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Die richtige Form der Belohnung

Parissa Buchs Photography

Machst du dir für das Training mit deinem Hund Gedanken darüber, ob du die richtige Form der Belohnung wählst oder belohnst du einfach «nach Prinzip»?

Die einen sind der Ansicht, der Hund gehorche «aus reiner Liebe» zum Menschen, wogegen andere die Meinung vertreten, dass einzig über Spiel belohnt werden kann und nochmals andere bevorzugen das Lob über Leckerlis.

Primäre und sekundäre Verstärker

Ungeachtet dieser Diskussion gilt ganz allgemein, dass Belohnungen primär oder sekundär verstärkend wirken können. Primäre Verstärker wirken bereits belohnend, ohne, dass dies vom Lebewesen selbst erlernt werden muss. Es handelt sich hierbei u.a. um Grundbedürfnisse und / oder Verhaltensweisen, die selbstbelohnenden Charakter haben. Als klassische Beispiele für primäre Verstärker können u.a. Futter, Leckerlis, Jagdverhalten, Sozialkontakt und Spiel genannt werden. Es muss einem Hund folglich nicht beigebracht werden, dass Fressen ein wohltuendes Gefühl auslöst und ein Hund muss ebenso wenig für Jagdverhalten ein Leckerli erhalten, damit er am nächsten Tag wieder jagen gehen will. All diese Verhaltensweisen stillen entweder die Grundbedürfnisse und / oder schütten u.a. Glückshormone aus – Sie wirken also «für sich selbst» belohnend. 

Demgegenüber muss ein Lebewesen bei einem sekundären Verstärker zuerst lernen, dass dieser eine belohnende Wirkung hat. Als klassisches Beispiel kann man sich hier Lobworte oder den Clicker vorstellen. Diese wirken für sich allein zu Beginn nicht verstärkend oder mit anderen Worten ausgedrückt: Ein Hund muss zuerst lernen, dass «prima» bedeutet, dass er es «gut gemacht» hat. Sekundäre Verstärker bringt man einem Hund bei, indem man sie wiederholt mit primären Verstärkern kombiniert. So kann ich bspw. jedes Mal, wenn mein Hund frisst oder ich ihm ein Leckerli gebe «prima» sagen. Nach vielen Wiederholungen wird das Wort «prima» später beim Hund die Erwartungshaltung auf ein Leckerli auslösen und dadurch somit als Lobwort sekundär verstärkend wirken.

Lernverhalten findet dauerhaft statt

Allerdings findet Lernverhalten ja dauerhaft statt und nicht nur, wenn ich mit meinem Hund trainiere. So gibt es auch «generalisierte Verstärkungen», die ganz individuell ausfallen. Beispielsweise freuen sich einige Hunde bereits über das Öffnen der Kühlschranktüre und kommen angerannt, weil sie ab und zu ein Stückchen Käse bekommen. So stellt das Öffnen der Kühlschranktüre (sekundärer Verstärker) die Ankündigung eines primären Verstärkers (ein Stückchen Käse) dar. Ein anderes Beispiel wäre das Öffnen des Klettverschlusses (sekundärer Verstärker) eines Futterbeutels, der das Bekommen eines Leckerlis (primärer Verstärker) ankündigt. 

Hält man sich dies nun vor Augen, so lohnt es sich, von allgemeinen Aussagen wie «ich belohne nur mit XYZ» oder nach «Schema-F», Abstand zu nehmen. Letztlich ist die richtige Form der Belohnung sehr individuell und kann von Situation zu Situation variieren. 

Belohnung über Futter

Parissa Buchs Photography

Ein Beispiel aus der Praxis

Die richtige Form der Belohnung

Die Hündin «Luna» hat das Signal «Sitz» bereits gut gelernt und kann das Signal in unterschiedlichen Situationen und an unterschiedlichen Orten bereits gut ausführen. Gleichzeitig kennt «Luna» das Lobwort «prima». So muss «Luna» bspw. immer sitzen, wenn sie aus dem Auto aussteigt. Da «Luna» dies bereits zuverlässig ausführt und sich quasi nicht mehr im Lernaufbau befindet, belohnt Frauchen dies nicht mehr jedes Mal mit einem Leckerli, sondern mit ihrem sekundären Verstärker «prima». Als «Luna» heute Morgen allerdings aus dem Auto ausgestiegen ist, stand auf der anderen Strassenseite am Feldrand ein Reh. Wie üblich wollte Frauchen nun, dass «Luna» sich hinsetzt. Doch heute Morgen fiel es ihr besonders schwer und Luna setzte sich erst nach mehrmaligem auffordern und mit viel Überzeugungskraft von Frauchen hin. 

Ganz offensichtlich lag dies am Reh, das am Feldrand stand und welches «Luna» gerne jagen wollte, aber nicht durfte / konnte. «Luna» musste nun den Trick «Sitz» (ja! Dabei handelt es sich lediglich um einen gut erlernten Trick) ausführen anstelle von jagen zu gehen. Dies erfordert nicht nur eine gute Portion an Impulskontrolle und Frustrationstoleranz, sondern zeigt auch, dass «Luna» den Trick «Sitz» noch nicht in allen (schwierigen) Situationen perfekt ausführen kann, aber es dennoch mit Hilfe von Frauchen geschafft hat. 

Es wäre in dieser Situation somit mehr als nur fair gewesen, «Luna» mit einem hochwertigen primären Verstärker für das erfolgreiche Ausführen des Tricks «Sitz» zu belohnen (z.B. mit einem Stück Futter). 

Muss es immer Futter als Belohnung sein? 

Nun könnte man sich aber auch überlegen, ob für das «Nicht-Jagen-Gehen» nicht auch eine andere jagdliche Belohnung, wie bspw. das Apportieren sinnvoller gewesen wäre, als ein Stückchen Futter? Es gibt Hunde, denen fällt es tatsächlich leichter, sich auf eine dynamische Alternative in einer spannungsvollen Situation einzulassen, als auf etwas «statisches». So könnte es sein, dass sich «Luna» schneller auf einen Apport hätte einlassen können, als sich hinzusetzen. Möglicherweise wäre das dynamische Spiel oder der Apport sogar gleichwertig belohnend gewesen, wie ein hochwertiges Futter. Dennoch muss man sich in dieser Situation auch überlegen, ob man damit tatsächlich noch das «Sitzen-Bleiben» belohnt oder doch eher das «Aufstehen».

Das wiederum heisst im Umkehrschluss nicht, dass die spielerische Belohnung für einen Rückruf aus der Hetze oder aus einem Spiel in einer anderen Situation für «Luna» möglicherweise passender gewesen wäre, als ein Stückchen Futter. Es muss somit nicht immer zwingend das Futter sein!

Fazit - Eine Belohnungshierarchie lohnt sich!

Es lohnt sich also, sich Gedanken über eine «Belohnungshierarchie» zu machen und herauszufinden, welche Belohnung in welcher Situation für den eigenen Hund in welcher Form belohnend wirkt. Letztlich kann der Mensch dadurch akkurater belohnen und Lernverhalten positiv verstärkend fördern!

Belohnung über ein Zieh- und Zerrspiel

Parissa Buchs Photography