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Streunerhündin „Kora“ (Teil 1)

05.08.2024

Meine erste Mitbewohnerin „Bieni“ hatte ich 2010 von einer mallorquinischen Hundehilfe übernommen. Bieni war ein toller Hund, konnte überall mit hin, war Mäusefänger, lautstarker Wachhund, Pausenclown, Schmusebacke und lernbegierig. Auf Anhieb ein Glücksfall. Bieni wurde 14 Jahre alt. 

Dass es auch anders laufen kann, habe ich im letzten Oktober erfahren müssen. 

Drei Monate nach Bieni’s Tod fühlte es sich allein und ohne Hund einfach falsch an. Ich machte mich erneut auf die Suche und fand über eine Tierschutzorganisation eine Anzeige zu einer ca. 1 ½ bis 2 Jahre alten Hündin, die in Ungarn in einem Tierheim saß. Kora, Schnauzer-Mix, auf einem Auge blind, bisheriges Leben unbekannt. Über das blinde Auge wurde in der Beschreibung spekuliert: wahrscheinlich eine Misshandlung. 

Kora kam im Oktober 2023 nach 30 Stunden Fahrt bei mir an. Sie ist entspannt und freudig aus dem Transporter ausgestiegen. Ich bin mit ihr kurz ins Haus und danach zu einer kleinen Runde aufgebrochen. Das lief erstaunlich gut. Die Nacht habe ich in ihrer Nähe auf dem Sofa verbracht. Kora hat in ihrer Stoff-Hundehütte gelegen und geschlafen. Am nächsten Tag sind wir spazieren gegangen und sie durfte an der Schleppleine den Garten erkunden, hat prompt ein kleines Loch im Zaun entdeckt, kam aber auf freundliche Ansprache sofort zurück. Kora war vom ersten Tag an stubenrein, hat sehr schnell Treppensteigen gelernt und nach einiger Zeit sprang sie auch ins Auto. Im Büro hatte sie eine Stoffbox und da hat sie die ganze Zeit drin gelegen. Spielzeug interessierte sie nicht. An der Schleppleine auf dem Feld war sie recht schnell rückrufbar, nur die Leinenführigkeit im Ort war eine große Baustelle. Schmusen ging, wenn ich in die Stoffhütte „gekrochen“ bin. Fell schneiden ging auch. Sie hat nicht gekläfft, wenn es geklingelt hat und für Besucher, die sie schon mal gesehen hatte, ist sie nicht mal mehr aufgestanden. Sie hatte keine Angst vor Menschen. Klingt alles super, sollte man meinen. Trotzdem fehlte irgendetwas ….

6 Wochen nachdem Kora bei mir angekommen war, habe ich dem Tierschutzverein eine Mail mit Fragen geschickt, da ich den Verdacht hatte, dass Kora als Straßenhund gelebt haben könnte. Keine Antwort. Inzwischen hatte ich auch die Vermittlungsseite im Auge behalten und festgestellt, dass die Anzahl der zu vermittelnden Hunde gestiegen war und gleichbleibend hoch blieb. Texte zu den Tieren waren nur kopiert und nur hinsichtlich der Rasse oder Optik angepasst. Das war bestimmt schon immer so, aber ich hatte es vorher übersehen oder wollte es nicht sehen wegen Kora.
Ich schrieb eine zweite, nicht mehr ganz so freundliche Mail an den Verein und erhielt einen recht unhöflichen Anruf von einer Mitarbeiterin: ob ich Kora wieder abgeben wollte und sie die Kleine auf ihrer Seite wieder einstellen sollen? Das wollte ich ganz sicher nicht. Dann hat sich die Dame in Rage geredet und ihr rutschte raus, dass Kora in einem kleinen ungarischen Dorf auf der Straße eingesammelt wurde. Aha, sowas hatte ich mir ja schon gedacht. Das war das letzte Gespräch mit dem Verein, mein Bedarf war gedeckt. 

Dann endlich Anfang Dezember der erste Termin bei Frau Hörchner, Baustelle Leinenführigkeit. Einige Wochen später der zweite Termin. Ich sah keine Besserung. Auch vier Monate später hatte sich gefühlt nichts zwischen uns bewegt. Ich war am Anschlag, und Kora wurde immer trauriger. Wir fanden einfach nicht zueinander… 

Frau Hörchner bot an, bei der Suche nach einem neuen Zuhause zu helfen. Nach einiger Zeit kam eine Familie mit 3 Kindern zu Besuch. Kora kam zur Begrüßung aus der Hütte gelaufen und hat sich über alle 5 Familienmitglieder riesig gefreut. Volltreffer! Wir sind lange zusammen spazieren gegangen, Kora ist mit der ältesten Tochter gelaufen. Dann ein Besuch vor Ort, um die anderen Familien auf dem bewohnten Drei-Seiten-Hof und andere Hunde kennenzulernen. Alles lief perfekt. Kurze Zeit später besuchten wir die Familie noch einmal für einen Probespaziergang vor Ort und besprachen Wohnungseinrichtung, Verhalten von Kora und vieles mehr.

Ende April 2024 zog Kora in ihre neue Großfamilie. Der Abschied tat weh. Aber Kora ist nun glücklich. So wurde ihr Umzug nach Deutschland doch noch zu einer Erfolgsgeschichte, zumindest für sie.

Ich suche weiter einen Hund für mich, mit dem ich zusammen in Rente gehe. Zukünftig werde ich Anzeigen eines Vereins genauer vergleichen. Nicht jeder Hund passt zu jedem Menschen, nicht jeder Hund ist für einen Ein-Personen-Haushalt geeignet. 

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