Rassekunde
Der Tschechoslowakische Wolfhund – kurz TWH – ist aus der Kreuzung Deutscher Schäferhunde mit Wölfen aus den Karpaten entstanden.
1955 startete ein entsprechendes Projekt des Grenzschutzes der Tschechoslowakei. Ergebnis der Bemühungen sollte ein Diensthund sein, der mit der extremen Witterung in den Grenzgebieten wie großer Kälte und viel Schnee bestens zurechtkommt und außerdem die Intelligenz des Wolfes sowie die Gelehrigkeit des Schäferhundes besitzt.
Der Biologe Karel Hartl, für den nicht die Zucht einer neuen Rasse, sondern zunächst das wissenschaftliche Interesse im Vordergrund stand, übernahm die Durchführung des Projekts. Erst 1958 fiel der erste Wurf, da die Wölfin Brita zunächst alle ausgesuchten Deckrüden verletzt hatte und erst in diesem Jahr eher zufällig ein Deckakt mit einem als extrem aggressiv und dominant geltenden Deutschen Schäferhundrüden glückte. Insgesamt entstanden vier Zuchtlinien. Einige Nachkommen der ersten Generation wurden mit Deutschen Schäferhunden unterschiedlicher Zuchtlinien verpaart, weitere Verpaarungen erfolgten aber auch mit Wolf-Hund-Mischlingen aus den ersten vier Generationen. Schon bei der ersten Generation zeigte sich eine Form von „Erziehbarkeit“, aber auch typisch wölfische Eigenschaften wie „Scheu, Fluchttendenz und aggressives Verhalten bei der Unterschreitung der Fluchtdistanz“ kamen zum Vorschein. Einige dieser Nachkommen waren ab der fünften Generation bereit für den Einsatz als Diensthund bei der Armee. Voraussetzung war eine enge Bindung an den Menschen, die man durch eine frühe Sozialisierung erreichte. Die meisten Hunde waren aber auch nach mehreren Generationen aufgrund ihrer Scheu Fremden gegenüber nicht diensttauglich. Die Armee stellte das Projekt vermutlich wegen des großen Aufwands und der niedrigen Ergebnisquote ein. Viele der Tiere wurden daher getötet und 1971 kamen die Zuchtbemühungen somit fast zu einem jähen Ende. Erst 1982 nahm der neu gegründete Klub für Tschechoslowakische Wolfshunde die Zuchtbemühungen wieder auf. 1983 gab es eine letzte Wolfseinkreuzung. 1989 wurde die Rasse vorläufig, 1999 endgültig durch die FCI anerkannt. TWH sind mittlerweile rund zehn Generationen vom Wolf entfernt.
Hündinnen sollen mindestens 60 cm groß und mindestens 20 kg schwer, Rüden mindestens 65 cm groß und mindestens 26 kg schwer sein. Äußerlich ähnelt der TWH einem hochbeinigen, schlanken, stockhaarigen Schäferhund in der Färbung eines Wolfs. Die Stehohren sind mittelgroß und somit etwas kleiner als beim Deutschen Schäferhund. Hündinnen werden meist nur einmal im Jahr läufig.
Wolfshunde sind sehr ursprünglich veranlagt. Der FCI-Standard betont eine gewisse Reserviertheit allem Neuen und Unbekannten gegenüber als gewünscht. Daher ist es aber besonders wichtig, den TWH früh und behutsam an alle in seinem Leben wichtigen Alltagsreize zu gewöhnen und vor allem mit Menschen vertraut zu machen, um Schreckhaftigkeit und Scheu zu vermeiden.
Ausgeprägte Selbstständigkeit und Intelligenz gehören zu den rassetypischen Eigenschaften des TWH. In Bezug auf die Erziehung heißt das, dass die Hunde Signale zwar schnell lernen, aber gern selbst entscheiden, ob sie es sinnvoll finden, diese auszuführen. Unter anderem aufgrund der „Diensthund-Geschichte“ sind TWH häufig extrem wachsam und territorial motiviert. Beim Welpen sollte man daher von Beginn an Wert auf Regeln legen, die die Eigenständigkeit und Territorialität der Hunde nicht noch fördern. Das heißt, die Menschen des TWH müssen konsequent sein, aber dürfen niemals Druck ausüben. Für den erwachsenen Hund ist es sinnvoll, seine territoriale Motivation kontrolliert ausleben zu dürfen – beispielsweise indem er auf einen gut gesicherten hinteren Bereich des Gartens „aufpassen“ darf, während seine Menschen aber konsequent alle territorialen Aufgaben an der Haustür und außerhalb des gesicherten Bereichs übernehmen. Die intensive jagdliche Motivation des TWH kann man gut nutzen, um ihm über auch in seinen Augen sinnvolle Aufgaben (Fährtentraining, Mantrailing und andere Formen der Nasenarbeit, ggf. Apportieren) geistige und körperliche Auslastung zu bieten. Viele TWH werden erst spät (mit acht bis zwölf Monaten) stubenrein. Häufig können die Hunde nur schlecht oder sogar gar nicht allein bleiben. Sie binden sich oft eng an ihre Hauptbezugsperson und haben Stress, wenn diese nicht greifbar ist. Das kann sich u.a. durch die Beschädigung von Haus und Mobiliar zeigen.
Aufgrund der geschilderten Eigenschaften wird deutlich, dass der TWH als Familienhund nicht gut geeignet ist und angehende Halter sich vor der Anschaffung umfassend über die Rasse informieren sollten. Die Suche nach einem verantwortungsvollen Züchter, der die Welpen von Anfang an richtig sozialisiert und auf alle nötigen gesundheitlichen Voraussetzungen bei den Eltern achtet, ist sehr wichtig. Zudem sollten „Erst-Wolfshund-Besitzer“ bestenfalls von Beginn an professionelle Hilfe durch einen gut geschulten Hundetrainer in Anspruch nehmen.
Artikel meiner Kollegin Heike Kleinhans (<link bielefeld-guetersloh/ _blank>DOGS Hundeschule Bielefeld/Gütersloh</link>)