Verstärker verstehen
“Was hat mein Hund davon?” – eine zentrale Frage für erfolgreiches Training und nicht pauschal zu beantworten.
Von Michaela Böhm-Gillenkirch veröffentlicht am 15. AUGUST 2024
Erwünschtes Verhalten belohnen, so dass es in der Folge vom Hund öfter gezeigt wird ("positive Verstärkung"), ist eine wirksame Trainingsmethode. Hört sich einfach an, ist es in der konkreten Umsetzung aber manchmal nicht. Unter anderem, weil es sehr unterschiedlich sein kann, was genau der Hund in der jeweiligen Situation als Belohnung empfindet. Je nach Hund, je nach Rahmenbedingungen, je nach umgebenden Faktoren, je nach Gesundheitszustand – und die Tagesform von Hund und Hundehalter:in darf in dieser (unvollständigen) Aufzählung auch nicht fehlen.
Zudem findet Lernen mittels positiver Verstärkung nicht nur dann statt, wenn wir dieses Prinzip bewusst mit dem Griff in die Leckerchen-Tasche im Training einsetzen. Viele unerwünschten Verhaltensweisen, mit denen unsere Hunde uns "ärgern", verdanken ihre Entwicklung einer Verstärkung, die uns gar nicht bewusst ist. Wenn Fiffi beispielsweise bellend um Frauchen herumhüpft, weil diese ENDLICH mal den Ball werfen soll – und dann auch tatsächlich der Ball geworfen wird, dann wurde das Bellen mittels Verstärkung gelernt. Im täglichen Miteinander gibt es unzählige Situationen, die nach diesem Muster ablaufen, oder ablaufen können – mit den genannten Folgen.
Und um es noch etwas komplizierter zu machen, können wir unserem Hund auch anders "ausversehen" Unsinn beibringen: wenn nach dem Verhalten des Hundes eine unangenehme Konsequenz aufhört ("negative Verstärkung"). Darf Fiffi nämlich nicht nur Frauchen beim Ballspielen anbellen, sondern auch den Postboten, wenn dieser am Gartenzaun auftaucht, dann wird dieses Bellen durch das Verhalten des Postboten verstärkt – denn tatsächlich geht der ja in der Regel schnell ein Haus weiter. Fiffi verbucht das dann als seinen ureigensten Erfolg und speichert das Verhalten "Ich reg mich auf, ich dreh ein bisschen durch, ich belle wie verrückt…" für die nächste Begegnung mit dem Postboten als zielführend ab.
In unseren fortlaufenden Alltagsgruppen und den Junghundegruppen gehen wir der Frage Was hat mein Hund davon?regelmäßig nach, um erwünschtes Verhalten aufzubauen und unerwünschtes Verhalten abzubauen. Da Hundetraining immer individuell sein muss, um nachhaltig zu sein, ist das Wissen um die Vorlieben der Hunde von grundlegender Bedeutung.
Wie sieht es denn bei deinem Vierbeiner aus? Stehen Futterbelohnungen ganz oben auf seiner Liste der Begehrlichkeiten? Oder doch lieber der geworfene Dummy? Der Quietscheball? Das Kuscheltier? Oder liebt er nichts mehr als Streicheleinheiten?
Probiere doch gerne einmal aus, wofür sich dein Liebling entscheidet, wenn er die freie Auswahl hat. Lege dazu alles, was dir als Belohnung einfällt (Dummy, verschiedene Leckerli, Spielzeuge, die unterschiedlich oft zum Einsatz kommen und daher unterschiedliche Wertigkeit haben können) in eine Reihe – und dann Leinen los! Und falls sich daraus eine Tendenz ergibt, überprüfe dies an anderen Orten mit anderen Ablenkungen.
Viel Spaß beim Ausprobieren – und beim richtigen Belohnen!