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Mastino Napoletano

Steckbrief

FCI Standardnummer: 197
Gewicht Hündin: 50 bis 60 kg
Gewicht Rüde: 60 bis 70 kg
Widerristhöhe Hündin: 60 bis 68 cm
Widerristhöhe Rüde: 65 bis 75 cm
FCI Gruppe: Pinscher und Schnauzer, Molossoide – Schweizer Sennenhunde
Herkunftsland: Italien
Fellfarbe: Grau, bleigrau und schwarz, aber auch braun, falbfarben und intensiv falbfarben (hirschrot). Erlaubt ist ein kleiner weißer Fleck an Brust und / oder Zehenspitzen. Alle Farben dürfen gestromt sein.
Fellbeschaffenheit: Kurz und hart, dicht, überall gleichlang. Gleichmäßige Länge bis maximal 1,5 cm.

Majestätisch, aber problematisch

Der Mastino Napoletano ist eine der eindrucksvollsten Hunderassen Europas – groß, kraftvoll und tief verwurzelt in der Geschichte Süditaliens. Doch so imposant sein Äußeres auch erscheint: Die moderne Zucht bringt gesundheitliche Probleme mit sich, die aus tierschutzrechtlicher Sicht kritisch zu bewerten sind.

Erscheinungsbild: Masse mit Folgen

Der Mastino bringt bis zu 75 cm Schulterhöhe und 70 kg Gewicht auf die Waage. Sein Körper ist lang, muskulös und massiv – mit einem schweren Gang, der an eine Raubkatze oder einen Bären erinnert. Typisch ist der große Molosserkopf mit hängenden Lefzen, markanten Falten und kleinen, flach anliegenden Ohren.

Sein kurzes, dichtes Fell gibt es in Grau, Schwarz, Braun oder Gestromt – gelegentlich mit weißen Abzeichen. Besonders auffällig: die stark ausgeprägte, lose Haut, vor allem am Kopf und Hals. Was als "rassetypisch" gilt, führt leider oft zu gesundheitlichen Problemen – von Sehstörungen über Hautentzündungen bis hin zu starker Pflegebedürftigkeit.

Herkunft: Ein Erbe der römischen Molosser

Die Wurzeln des Mastino reichen bis ins antike Rom zurück. Als Nachfahre der römischen Molosser wurde er in Süditalien über Jahrhunderte als Wach- und Schutzhund eingesetzt. Erst nach dem Zweiten Weltkrieg begann man mit der gezielten Reinzucht, maßgeblich vorangetrieben durch den Kynologen Piero Scanziani. Seit 1949 ist der Mastino offiziell als Rasse anerkannt – genetisch eng verwandt mit dem Cane Corso.

Charakter: Sanfter Riese mit eigenem Kopf

Hinter der rauen Schale steckt ein sensibles Wesen: Der Mastino ist ruhig, gelassen und eng an seine Bezugsperson gebunden. Er ist territorial, aber kein Kläffer, wachsam, aber nicht aggressiv. Im Familienkreis zeigt er sich verschmust, loyal und kinderfreundlich – solange er gut sozialisiert wurde.

Er bringt eine hohe Reizschwelle mit und beobachtet lieber, bevor er handelt. Allerdings: Seine selbstständige Art erfordert einen erfahrenen, souveränen Umgang.

Erziehung: Konsequenz gefragt

Beim Mastino ist eine gute Sozialisierung und liebevolle Erziehung gefragt – mit klaren Regeln, positiver Bestärkung und viel Geduld. Lange Trainingseinheiten überfordern ihn; kurze, ruhige Wiederholungen bringen deutlich mehr.

Frühe Hundeschulbesuche und kontrollierter Kontakt zu Artgenossen sind wichtig, ebenso wie Leinenführigkeit. Ein erwachsener Mastino lässt sich nicht mit Kraft halten. Ein sicher eingezäuntes Grundstück ist ideal, um ihn in bestimmten Bereichen kontrolliert seine territoriale Motivation ausleben zu lassen.

Gesundheit: Das Problem der Extremzucht

So beeindruckend sein Erscheinungsbild auch sein mag – gesundheitlich ist der Mastino Napoletano eine Hochrisikorasse. Viele seiner Merkmale sind das Ergebnis züchterischer Übertreibung.

Hautfalten und Entzündungen

Die übermäßige Hautfaltenbildung – besonders im Gesicht – führt häufig zu Juckreiz, Infektionen und Sehstörungen. Die Reinigung ist aufwendig und muss regelmäßig erfolgen. Doch selbst intensive Pflege kann strukturelle Probleme wie Ektropium (hängende Augenlider) oder permanente Hautreizungen nicht vollständig kompensieren.

Gelenke, Augen und Verdauung

Erbliche Krankheiten wie Hüft- und Ellenbogendysplasien, das „Kirschenauge“ oder andere Augenprobleme sind keine Seltenheit. Die enorme Körpermasse belastet Knochen und Gelenke zusätzlich. Auch Magendrehungen gehören zu den rassetypischen Risiken – sie verlaufen oft akut lebensbedrohlich.

Zuchtkritik: Schönheit vor Gesundheit?

Der offizielle Rassestandard fordert viele Merkmale, die aus medizinischer Sicht problematisch sind. Besonders die Betonung auf Masse, lose Haut und Falten führt zu anhaltendem Tierleid – trotz einzelner seriöser Zuchtversuche in Richtung Gesundheit. Daher wird der Mastino Napoletano immer wieder in Zusammenhang mit Qualzucht diskutiert.

Fazit: Verantwortung statt Romantik

Der Mastino Napoletano ist eine faszinierende, geschichtsträchtige Hunderasse mit viel Charakter. Doch seine Haltung erfordert mehr als nur Begeisterung – nämlich Wissen, Erfahrung und ein hohes Verantwortungsbewusstsein.

Wer sich für diesen Hund entscheidet, sollte die gesundheitlichen Probleme ernst nehmen und sich intensiv mit dem Thema artgerechte Zucht auseinandersetzen. Eine wirklich zukunftsfähige Perspektive für den Mastino gibt es nur, wenn Gesundheit vor Ästhetik steht.