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Mit dem Hund aufs Konzert? Schnüffelnasen im Einsatz

Wir haben mit Iris Deuber von <link muenchen-freising-deuber/><u>Martin Rütter DOGS München/Freising</u></link> gesprochen, ob eine solche Form der Kontrolle vielleicht die Zukunft für Großveranstaltungen in Deutschland sein kann und ob diese dann eventuell sogar auf Martins neuer Tour „Der will nur spielen“ im heurigen Jahr zum Einsatz kommen könnte.
 

Hunde haben erstaunliche Fähigkeiten beim Erschnüffeln von Gerüchen. In welchen Bereichen kommen sie bisher zum Einsatz?

Dass Hunde bei der Jagd eingesetzt werden, ist ja bekannt. Hier erschnüffeln sie Spuren von Tieren und verfolgen auch mehrere Stunden alte Fährten. Daraus hat sich das Fährtentraining entwickelt, bei welchem der Hund die Spur eines Menschen verfolgen muss. 
Im Bereich der Personenrettung verfolgt er die Spur eines vermissten Menschen –  entweder in der Flächen-/Trümmersuche oder beim Mantrailing. Im Gegensatz zur Fährte, bei welcher der Hund hauptsächlich die Bodenverletzung wahrnimmt, spielen hier die in der Luft befindlichen Geruchspartikel die entscheidende Rolle.
Aufgrund dieses überragenden Geruchssinns werden Hunde beim Zoll beziehungsweise bei der Polizei, auch zum Aufspüren von Sprengstoff, Drogen, Geld oder geschmuggelten exotischen Tieren eingesetzt. Auch im medizinischen Bereich wird ihr Können schon lange genutzt: Sie warnen Diabetiker vor Unterzucker oder Epileptiker vor Anfällen und sie können sogar anzeigen, wenn Menschen an Krebs erkrankt sind. 
Das ist aber noch lange nicht alles: Hunde erschnüffeln auch von Borkenkäfern befallene Bäume, spüren Bettwanzen auf und werden aktiv zur Suche nach Trüffeln eingesetzt. Die Einsatzgebiete sind also im Grunde genommen unendlich. Solange es einen Geruch (oder eine Geruchsveränderung) gibt, lassen sich Hunde darauf trainieren, diesen wahrzunehmen.
Hunde nun auch zu Virus-Spürhunden auszubilden, ist deshalb nur folgerichtig. Anhand von Speichel-, Schweiß- oder Urinproben scheinen Hunde tatsächlich zuverlässig zu erkennen, welcher Mensch mit dem Corona-Virus infiziert ist. 

Warum können Hunde so gut riechen und wie werden sie trainiert?

Der Hund besitzt zwischen 200 und 300 Millionen an Riechzellen – beim Menschen sind es nur rund fünf Millionen. Ein Hund kann zudem beim stoßweisen Schnüffeln bis zu 300 Mal pro Minute atmen. Auf diese Weise werden die Riechzellen ständig mit neuen Informationen versorgt.

Außerdem ist das Hundegehirn auf die Verarbeitung olfaktorischer Reize spezialisiert. Das Riechhirn erkennt, deutet und speichert die Gerüche. Es macht gute 10 Prozent des gesamten Hundegehirns aus. Zum Vergleich:  Im menschlichen Gehirn ist nur etwa ein Prozent für die Verarbeitung von Gerüchen zuständig.

Beim Training wird den Hunden der Geruch präsentiert, den sie sich merken sollen. Gelingt das, werden sie belohnt. Im Falle der Virensuche laufen sie an einer Apparatur mit negativen und positiven Proben entlang. Sobald sie den gesuchten Duft identifizieren, zeigen sie ihn an, zum Beispiel indem sie sich hinsetzen. Jeder Hund mit einigermaßen langer Schnauze und Motivation kann das lernen.

Warum funktioniert das auch beim Sars-CoV-2 Virus?

Wie genau der Vorgang abläuft, ist bisher noch nicht bekannt. Das Virus selbst gibt laut Angabe der Wissenschaftler ja keinen Geruch ab. Vielmehr verändert eine Covid-Infektion den Stoffwechsel eines Menschen, wenn das Virus in eine Zelle eindringt. Bestimmte Moleküle, die offenbar typisch für die Infektion sind, werden freigesetzt. Diese Veränderungen im Geruchsprofil können Hunde wahrnehmen. 

