Flooding - Die Schwierigkeiten und Gefahren dieser Trainingsmethode
Was ist "Flooding"?
Das sogenannte "Flooding" gehört lernverhaltenstechnisch zu den "latenten Lernformen". Das latente bzw. "versteckte" lernen findet ohne Motivation oder externe Verstärker statt und äussert sich nicht direkt in neuen Verhaltensweisen, sondern bleibt vielmehr unbemerkt, bis es dann seine Wirksamkeit "zeigt".
Ein Beispiel: Geht man mit einem Hund in einem bestimmten Wald regelmässig spazieren, ohne, dass man ihm eine Aufgabe stellt, wird er sich dennoch die Umgebung merken. In einer späteren Sucheinheit wird er sich in der Folge in diesem Wald auch schneller zurecht finden, als ein Hund, der noch nie in diesem Wald war.
Beim Flooding (auch Reizüberflutung genannt) wird ein Organismus mit einer Überflut an Reizen konfrontiert. Die Reize werden von Anfang des Trainings im maximaler Intensität dargeboten. Die Reize bleiben dann wiederum so lange in maximaler Intensität aufrechterhalten, bis die Reaktion, welche von den Reizen hervorgerufen wurde, ausbleibt.
Als Beispiel: Ein Hund, der Angst vor Berührungen hat, wird so lange berührt und festgehalten, bis der Hund keine Angst mehr zeigt. Oder: Ein Hund der Angst vor Strassenlärm hat, wird so lange an der Strasse "festgehalten", bis er keine Angst mehr zeigt.
Was ist die Idee dieser Therapieform?
Man kennt diese "Therapieform" insbesondere aus der Humanpsychologie. Idee bzw. der Therapieerfolg dabei ist, dass man so lange in der Situation bleibt, bis sich der Hund an die Reize gewöhnt hat.
Aus unserer Sicht darf diese Trainingsform bei Hunden nur in begründeten Ausnahmefällen und nur unter fachlicher Leitung angewendet werden. Im Gegensatz zum Menschen, kann man dem Hund vor dem Therapiestart / Trainingsstart den Hintergrund, die Wirkung und das Ziel der Therapieform nicht erklären. Der Hund kann somit auch nicht verstehen, weshalb man ihn in eine derartige Situation bringt.
Die Schwierigkeiten und Gefahren von Flooding
Dies wiederum ist auch der Grund, weshalb diese Trainingsform zu einem Vertrauensbruch zwischen Mensch und Hund führen kann, da es für den Hund nicht nachvollziehbar ist, weshalb ihn seine "Vertrauensperson" in diese Situation bringt und ihn darin quasi auch "alleine lässt". Ebenso hat der Hund - im Gegensatz zum Menschen - nicht die Möglichkeit mitzuteilen, wenn er nicht mehr in der Lage ist, die Situation auszuhalten und somit gar kein Lernprozess mehr eintreten kann.
Damit überhaupt ein Trainingserfolg eintritt ist zudem wichtig, dass man auf keinen Fall vorher aus der Situation raus geht, d.h. bevor eine Gewöhnung des Hundes an den Reiz eingetreten ist. Andernfalls verschlimmert / verstärkt man unter Umständen die ursprüngliche (unerwünschte) Reaktion auf den auslösenden Reiz.
Eine weitere Problematik besteht darin, dass man Gewöhnung (was der erwünschte Trainingserfolg wäre) von Übermüdung abgrenzen muss. Ein Hund, der wegen der Reizüberflutung und dem ganzen Stress in einen Erschöpfungszustand fällt und so ggf. sogar "einschläft" ist nicht zwingend an den auslösenden Reiz gewöhnt. Vielmehr ist er derart erschöpft, dass er sich der Situation aus Erschöpfung “ergibt”.
Die Ermüdung verhindert nämlich, dass Lernverhalten nachhaltig überhaupt eintreten kann. Viele erkennen hingegen gerade diesen entscheidenden Unterschied nicht, was eine grosse Gefahr des Einsatzes von Flooding als Trainingsmethode darstellt.
Man stelle sich folgende Situation vor:
Luna hat Angst vor Feuerwerken. Damit sie keine Angst mehr als Folge der auslösenden Reize (Knallgeräusche) zeigt, hält man Luna direkt neben Feuerwerken so lange “fest”, bis sie sich daran gewöhnen soll. Luna hat jedoch so unglaublich viel Stress und Angst in dieser Situation - sie versteht auch nicht, weshalb sie sich ganz alleine hierin befinden muss und nicht entfliehen kann - , sodass sie nach einiger Zeit vor lauter Erschöpfung einschläft. Nun denken die Menschen, dass Luna “entspannt ist” und befreien sie aus dieser misslichen Lage. Luna war jedoch alles andere als entspannt. Beim nächsten Silvesterabend ist somit Lunas Feuerwerkangst noch viel ausgeprägter vorhanden und der erwünschte Trainingserfolg ist gar nie eingetreten.
Unser Fazit
Flooding kann in bestimmten Einzelfällen als Therapieform erfolgreich angewendet werden. Allerdings darf dies nur unter fachlich fundierter Leitung erfolgen und nur von Personen mit Erfahrung.
In unserem Geräuschedesensibilisierungs-Kurs / Anti-Knall-Training zeigen wir dir, wie du deinen Hund im Hinblick auf Geräuscheempfindlichkeiten und -unsicherheiten, sowie bei einer Angst vor Feuerwerken und vor Silvester unterstützen und die Angst desensibilisieren kannst.