt für Hundekleidung boomt. Es gibt nicht nur Dirndl und Lederhosen, sondern auch T-Shirts, Sweat-Shirts, Jacken, Regenmäntel, Brillen, Schals, Caps und sogar das Hochzeitsoutfit. Was davon ist „tragbar“, was nicht?
Kleidung kann durchaus auch für Hunde sinnvoll sein. So schützen z. B. Mäntel insbesondere alte oder kranke Hunde bzw. Hunde mit sehr wenig Unterwolle vor Kälte oder Nässe. Ein Body kann bei manchen Hunden nach Operationen als Alternative zum Trichter als Leckschutz dienen. Ob der Mantel bzw. Body dann pink, blau oder unauffällig grau ist, spielt für den Hund keine Rolle. Hier können gern die Vorlieben des Menschen zum Zuge kommen.
Eine Fliege um den Hals anstatt eines Halsbands, wenn der Hund das Hochzeitspaar begleitet, ist prinzipiell auch kein Problem. Man muss bei solchen Accessoires jedoch immer darauf achten, dass der Hund keinen Stress beim Tragen hat und diese ihn nicht in seinen Bewegungen und in seiner Kommunikation einschränken. Niemals sollte jedoch ein Tier so stark vermenschlicht werden, indem man ihm ein Elchgeweih, Ein-Hörner oder ganze Verkleidungen anzieht, denn diese schränken den Hund bei Hundebegegnungen sowie im alltäglichen Leben durchaus sehr ein.
Wie erkennt man denn, ob ein Hund sich mit einem Kleidungsstück wohlfühlt oder nicht?
Hier muss man sich die Körpersprache, die Mimik und das Verhalten seines Hundes anschauen.
Die meisten Hunde finden es eher unangenehm, etwas am Körper zu tragen und versuchen dann, sich die an- oder aufgezogenen Kleidungsstücke / Accessoires abzustreifen, was an sich ja schon ein sehr deutliches Signal ist. Es gibt aber noch viele weitere, körpersprachliche und mimische Signale: Sind die Augen weit aufgerissen, hechelt der Hund stark, gähnt er, zwinkert er mit den Augen, leckt er sich vermehrt über den Nasenrücken, hat er eine eingeklemmte Rute oder einen Rundrücken oder sind die Ohren angelegt und dabei etwas mehr nach hinten, zeigt uns unser Hund, dass er sich unwohl mit der Situation bzw. in diesem Fall mit dem Kleidungsstück fühlt.
Was ist, wenn der Hund nun z. B. aufgrund einer Operation einen Body oder Pfotenschuhe tragen muss? Wie gewöhnt man ihn daran?
Generell macht es immer Sinn, das Tragen von Pfotenschuhen oder z. B. OP-Bodys von Welpe an bzw. nach dem Einzug und einer Eingewöhnungszeit des Hundes zu trainieren, und nicht erst dann, wenn eine OP ansteht.
Man sollte das Tragen solcher Hilfsmittel immer ganz kleinschrittig aufbauen und den Hund dabei mit für ihn angenehmen Dingen beschäftigen.
Legen Sie den OP-Body zunächst auf den Boden und starten Sie ein lustiges Futterspiel mit dem Hund. Im nächsten Schritt können Sie den OP-Body kurz über den Rücken des Hundes legen, er wird aber noch nicht angezogen. Erst im nächsten Schritt können Sie den Body dann auch einmal über eine Pfote ziehen oder den Body zusammenrollen und über den Kopf ziehen.
Zur Belohnung und Ablenkung gibt es dann immer wieder ein Futtersuchspiel. Nun wird der Body ganz angezogen und sobald Ihr Hund diesen stressfrei für kurze Zeit mit Ablenkung trägt, lassen Sie diesen auch nach dem Spiel noch kurz an. Verlängern Sie nun die Zeit, die Ihr Hund den Body tragen soll, ohne dass Sie mit ihm trainieren immer mehr. Durch diesen Aufbau werden zum einen die Kleidungsstücke positiv belegt, zum anderen gewöhnt sich Ihr Hund an das Tragen der Kleidung, sodass diese für ihn normal und alltäglich ist und damit keinen Stress mehr für ihn bedeutet.