Wie kann man sich den Ablauf einer solchen Kontrolle denn dann vorstellen? Muss der Hund jede Person in der Warteschlange abschnüffeln? Das ist ja sicherlich für Menschen mit Angst vor Hunden nicht so angenehm…

Bei dem Testdurchlauf mussten sich die Zuschauer beim Konzerteinlass mit einem Wattepad über ihre Armbeuge streichen und diese dann in ein neutrales Behältnis werfen. Die Armbeuge ist eine gut geeignete Körperstelle, da sie am wenigsten mit Parfüm und Deo in Berührung kommt. Wichtig bei der Geruchsabnahme: Es soll kein Fremdgeruch an der Probe hängen bleiben.

Die Hunde laufen im Anschluss daran in einem abgeschirmten Bereich an einer Probenreihe vorbei oder schnüffeln an jedem Behältnis. Es gibt also keinen direkten Kontakt der Zuschauer zu den Hunden. 

Gegen den Ansatz, den Hund direkt am Menschen schnüffeln zu lassen, sprechen drei Faktoren: Erstens haben viele Menschen Angst vor Hunden. Zweitens wäre das Training der Hunde deutlich aufwändiger und schwieriger - man müsste dann ja auch mit Corona-infizierten Patienten arbeiten. Und drittens bestünde ein Ansteckungsrisiko für Hunde: Covid-19 ist eine so genannte Zoonose, die auch Hunde und andere Tiere befallen kann.

Sind Hunde denn wirklich zuverlässige Anzeiger von Gerüchen? Können wir in Zukunft also vielleicht ganz auf Corona-Tests aus dem Labor verzichten?

Hunde sind Lebewesen, keine Maschinen. Daher kann es natürlich immer auch zu Fehlanzeigen kommen. Man versucht diese zu reduzieren, indem die Hunde keinen direkten Kontakt zu den Zuschauern haben. Auch Umgebungsreize und Klima können ins Leistungsvermögen der Hunde eingreifen. Zudem können die Halter des Hundes das Ergebnis allein durch ihre Körperhaltung und Erwartungshaltung beeinflussen. Daher müssen eingesetzte Hunde grundsätzlich eigenständig arbeiten und umweltsicher sein. Wie zuverlässig Hunde unter Realbedingungen mit deutlich mehr Ablenkungen arbeiten können, muss sich in noch größer angelegten Experimenten erst erweisen.

Aus diesem Grund werden Hunde Corona-Tests wohl vorerst nicht ersetzen. Hier gelten die gleichen Bedingungen wie beim Einsatz in der Medizin: Hunde können Menschen helfen, Krankheiten zu bewältigen, eine hundertprozentige Zuverlässigkeit beim Einsatz kann jedoch niemand garantieren. Daher müsste auch eine vom Hund als positiv erkannte Probe immer noch durch einen Labortest validiert werden. 

Hunde können aber gerade bei Großveranstaltungen künftig vielleicht Teil eines Konzeptes sein, indem sie Stichproben untersuchen. Denn selbst fünf Hunde können in der kurzen Zeit des Einlasses natürlich keine 10.000 Proben untersuchen. Hierfür wäre dann eine wirklich große Anzahl an Hunden notwendig, die aber ja auch erst einmal ausgebildet werden müsste.

Bietest Du selbst die Ausbildung zum „Corona-Schnüffelhund“ an?

Nein, denn bislang gibt es ja nur erste Studien für den Einsatz solcher Hunde. Den Hund in der Ausbildung auf einen Geruch zu konditionieren, ist vergleichsweise einfach. Das für eine Virus-Spürhund-Ausbildung benötigte Covid-19-Trainingsmaterial steht aber gar nicht im nötigen Umfang zur Verfügung. Der Trainer bräuchte ja sowohl positive Proben von infizierten Patienten mit Symptomen als auch Negativproben. Und er müsste den sicheren Umgang damit gewährleisten. Das ist nicht so einfach. Es wird wohl noch etwas dauern, bis hierzu flächendeckend Ausbildungen angeboten werden.